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Verwendete Pflanzen (Botanik)

Euphrasia rostkoviana Hayne s.l.
Euphrasia stricta J.F.Lehm
 
Verwendete Pflanzenteile

Definition

Die getrockneten, während der Blütezeit gesammelten, ganzen oder geschnittenen oberirdischen Teile verschiedener Euphrasia-Arten, besonders der Gruppen Euphrasia stricta D. Wolff ex F.J. Lehm, Euphrasia rostkoviana Hayne (E. officinalis L.), deren Hybride oder Mischungen davon (EMA, 2010; Hagers Enzyklopädie, 2013; Wichtl, 2003).
 
Gehalt: keine Angaben.
 
Reinheit: keine Angaben.
 
Extraktionsverfahren:
-Heisswasser (Infus; EMA, 2010; Klarer et al., 2013; Walkenhorst & Melzig, 2017; Wichtl, 2009; Wynn & Fougère, 2007)
-Ethanol 45% V/V (Tinktur; EMA, 2010)
 
Verfälschungen: kommen praktisch kaum vor (Wichtl, 2009).
 

Übliche Zubereitungen

Geschnittene Droge, Infus, Tinktur, Tabletten, Spray, Tropfen, Augen- und Nasentropfen, Augenbalsam und Augenbad (Klarer et al., 2013; Pharmavista, 2019; Wichtl, 2009; Wynn & Fougère, 2007).
 

Pharmakognosie

Organoleptische Angaben

Aussehen

-Stängel dünn, meist verästelt, fast rund, blauviolett und weich behaart. Blätter sitzend und fast stängelumfassend; steif, 8-12 mm lang, rundlich-oval, scharf gesägt oder gezähnt, völlig kahl oder in unterschiedlichem Ausmass fein behaart. Die Blatt- oder Deckblattzähne tragen Grannen. Blütenstände blattachselständig und vielblütig; Einzelblüten mit röhrenförmigem, spitz vierzähnigem Kelch und 6-15 mm langer, weisser bis bläulichweisser oder blassblauer bis blassvioletter, purpurrot gestreifter, am Schlund gelb gefleckter Blumenkrone; 4 Staubblätter mit langen, glatten, nach aussen gebogenen Filamenten und dunklen, miteinander verklebten Antheren; dünner, gekrümmter und im mittleren Teil behaarter Griffel, aus der Blütenröhre herausragend; ockerfarbene Narbe klein und knopfförmig. Fruchtkapseln zweifächerig, mit zahlreichen braunen, eiförmigen Samen (Hagers Enzyklopädie, 2013).
-Pulverdroge: graugrün (Hagers Enzyklopädie, 2013).
 

Geruch

Uncharakteristisch (Hagers Enzyklopädie, 2013; Wichtl, 2009).
 

Geschmack

Leicht bitter (Hagers Enzyklopädie, 2013; Wichtl, 2009); schwach bitterer, leicht würziger Geschmack (Hänsel & Sticher, 2010).
 
Inhaltsstoffe

Leitsubstanzen

Iridoidglycoside (0.9%), Phenolsäuren (1.97%), Flavonoide (0.38%), Polyphenole (1.47%), Tannine (0.56%), Lignane und Sterole.
-Iridoidglycoside: Aucubin (0.05%), Catalpol, Euphrosid u.a.
-Phenolsäuren: Kaffee-, Ferula-, Chlorogen- und p-Cumarsäure.
-Flavonoide: Apigenin, Luteolin, Kämpferol, Rhamnetin, Quercetin.
((Brendieck-Worm & Melzig, 2018; EMA, 2010; Hänsel & Sticher, 2010; Hagers Enzyklopädie, 2013; Hiller & Melzig, 2010; Wichtl, 2009)
 
 
Pharmakologie

Wirkung

-Adstringierende und entzündungshemmende Wirkung (EMA, 2010).
-Bakteriostatische und entzündungshemmende Wirkung (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
 
Monographien

Monographien

-Ph. Eur. 10/2020: keine Monographie vorhanden (24.1.2022)
-ESCOP: keine Monographie vorhanden (18.11.2019)
-WHO: keine Monographie vorhanden (18.11.2019)
-HMPC (EMA): keine Monographie vorhanden (18.11.2019)
-Kommission E: Monographie vorhanden, ATC-Code: S01XA (BAnz. Nr. 162 vom 29.8.1992)
 

Medizinische Anwendungen

Veterinärmedizin

Anwendungen

Ethnoveterinärmedizinische Studien

-Gemäss drei Übersichtsarbeiten zu ethnoveterinärmedizinischen Studien Europas wird Euphrasia officinalis L. eingesetzt, u.a. äusserlich auf der veränderten Haut (Mayer et al., 2014; Schmid et al., 2012; Stucki et al., 2019).
-Bäuerinnen und Bauern der Deutschschweiz und des Tessins verwenden Euphrasia rostkoviana-Kräuter-Infus, -Öl und -Salbe bei Rindern, Ziegen, Schafen, Hunden, Katzen und Kaninchen als Hausmittel für das Auge (conjunctival) (Bischoff et al., 2016; Disler et al., 2014; Mayer et al., 2017; Schmid et al., 2012; Stucki et al., 2019).
 

