Eigenschaften
Furazolidon ist ein bakterizides (McEvoy 1992a) Breitspektrumantibiotikum mit zusätzlichen antiprotozoischen Eigenschaften (St Omer 1978a).Wirkungsmechanismus
Furazolidon (FZ) interferiert mit bakteriellen Enzymsystemen (Plumb 1999a) und verhindert möglicherweise die Acetylierung von Coenzym A (McEvoy 1992a). Der Wirkstoff wirkt auch als Monoaminoxidase-Hemmer (McEvoy 1992a; Plumb 2002a). In-vivo ist in gewissen Zellen die DNA das Hauptziel des FZ; es werden Brüche und Mutationen verursacht. Der Wirkstoff bindet an die DNA und verunmöglicht dadurch sowohl die Replikations- wie auch die Transkritpionsprozesse (Papich 2001a). Der antikokzidielle Wirkmechanismus ist nicht bekannt (Lindsay 1995a).Wirkungsspektrum
Das Wirkspektrum von Furazolidon (FZ) umfasst Giardien, Trichomonaden, Kokzidien, Vibrio cholerae sowie viele Stämme von E. coli, Enterobacter, Campylobacter, Salmonella und Shigella. Nicht alle Stämme sind gleich empfindlich (Plumb 2002a). In-vitro besteht zudem eine Wirkung gegenüber Leishmania donovani, L. major und L. enrietti (Neal 1988a).MIC
Der Hauptnachteil bei Behandlung von systemischen Infektionen besteht darin, dass die MIC im Bereich systemisch toxischer Konzentrationen liegt (Spoo 1995a).Durchschnittliche MIC-Werte (Yurchenco 1953a):
Keim | Anzahl Stämme | MIC nach 24 h [µg/ml] | MIC nach 96 h [µg/ml] |
Aerobacter aerogenes | 5 | 5 | 10,2 |
Bacillus anthracis | 4 | 0,9 | 1,7 |
Brucella abortus | 3 | 5,9 | 11,8 |
Clostridium botulinum | 1 | 0,2 | 1 |
Cl. novyi | 1 | 0,1 | 0,1 |
Cl. perfringens | 1 | 0,2 | 2 |
Cl. tetani | 1 | 0,1 | 0,1 |
Corynebacterium diphtheriae | 5 | 21,2 | 50,8 |
Diplococcus pneumoniae | 4 | 16,4 | > 100 |
Escherichia coli | 3 | 0,7 | 1,4 |
Hemophilus pertussis | 1 | 96 | > 96 |
Klebsiella pneumoniae | 3 | 0,9 | 2,7 |
Listeria monocytogenes | 1 | > 4,8 | 10,6 |
Micrococcus pyogenes var. aureus | 7 | 3,5 | 6,1 |
Mycobacterium tuberculosis | 1 | 19,5 | > 19,5 |
Pasteurella avicida | 5 | 4,9 | 12,2 |
Proteus vulgaris | 5 | 24,3 | 64,9 |
Pseudomonas aeruginosa | 6 | > 99 | > 99 |
Salmonella typhimurium | 4 | 1,2 | 3,7 |
S. typhosa | 6 | 1,2 | 3 |
S. gallinarum | 8 | 1,4 | 2 |
S. pullorum | 4 | 0,3 | 0,7 |
Shigella paradysenteriae | 11 | 0,8 | 1,3 |
Streptococcus faecalis | 2 | 12,1 | 60,6 |
Strep. pyogenes | 4 | 13,1 | 20 |
Vibrio comma | 1 | 0,3 | 0,3 |
Die MIC von Treponema hyodysenteriae beträgt 0,025 µg/ml (Ali 1989a).
Resistenzen
Bakterielle Resistenz gegenüber Furazolidon (FZ) ist üblicherweise limitiert und entwickelt sich langsam (McEvoy 1992a) und schrittweise, ähnlich wie für Chloramphenicol. FZ-resistente Organismen können Kreuzresistenzen gegenüber anderen Nitrofuranen aufweisen, aber nicht gegenüber Penicillin G, Streptomycin, Chloramphenicol, Chlortetracyclin oder Oxytetracyclin (Yurchenco 1953a). Für weitere Informationen siehe auch unter Nitrofurane.Wirksamkeit
Eine Einzeldosis von p.o. 320 mg/kg FZ eliminierte Trypanosoma evansi aus dem Blut von experimentell infizierten Mäusen für 4 Wochen. Mit dieser Dosis wurden keine toxischen Symptome beobachtet. Bei Dromedaren hingegen konnte der Parasit nach der Verabreichung von p.o. 10 mg/kg FZ für 5 Tage nicht aus der Blutzirkulation eliminiert werden (Ali 1986a). Bei Kamelen ist die erforderliche therapeutische Dosis zur Bekämpfung von Trypanosoma evansi toxisch. Deshalb können Kamele gegen Trypanosomen nicht mit FZ behandelt werden (Ali 1989a).Substanzen wie para-Aminobenzoesäure, Cystein, Niacin, Folsäure und Penicillinase bewirken keine Beeinträchtigung der antibiotischen Wirkung von Furazolidon (Yurchenco 1953a), z.B. gegenüber S. typhosa oder M. pyogenes var. aureus (Rogers 1956a).
Die antibakterielle Wirkung wird durch die Anwesenheit von Blut, Eiter und Milch reduziert (Allen 1993a).
Gastrointestinaltrakt
Die Verfütterung von FZ an Schweine führt zu keiner Veränderung der Rektumflora (Pesti 1964a). FZ kann eine Isosporose bei Ferkeln nicht verhindern (Rommel 1992d).Bei Truthühnern mit einer seit 10 Tagen bestehenden Histomonas-Infektion bewirken p.o. 0,4 g FZ pro 100 g Futter für 14 Tage eine vollständige Erholung ohne Schäden im Caecum und in der Leber (Horton-Smith 1955a).
Duodenalulzera
Bei Ratten konnte gezeigt werden, dass eine Dosis von p.o. 100 mg/kg FZ, vor der Induktion von Duodenalulzera durch Cysteamin verabreicht, die Häufigkeit und den Schweregrad der Ulzera vermindert. Es wird angenommen, dass die Wirkung einerseits aufgrund der antibakteriellen Aktivität gegen Campylobacter pylori und andererseits wegen der MAO-Hemmwirkung (Erhöhung der Spiegel von Noradrenalin und Dopamin) zustande kommt. Diese Amine sind mit dem gastrointestinalen Mukosaschutz assoziiert (Ali 1989a).FZ könnte zur Therapie der Duodenalulzera beim Menschen eingesetzt werden. Die Heilungsraten bei Patienten mit peptischen Ulzera, behandelt mit FZ, sind mit den Behandlungserfolgen von Cimetidin vergleichbar; mit FZ behandelte Patienten zeigen aber geringere Rückfallsraten (Ali 1989a).