Anwendungssicherheit
Antiarrhythmika der Klasse I besitzen eine geringe therapeutische Breite (
Sponer 1996a). Beim
Pferd können ab einer 2 - 3-fachen Überdosierung erste toxische Symptome auftreten (
Meyer 2001a).
Akute Toxizität
Intoxikationserscheinungen treten häufig auf, sind aber weniger bedrohlich als die von Chinidin oder Disopyramid (
Tilley 1997a). Als erstes Zeichen einer Überdosierung kann beim Hund und Pferd ein Muskelzittern beobachtet werden. Die Lidocainapplikation ist dann sofort zu unterbrechen (
Lemo 2007a;
Meyer 2001a).
ZNS
Bei Überdosierungen kann es zu zentralnervösen Anfällen kommen. Lidocaininduzierte Anfälle klingen mit fallendem Plasmaspiegel spontan ab, sie können aber zu einem Atemstillstand oder einer Obstruktion der Luftwege führen. Dies kommt bei Katzen relativ häufig vor.
Beim
Hund können Störungen ab einem Plasmaspiegel von > 8 µg/ml beobachtet werden (
Plumb 1999a;
Wilcke 1983a). In neueren Studien traten erste toxische Symptome bereits bei einer Plasmakonzentration von 2,7 ± 1,1 μg/ml auf. Diese Plasmakonzentration wurde nach einer intravenösen Dauertropfinfusion von insgesamt 11,1 ± 4,1 mg/kg erreicht (
Lemo 2007a). Bereits nach intravenöser Gabe von mehr als 4 mg/kg muss mit Nebenwirkungen gerechnet werden. Die kardialen Nebenwirkungen sind wegen der geringeren kardiodepressiven Wirkung nicht so bedeutend (
Ungemach 1994c). Bei der Katze können unerwünschte Reaktionen schon nach intravenöser Gabe von weniger als 2 mg/kg beobachtet werden (
Tilley 1977a).
Erste Symptome einer Überdosierung (Muskelzittern) traten beim
Pferd bei einer Plasmakonzentration von 3,24 ± 0,74 μg/ml auf. Dies entspricht einer 2 - 3-fachen Überdosierung (
Wilcke 1983a).
Kardiovaskuläres System
Altersabhängigkeit
Bei jungen
Hunden treten erste toxische Symptome früher auf als bei älteren Tieren. In einer Studie wurde bei 3 - 5 Monate alten Tieren ab einer Plasmakonzentration von 1,76 ± 1,15 μg/ml Muskelzittern beobachtet. Grund für die höhere Empfindlichkeit dürfte der noch nicht vollständig ausgebildete hepatische Metabolismus sein (
Lemo 2007a).
Neugeborene
Schweine weisen eine hohe Empfindlichkeit für die krampfauslösende Wirkung von Lidocain auf. Diese Empfindlichkeit nimmt mit steigendem Alter ab (
Satas 1997a). Die Plasmakonzentration, mit der Krämpfe ausgelöst werden können liegt bei Ferkeln im Alter von 12 - 60 Stunden bei 40,6 + 12,7 mg/l (
Satas 1997a).
