- | Bei einem Verdacht auf Vergiftung muss das betroffene Tier sofort in eine tierärztliche Praxis gebracht werden. |
- | Die verdächtige Giftquelle (mit Verpackung) sollte in die Praxis mitgebracht werden. Angefressenes oder erbrochenes Material in einem Plastiksack verpackt ebenfalls mitbringen lassen. |
- | Der Tierbesitzer kann versuchen, das Fell, die Haut, die Schleimhäute und Augen mit lauwarmem Leitungswasser zu waschen (Handschuhe benützen!). Trockene Pulver können mit dem Staubsauger entfernt werden. |
- | Der Tierbesitzer sollte nicht versuchen, Milch, Eiweiss oder pflanzliche Öle zu verabreichen. Diese Mittel sind meistens kontraindiziert. |
- | Der Tierbesitzer sollte nicht versuchen, das Erbrechen auszulösen. |
- | Was wurde gefüttert / gefressen? |
- | Hatte das erkrankte Tier Zugang zu giftigen Pflanzen oder Gartenabfällen? |
- | Hatte das Tier Zugang zu Insektiziden, Rodentiziden, Herbiziden oder wurde in seinem Aufenthaltsbereich oder der näheren Umgebung eine Schädlings- oder Unkrautbekämpfung durchgeführt? |
- | Wurde der Patient in letzter Zeit einer Ekto- oder Endoparasitenbehandlung unterzogen? |
- | Wurden Medikamente verabreicht? |
- | Wurde in der Umgebung des Tieres etwas verändert (Bauarbeiten im Haus oder Garten, neue Einrichtungen, neue Hundedecke)? |
- | Flüssigkeit/Elektrolyte: Ringerlaktat und Mischinfusion. |
| Erste Stunde bis 100 ml/kg Körpergewicht, danach bis 200 ml/kg/Tag; Vorsicht: Lungenödem! |
- | Plasmaexpander: Dextran 60, bis 20 ml/kg/Tag einer 6%igen Lösung i.v. oder HAES als Bolus über 20-30 Minuten: Hund 10 ml/kg i.v., Katze 5 ml/kg i.v., anschliessend Dauertropf: 1-2 ml/kg/Stunde i.v. |
- | Bluttransfusion wenn Hämatokrit (Hk) unter 20%; erforderliches Blutvolumen (ml) = erwünschter Hk-Anstieg (%) x kg Körpergewicht x 2, innerhalb von 4 Stunden infundieren. Blutgruppen beachten, Kreuzprobentest durchführen. |
- | Plasmatransfusion bei Hypoproteinämie oder Gerinnungsstörungen: Total 10-20 ml/kg Körpergewicht über 1-4 Stunden. |
- | Supraventrikuläre Tachyarrhythmien: Atenolol, Hund 0.2-1 mg/kg p.o. 1- bis 2-mal täglich, Katze 6.25-12.5 mg/Tier p.o. 1- bis 2-mal täglich; Esmolol, Initialdosis 200-500 µg/kg i.v. über 1 Minute, Erhaltungsdosis: Infusionsrate von 25-200 µg/kg/Minute (Halbwertszeit: 2 Minuten). |
- | Ventrikuläre Tachyarrhythmien, Kammerflimmern: Lidocain, 2 mg/kg i.v. (nur etwa 30 Minuten wirksam). |
- | Anaphylaktischer Schock: Adrenalin, bis 0.2 µg/kg/Minute i.v. (Gesamtdosis bis 100 µg/kg). |
- | Disseminierte Intravasale Gerinnung (DIC): 1. Ursache eliminieren, 2. Adäquate Infusionstherapie, 3. Eventuell Heparin, 75 IE/kg s.c. 3-mal täglich, 4. Bei spontaner Blutung: Plasmatransfusion. |
- | Externe Herzmassage zwischen vierter und sechster Rippe. |
- | Ruhe; Diazepam: 0.5-2 mg/kg i.v. oder i.m.; diese Dosis kann nach je 10 min. 2 x wiederholt werden. |
- | Falls mit Diazepam keine Besserung erreicht wird: |
