Wirkstoff - Interaktionen
Neostigmin

Allgemein

Myasthenia gravis

Bei gleichzeitiger Verabreichung von Arzneimitteln, welche die neuromuskuläre Aktivität blockieren (Aminoglykoside, einige Antiarrhythmika und Anästhetika), muss eventuell eine angepasste Dosiserhöhung des Neostigmins vorgenommen werden, um die Myasthenia gravis zu behandeln oder zu diagnostizieren (Plumb 1999a).
 

Aminoglykoside

Aminoglykoside weisen eine blockierende Wirkung auf die neuromuskuläre Übertragung auf. Deshalb können sie die Wirksamkeit von Neostigmin zur Diagnose und bei der Therapie von Myasthenia gravis vermindern (Allen 1993a). Bei der gleichzeitigen Verabreichung von Aminoglykosiden muss eventuell eine angepasste Dosiserhöhung des Neostigmins vorgenommen werden, um die Myasthenia gravis zu behandeln oder zu diagnostizieren (Plumb 1999a; McEvoy 1992a).
 

Anästhetika & Antiarrhythmika

Werden bei der Diagnose oder Therapie der Myasthenia gravis gleichzeitig zu Neostigmin Anästhetika und/oder Antiarrhythmika verabreicht, muss eventuell eine angepasste Dosiserhöhung des Neostigmins vorgenommen werden (Plumb 1999a; McEvoy 1992a).
 

Atropin

Atropin ist der wirkungsvollste Neostigminantagonist (Adams 2001c; Allen 1993a). Es antagonisiert die muskarinerge Wirkung von Neostigmin und wird deshalb häufig verabreicht, um die Nebenwirkungen von Neostigmin zu vermindern. Da aber Atropin die frühen Symptome einer cholinergen Krise maskieren kann, sollte es mit Vorsicht angewendet werden (Plumb 1999a). Zudem zeigt Neostigmin auch nikotinartige Wirkung, und die Antagonisierung durch Atropin ist nur partiell (Davis 1993a). Bei der Kombination dieser beiden Wirkstoffe kann es zu vorübergehenden kardialen Arrhythmien kommen (McEvoy 1992a).
 

Kortikosteroide

Kortikosteroide können die Anticholinesteraseaktivität von Neostigmin vermindern (Plumb 1999a; Allen 1993a). Nach Absetzen der Kortikosteroidverabreichung kann es durch Neostigmin zu einer erhöhten Anitcholinesteraseaktivität kommen (Plumb 1999a).
 

Depolarisierende Muskelrelaxantien (z.B. Succinylcholin, Decamethonium)

Neostigmin verlängert die Wirkung der depolarisierenden Muskelrelaxantien (Plumb 1999a). Der Mechanismus beruht auf der Anticholinesteraseaktivität von Neostigmin, die eine verminderte Biotransformation der durch die Cholinesterase biotransformierten Arzneimitteln (z.B. Succinylcholin) bewirkt und zusätzlich noch die Wirkung von Acetylcholin (ACh) verlängert (Adams 2001b; Adams 2001c). Die durch depolarisierende Muskelrelaxantien hervorgerufene Paralyse kann daher nicht mit Neostigmin antagonisiert werden. Es sollte vielmehr eine mechanische künstliche Beatmung gewährleistet werden (Adams 2001b).
 

Suxamethonium

Bei der klinischen Anwendung von Suxamethonium beim Hund könnte Neostigmin zusätzlich verabreicht werden, um eine beabsichtigte längere Wirkungsdauer von Suxamethonium zu erreichen. Dies ist allerdings umstritten, da die Wirkungsdauer zusammen mit Neostigmin grosse unvorhersehbare zeitliche Unterschiede aufweist und es keine Arzneimittel gibt, die diese Wirkung antagonisieren könnten. Im Vergleich dazu sind die nichtdepolarisierenden Muskelrelaxantien vorzuziehen (Jones 1980a).
 

Magnesium

Die parenterale Verabreichung von Magnesium kann die Anticholinesterasetherapie von Neostigmin antagonisieren. Diese Wirkung beruht darauf, dass Magnesium eine direkt inhibitorische Wirkung auf die Skelettmuskulatur aufweist (Plumb 1999a).
 

Nichtdepolarisierende Muskelrelaxantien

Zum Beispiel:
-Atracurium
-Gallamin
-Metocurin
-Pancuronium
-Tubocurarin
 
Die Unterdrückung der Muskelzuckungen durch die nichtdepolarisierenden Muskelrelaxantien werden mit dem Cholinesteraseinhibitor Neostigmin antagonisiert. Durch die Hemmung der Cholinesterase akkumuliert Acetylcholin (ACh) an den Rezeptoren der postsynaptischen Membranen, wo es mit den nichtdepolarisierenden Muskelrelaxantien um die Cholinozeptoren konkurriert. Dies führt zu einer Wiederherstellung der ACh-vermittelten Depolarisation der Endplatte, Muskelaktivität und -potentiale, sowie der Muskelkontraktionen; es kommt schnell zur Normalisierung der Muskelzuckungen (Adams 2001b; Plumb 1999a).
 
Da es nach der Antagonisierung mit Neostigmin und Atropin gelegentlich zu kardiovaskulären Nebenwirkungen kommt, wird neuerdings die persistierende Paralyse, hervorgerufen durch die nichtdepolarisierenden neuromuskulären Blocker, mittels muskarinergen Antagonisten (quaternären Ammoniumverbindungen) anstatt Atropin, und Pyridostigmin oder Edrophonium anstatt Neostigmin, therapiert. Auch die potentiellen ZNS-Nebenwirkungen von Atropin werden dadurch vermieden (Adams 2001b).