Traditionelle Anwendung

-Innerlich bei Augenerkrankungen, Husten, Schnupfen, Magenerkrankungen und Hauterkrankungen (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
-Äusserlich bei entzündlichen Augenerkrankungen und Hauterkrankungen (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
-Äusserlich bei Bindehaut-, Lidentzündungen und Augenkatarrhen bei Rind, Pferd, Ziege, Schaf, Schwein, Hund und Katze in aller Altersstufen (Klarer et al., 2013).
 

Dosierung

Innerliche Anwendung
 Augentrostkraut, getrocknet/TagAugentrostdekokt
Hund25-200 mg/kg KGW, auf 2-3 Gaben verteilt50-100 ml/10kg KGW, auf 2-3 Gaben verteilt
Katzenicht geeignetnicht geeignet
KGW = Körpergewicht
(Brendieck-Worm & Melzig, 2018; Wynn & Fougère, 2007)
 
Äusserliche Anwendung
 Schweizerische ethnoveterinärmedizinische Dosierung:
Euphrasia rostkoviana-Kraut
(in g getrocknete Droge/100 g Fertigprodukt:
Median (Quartile))
Rind, Ziege, Schaf,
Hund, Katze, Kaninchen
0.6 (0.3-1)
(Bischoff et al., 2016; Disler et al., 2014; Mayer et al., 2017; Schmid et al., 2012; Stucki et al., 2019)
 

Zubereitung

Innerliche und äusserliche Anwendung
-Nur frisch zubereitete und filtrierte Infusa einsetzen (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
-Dekokt: 5-30 g getrocknetes Augentrostkraut mit 200 ml kaltem Wasser ansetzen, zum Sieden erhitzen, 2 Minuten ziehen lassen und dann abseihen und filtrieren; unverdünnt für Spülungen und Kompressen bei Konjunktivitis und Blepharitis; bei Hornhautverletzungen mit Gefahr des Ulcus corneae schmerzlindernd und heilungsfördernd; die gleichzeitige innere Einnahme des Infuses wird empfohlen (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
-Infus: 3-4 Pflanzen, frisches oder getrocknetes Augentrostkraut (Wiesen-Augentrost) mit 1 Tasse heissem Wasser überbrühen, etwa 10 Minuten ziehen lassen, nicht abseihen; bei Augenentzündung kurz nach der Geburt, 2-mal täglich, nicht dasselbe Tuch für verschiedene Tiere gebrauchen, bei Schafen (Jungtiere) (Klarer et al., 2013).
-Infus: frisches oder getrocknetes, blühendes Augentrostkraut mit Wasser 1-2 Minuten aufkochen und abseihen; bei Augenentzündung 1-mal täglich mit lauwarmem Infus auswaschen und getränkten Wattebausch 5 Minuten auflegen, bei Schafen und Ziegen jeden Alters (Klarer et al., 2013).
 
Kombinationen
-Kombinationen von Augentrostdekokt und Fenchelinfus im Verhältnis 2:1, getrennt hergestellen und vor der Anwendung mischen (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
-Augentrostdekokt und Schwarztee im Wechsel, z.B. morgens Augentrost, abends Schwarztee (Gerbstoffdroge); v.a. bei Blepharokonjunktivitis mit starker Schwellung (Brendieck-Worm et al., 2015; Brendieck-Worm & Melzig, 2018; Klarer et al., 2013).
-Mischungen von Augentrostdekokt mit Walnussblätterdekokt, Kamilleninfus oder/und Fenchelinfus; bei rezidivierenden Konjunktivitiden und Blepharitiden als Spülung und Kompressen (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
-Augentrost, Rosenwasser, Hamamelis, Ringelblume und Kamille; zur Reinigung des äusseren Auges (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
 

Hinweise

-Gegenanzeigen: Augentrost bei trockenem Auge (Keratokonjunktivitis sicca) nicht längerfristig einsetzen, da es zur Verschlechterung der Sicca-Problematik kommen kann (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
 

Toxizität

Siehe unter Euphrasia rostkoviana
 

Verfügbarkeit

Siehe unter Fertigpräparate und -produkte Schweiz und Deutschland; die getrocknete und geschnittene Droge sowie Extrakte sind in Arzneibuchqualität im Fachhandel erhältlich (Pharmavista, 2019).
 