LD50 Lidocain
Maus: | i.v. 26 mg/kg (Covino 1978a) |
| i.v. 45,1 mg/kg (Capra 1980a) |
| i.v. 30,3 mg/kg ± 1,7 (Henn 1960a) |
| i.v. 26,5 mg/kg ± 1,8 (Feldmann 1965a) |
| i.v. 48,0 mg/kg (Feldmann 1965a) |
| i.v. 33,2 mg/kg ± 0,2 (Ulfendahl 1957a) |
| i.v. 9,0 mg/kg ± 3,8 mit Adrenalin (1:100'000) (Henn 1960a) |
| i.v. 28,8 mg/kg ± 1,4 (Mather 2005a) |
| i.v. 18,8 mg/kg ± 2,5 (Akerman 1988a) |
| i.v. 26 mg/kg (Adams 1972a) |
| i.v. 25 mg/kg (Setnikar 1966a; Setnikar 1966b) |
| i.v. 28,6 mg/kg (Muschaweck 1974a) |
| s.c. 211 mg/kg (Adams 1972a) |
| s.c. 238 mg/kg (Richardson 1994a) |
| s.c. 211 mg/kg (Covino 1978a) |
| s.c. 260 mg/kg (Setnikar 1966b) |
| s.c. 462,7 ± 23,8 mg/kg (de Jong 1981b) |
| s.c. 288,9 ± 22,7 mg/kg (Akerman 1988a) |
| s.c. 258 mg/kg (Craveri 1960a) |
| s.c. 260 mg/kg (Setnikar 1966a) |
| s.c. 340 ± 0,02 mg/kg Lidocain 2% (Astroem 1964a) |
| s.c. 200 ± 0,01 mg/kg Lidocain 2% mit Adrenalin 1:200'000 (Astroem 1964a) |
| s.c. 230 ± 0,01 mg/kg Lidocain 2% mit Adrenalin 1:100'000 (Astroem 1964a) |
| i.p. 133,1 ± 3,3 mg/kg (de Jong 1981c; de Jong 1980c) |
| i.p. 115 mg/kg (Craveri 1960a) |
| i.p. 119 mg/kg (Setnikar 1966a; Setnikar 1966b) |
| i.p. 102 mg/kg (Richardson 1994a) |
| i.p. 102 mg/kg (Richardson 1994a) |
| i.p. 163 mg/kg (Capra 1980a) |
| p.o. 220 mg/kg (Setnikar 1966a; Setnikar 1966b) |
| p.o. 220 mg/kg (Richardson 1994a) |
| p.o. 445 mg/kg (Capra 1980a) |
LD50 Lidocainhydrochlorid
LD100
Mittlere konvulsive Dosis (CD50)
Reproduktion
Uterus
Bei Schafen wurde zwischen dem 86. und 141. Trächtigkeitstag die Durchblutung des Uterus untersucht. Der uterine Blutfluss nahm nach der Verbreichung (uterine arterielle Infusion) von 7 μg
Bupivacain, 11,5 μg Chloroprocain oder 19,5 μg
Lidocain um 25% ab. Der Tonus des Myometriums änderte sich nicht gross, ausser nach der Verabreichung von
Bupivacain, welches eine Erhöhung des Tonus bewirkte (
Fishburne JI Jr 1979a).
Therapie bei Überdosierung
Wegen der schnellen Metabolisierung von Lidocain ist nur ein Beendigung der Infusion oder Verringerung der Dosis mit Überwachung nötig (
Plumb 1999a). Anfälle oder Exzitationen, besonders wenn sie mit einem Atemstillstand oder einer Obstruktion der Luftwege einhergehen, sollten mit einer intravenösen Diazepamgabe (
Tilley 1997a;
Plumb 1999a;
Miller 1989a) oder einem kurz oder ultrakurzwirksamen Barbiturat therapiert werden. Länger wirksame Barbiturate wie Pentobarbital sollten vermieden werden (
Plumb 1999a). Eine Kreislaufdepression kann mit Flüssigkeit und blutdrucksteigernden Medikamenten wie Dobutamin behandelt werden (
Plumb 1999a). N-Acetylzystein kann verabreicht werden, um einen Reperfusionsschaden zu verhindern, Methylenblau oder Vitamin C wird bei einer Methämoglobinämie empfohlen (
O'Brien 2010a)
Lipidemulsion
Die deutliche Überdosierung von Lidocain bei einer Katze (20 mg/kg) wurde erfolgreich mit einer Lipidemulsion behandelt. 1,5 ml/kg einer 20%igen Lipidemulsion wurden der Katze langsam über 30 Minuten i.v. verabreicht. Die klinischen Symptome (Lethargie, Depression, Hypotension, Bradyarrhythmie) verbesserten sich schon 15 Minuten nach der Applikation deutlich (
O'Brien 2010a). Die Lipidinfusion muss immer unter streng aseptischen Bedinungen verabreicht werden, da es sonst zu bakterieller Kontamination mit anschliessender Sepsisgefahr kommen kann. Weitere Nebenwirkungen der Lipidinfusion sind Phlebitis, Thrombose, Hypertriglyzeridämie oder hepatische Lipidose (
O'Brien 2010a).