| Phenobarbital nach Wirkung 5-10 mg/kg als Bolus langsam i.v., Erhaltungsdosis: Hund 1-8 mg/kg p.o., i.m. oder i.v. 2-mal täglich; Katze 1-2 mg/kg p.o., i.m. oder i.v. 2-mal täglich; oder |
| Pentobarbital nach Wirkung 3-15 mg/kg als Bolus langsam i.v.; Vorsicht Atemdepression! Kann beim Hund stündlich nachdosiert werden: 5 mg/kg i.v. |
- | Propofol initial 6 mg/kg Propofol i.v., jeweils 25% der Gesamtdosis wird im Abstand von je 30 Sekunden bis zum gewünschten Wirkungseintritt injiziert. Propofol besitzt nach der Einleitung nur eine Wirkungsdauer von 2,5 - 9,4 Minuten. Erhaltung: 0,4 mg/kg/min i.v. Falls die Wirkung als ungenügend betrachtet wird, kann ein kleiner Bolus von 1 mg/kg i.v. verabreicht und die Infusionsrate um 25% gesteigert werden. |
- | Neuroleptika (z.B. Acepromazin, Promethazin, Prothipendyl, Chlorprothixen, Propionylpromazin, Azaperon, Droperidol, Haloperidol, Fluanison) sind bei Vergiftungen kontraindiziert. Neuroleptika wirken antiemetisch, erhöhen den Muskeltonus, können Konvulsionen einleiten und beeinträchtigen die Kreislaufregulation. |
- | Hund: Apomorphin 0.04 mg/kg i.v., 0.08 mg/kg i.m. oder s.c. |
| Apomorphin-Lösungen frisch herstellen und nicht länger als 2 Tage im Kühlschrank lagern. |
| Alternative: 0.25 mg/kg konjunktival, sobald Erbrechen einsetzt gründlich ausspülen. |
| Antidot gegen Atemlähmung: Naloxon 0.04 mg/kg i.v. |
| oder |
- | Hund: Ropinirol (Clevor® 30 mg/ml Augentropfen) 1-8 Augentropfen konjunktival, abhängig vom Körpergewicht des Hundes, falls der Hund innerhalb von 15 Minuten nach Anwendung der Anfangsdosis nicht erbricht, kann eine zweite Dosis 15-20 Minuten nach der Anfangsdosis verabreicht werden. |
| Antidot: Bei Hunden mit langwierigem Erbrechen (mehr als 60 Minuten) und anderen klinischen Symptomen in Zusammenhang mit der pharmakologischen Wirkung des Wirkstoffes (z.B. Hyperämie der Augen, Herzrasen, Zittern, Unruhe) können Dopaminantagonisten wie Metoclopramid oder Domperidon angewendet werden, um die klinischen Symptome zu behandeln. |
- | Katze: Xylazin 1.1 mg/kg i.m. oder s.c.; Antidot: Atipamezol 100 µg/kg i.m. |
- | Magenspülung mit lauwarmem Leitungswasser, 0.9% NaCl oder 5% Natriumbicarbonat, Spüllösungen mit Aktivkohle vermischen; Flüssigkeitsvolumen: je 10 ml/kg Körpergewicht, 10- bis 15-mal wiederholen. Voraussetzung: Endotrachealtubus mit aufgeblasener Manschette. |
- | Emesis und Magenspülungen wurden experimentell verglichen; durch die Apomorphin-Emesis konnte bei Hunden mehr Mageninhalt zurückgewonnen werden als durch eine Magenspülung. |
- | Schock, Konvulsionen, Bewusstlosigkeit, Schluckbeschwerden |
- | Gleichzeitiger Dämpfung des Brechzentrums (z.B. durch Neuroleptika) |
- | Bei Vergiftungen mit flüchtigen Mineralöldestillaten, organischen Lösungsmitteln, Phenolen, Detergentien oder korrosiven Substanzen (Säuren, Laugen) darf weder eine Emesis noch eine Magenspülung durchgeführt werden. |
| Alternative: mit viel Wasser verdünnen, bei Detergentien Simethicon, 25-75 Tropfen, vorsichtig eingeben. |