Gesetzliche Vorschriften, Doping

Rückstandsregelungen

-TAMV: Euphrasia officinalis = Euphrasia rostkoviana, ganze Pflanze, ist als homöopathisches Einzelmittel auf der Liste 2/Anhang 2 aufgeführt, darf bei Nutztieren als Wirkstoff eingesetzt werden und erfordert als homöopathisches Einzelmittel in allen Potenzierungen inkl. Urtinktur keinen Rückstandshöchstgehalt.
-European Feed Materials Register (momentan für die Schweiz nicht gültig): keine Einträge (28.11.2019).
 

Doping

Euphrasia sp. sind keine dopingverdächtige Substanz.
Die Dopingrelevanz von Pflanzen ändert sich kontinuierlich. Die aktuellen Daten zum Pferdesport (FEI) sind ersichtlich unter der Liste der verbotenen Substanzen.
 
Literatur
-Bischoff T., Vogl C.R., Ivemeyer S., Klarer F., Meier B., Hamburger M. & Walkenhorst M. (2016) Plant and natural product based homemade remedies manufactured and used by farmers of six central Swiss cantons to treat livestock. Livestock Science 189, 110-125
-Brendieck-Worm C., Klarer F. & Stöger E. (2015) Heilende Kräuter für Tiere: Pflanzliche Hausmittel für Heim- und Nutztiere. Haupt Verlag, Bern, p. 193
-Brendieck-Worm C. & Melzig M.F. (2018) Phytotherapie in der Tiermedizin. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, pp. 244-245
-Disler M., Ivemeyer S., Hamburger M., Vogl C.R., Tesic A., Klarer F., Meier B. & Walkenhorst M. (2014) Ethnoveterinary herbal remedies used by farmers in four north-eastern Swiss cantons (St. Gallen, Thurgau, Appenzell Innerrhoden and Appenzell Ausserrhoden). J Ethnobiol Ethnomed. 10, 32-54
-European Medicines Agency (EMA) (2010) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): Assessment report on Euphrasia officinalis L. and Euphrasia rostkoviana Hayne, herba, final. EMA/HMPC/246799/2009, 16 September 2010, http://www.ema.europa.eu/ema/ (1995-2019)
-European Medicines Agency (EMA) (2010) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): Public statement on Euphrasia officinalis L. and Euphrasia rostkoviana Hayne, herba, final. EMA/HMPC/727465/2009, 16 September 2010, http://www.ema.europa.eu/ema/ (1995-2019)
-Hänsel R. & Sticher O. (2010) Pharmakognosie - Phytopharmazie. 9. Auflage. Springer Verlag, Berlin, pp. 746 & 752
-Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen (2013) Euphrasiae herba, Verf.: Blohme A., Hrsg.: Blaschek W., Ebel S., Hilgenfeldt U., Holzgrabe U. & Reichling J., http://www.drugbase.de, Datenstand 24.01.2013
-Hiller K. & Melzig (2010) Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, p. 226
-Klarer F., Stöger E. & Meier B. (2013) Jenzerwurz und Chäslichrut: Pflanzliche Hausmittel für Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine und Pferde. Haupt Verlag, Bern, pp. 152 & 162
-Kommission E (1990) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft, 50445 Köln
-Mayer M., Vogl C.R., Amorena M., Hamburger M. & Walkenhorst M. (2014) Treatment of organic livestock with medicinal plants: A systematic review of European ethnoveterinary research. Forsch Komplementmed. 21(6), 375-386
-Mayer M., Zbinden M., Vogl C.R., Ivemeyer S., Meier B., Amorena M., Maeschli A., Hamburger M. & Walkenhorst M. (2017) Swiss ethnoveterinary knowledge on medicinal plants - a within-country comparison of Italian speaking regions with north-western German speaking regions. J Ethnobiol Ethnomed. 13, 1-23
-Pharmavista (2016) www.pharmavista.net, Produkte Schweiz
-PubChem (2016) pubchem.ncbi.nlm.nih.gov
-Schmid K., Ivemeyer S., Vogl C., Klarer F., Meier B., Hamburger M. & Walkenhorst M. (2012) Traditional use of herbal remedies in livestock by farmers in 3 Swiss cantons (Aargau, Zurich, Schaffhausen). Forsch Komplementmed. 19(3), 125-136
-Stucki K., Cero M.D., Vogl C.R., Ivemeyer S., Meier B., Maeschli A., Hamburger M. & Walkenhorst M. (2019) Ethnoveterinary contemporary knowledge of farmers in pre-alpine and alpine regions of the Swiss cantons of Bern and Lucerne compared to ancient and recent literature - Is there a tradition? J Ethnopharmacol. 234, 225-244
-Wichtl M. (2009) Teedrogen und Phytopharmaka: Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. 5. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, pp. 252-254
-Wynn S.G. & Fougère B.J. (2007) Veterinary herbal medicine. Mosby Elsevier, St. Louis, Missouri, pp. 155, 266-267, 385 & 546-547
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