- | Aktivkohle, Carbo medicinalis, 1-5 g/kg, in Wasser aufschwemmen und als 10% Suspension (1 g/10 ml) p.o. eingeben. Empfehlenswert sind gebrauchsfertige aromatisierte Kohlesuspensionen, z.B. Carbodote, Trinklösung (24 g Carbo activatus/100 ml) oder Carbovit® (15 g Carbo activatus/100 ml), die bereits ein Laxans enthalten. Kann im Abstand von 6-8 Stunden wiederholt verabreicht werden. |
- | Aktivkohle ist das Adsorbens der Wahl. Es gibt nur wenige Stoffe, die nicht von Aktivkohle adsorbiert werden, nämlich Alkohole, Cyanide, Nitrit, Laugen und Säuren. Ein weiterer Vorteil der Aktivkohle ist, dass durch die Adsorbtion von Giftstoffen, die mit der Galle ausgeschieden, aber normalerweise über den Darm rückresorbiert werden, der enterohepatische Kreislauf unterbrochen wird. Ferner gelangen gewisse Stoffe auch unabhängig von der biliären Ausscheidung in den Darm zurück und werden dort gebunden (sogenannte "Darm-Dialyse"). |
- | Nicht empfehlenswert sind: |
| Universalantidot: z.B. Gemisch aus Aktivkohle, Magnesiumhydroxid und Tannin. |
| Kombination von Aktivkohle mit Paraffinöl oder Arzneimitteln. |
| Gebrannter Toast oder Holzkohle sind wirkungslos. |
- | Scheren ohne Haut zu verletzen! |
- | Wasserlösliche Gifte, ätzende Verbindungen: Baden mit viel lauwarmem Leitungswasser, mindestens 10 Min spülen, gut abtrocknen |
- | Lipidlösliche Gifte: Baden mit lauwarmem Wasser, alkalifreie Seife (wenn nötig abwechslungsweise mit Speiseöl) verwenden, gut abspülen und abtrocknen. Scheren ist oftmals besser als Waschen, da die Schutzfunktion der Haut nicht angegriffen wird. |
- | Trockene Pulver: Entfernen mit Staubsauger oder Bürste. |
- | Handschuhe und Schutzkleider benützen! Organische Lösungsmittel oder Petroleumdestillate dürfen nicht angewendet werden. |
- | Augen, Schleimhäute: Mindestens 10 Minuten mit viel lauwarmem Wasser spülen. |
- | Furosemid: 2-5 mg/kg i.v. 1- bis 3-mal täglich. |
- | Mannitol: 0.5-2 g/kg langsam infundieren mit Flüssigkeit, z.B. Ringerlaktat; 30 Min. später Harnproduktion kontrollieren! Kann wiederholt werden, wenn gute Diurese zustande kommt, maximale Tagesdosis 2 g/kg. |
- | Mannitol wirkt langsamer als Furosemid. |
- | 20 %ige Lipidinfusion (z.B. Intralipid 20%®): Katze: Bolus von 1.5 ml/kg Körpergewicht i.v., dann 0.25 ml/kg Körpergewicht/min. während 30 Minuten. Hund: Bolus von 2 ml/kg Körpergewicht i.v., dann 0.5 ml/kg Körpergewicht/min. während 30 Minuten. Die Therapie kann bei ungenügendem Effekt nach ca. 15 Stunden wiederholt werden. |
- | Ionenfalle, Alkalinisierung des Harnes: |
| Zusatz von Natriumbicarbonat bis 2 mmol/kg i.v. (2 ml einer 8.4% Lösung) über 4 Stunden; kann wiederholt werden, bis der Urin einen pH-Wert von 7 übersteigt. |
- | Ionenfalle, Ansäuerung des Harnes: |
| Ammoniumchlorid bis 10 mg/kg/Stunde i.v., jedoch 50 mg/kg/Tag nicht überschreiten. Orale Dosierung: Hund 100-200 mg/kg 2- bis 3-mal täglich; Katze 20 mg/kg 2-mal täglich. Ziel: pH im Harn auf Werte von 5.5-6.5 einstellen. |