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Eigenschaften

Lokalanästhetika sind Wirkstoffe, welche die Fortleitung von Aktionspotentialen über die Nervenfasern reversibel blockieren und damit unter anderem die Schmerzempfindung durch eine lokale Unterbrechung der afferenten Bahnen für Schmerzimpulse aufheben (Frimmer 1986a; Löscher 2003c).
 
Lokalanästhetika sollten folgende Eigenschaften besitzen:
1.geringe Toxizität
2.minimale oder keine Gewebeirritation
3.Reversibilität
4.die Potenz um eine vollständige Lokalanästhesie zu gewährleisten
5.schneller Wirkungseintritt
6.ausreichende Wirkungsdauer
7.minimale oder keine allergische oder hypersensitive Wirkung
8.ausreichende Stabilität in einer Lösung (Gardner 1983a).
 
Aufgrund der Unterschiede in der Wirkung und Dauer, kann man die verschiedenen Lokalanästhetika in drei Gruppen einteilen:
- Gruppe 1:geringe Wirksamkeit und kurze Wirkdauer (Procain und Chloroprocain)
- Gruppe 2:mittlere Wirksamkeit und Wirkdauer (Lidocain, Mepivacain und Prilocain)
- Gruppe 3:hohe Wirksamkeit und lange Wirkdauer (Bupivacain, Etidocain, Ropivacain und Tetracain (Covino 1981a; Ford 1984b).
 

Impulsfortleitung

Nervenfasern besitzen eine Lipoproteinmembran, welche die intrazelluläre Matrix von der extrazellulären Phase trennt (Lamont 2002a). Diese axonale Membranstruktur besteht aus einem Phospholipidbilayer, in welchem Proteine und Kohlenhydrate eingebettet sind (Khursheed 2001a). Im Ruhezustand des Nerven wird ein Konzentrationsgradient zwischen der intrazellulären Flüssigkeit (enthält vor allem Kalium) und der extrazellulären Flüssigkeit (enthält vor allem Natrium) durch einen aktiven metabolischen Prozess (Na+-K+-ATPase) aufrechterhalten. Im ruhenden Stadium ist die Membran polarisiert, mit einem Potential von -70 bis -90 mV, die extrazelluläre Seite ist bezogen auf die Zellmembraninnenseite positiv geladen (Lamont 2002a). Natriumkanäle durchlaufen während des Aktionspotentials drei funktionelle Zustände (Butterworth 1990a; Biel 2005a):
 
1.Nach einem Stimulus sind die spannungsabhängigen Na+-Kanäle in einem aktivierten Zustand kurz offen und erlauben das Einfliessen von extrazellulären Natriumionen in das Zellinnere; es entsteht ein Aktionspotential.
  
2.Das Membranpotential ist vorübergehend bis zu seinem Grenzwert erhöht und eine Depolarisation, welche sich elektrisch über die angrenzenden Gebiete der Membran ausbreitet, tritt ein.
  
3.Die anschliessende Membranrepolarisation wird durch die spannungsabhängigen K+-Kanäle vermittelt, welche einen Kaliumstrom aus der Zelle einleiten und eine elektrische Neutralität wiederherstellen (Lamont 2002a).
 

Wirkungsort

Bei den Nervenmembranen binden Lokalanästhetika auf der Membraninnenseite an den spannungsabhängigen Natriumkanal. Dieser besteht aus vier zueinander homologen Domänen, die jeweils sechs α-helikale Transmembransegmente enthalten. Das vierte Segment jeder Domäne enthält eine Abfolge positiv geladener Aminosäurereste und bildet den Spannungssensor des Proteins. Die Na+-leitende Pore wird von Aminosäuren des sechsten Segments, sowie der davor liegenden Schleife ("pore loop") gebildet. Lokalanästhetika treten in ihrer ionisierten Form mit den Aminosäuren Phenylalanin und Tyrosin im sechsten Segment der vierten Domäne in Wechselwirkung und blockieren so den Einstrom von Natriumionen (Butterworth 1990a; Biel 2005a).
 
Die Resultate von Studien definierten die Lokalisation des Lokalanästhetikumrezeptors in der Pore des Natriumkanals und identifizierten die molekularen Faktoren der Bindung von Lokalanästhetika (die vom Zustand des Kanals abhängt). Den Nachweis erbrachte eine ortspezifische Mutagenese, die im transmembranen Segment S6 der Domäne IV der α-Einheit bei Ratten induziert wurde (Ragsdale 1994a; Ragsdale 1996a).
 

Wirkungsmechanismus

Die vielleicht am meisten akzeptierte Theorie ist (Skarda 2007a), dass der Wirkungsmechanismus der Lokalanästhetika auf einer reversiblen Senkung der Permeabilität der Nervenfasern für Natriumionen (Butterworth 1990a) und, in höheren Konzentrationen, für Kaliumionen beruht (Löscher 1999b).
 
Nach Injektion in das Gewebe liegen bei physiologischem pH-Wert (7,4) je nach Lokalanästhetikum nur 3 - 20% des Stoffes unionisiert vor (Burgis 2002a; Löscher 2003c; Biel 2005a). Dieser unionisierte, lipidlösliche Anteil kann ins Gewebe diffundieren und seinen Wirkort, die Innenseite der Membran der Nervenfaser, erreichen, und sich dort in der Lipidphase anreichern (Narahashi 1969a; Kuschinsky 1984a; Löscher 2003c; Biel 2005a). Die ungeladene basische Form ist wichtig für eine optimale Diffusion durch die Nervenhülle; nach dem Eindringen in das Epineurium entsteht wieder ein Gleichgewicht zwischen der geladenen und ungeladenen Form des Lokalanästhetikums, und auf der Zellmembraninnenseite bindet die geladene Form an den Rezeptor (Covino 1972a). Ein kleiner Anteil des Lokalanästhetikums gelangt als Kation über die geöffnete Kanalpore vom Zytosol aus in die Nervenzelle (Biel 2005a). Lokalanästhetika verhindern die Entstehung und die Weiterleitung der Aktionspotentiale durch eine Blockade der spannungsabhängigen Natriumkanäle in der Nervenmembran (Khursheed 2001a).
 
Einige Wirkungen der Lokalanästhetika könnten auch durch andere Mechanismen als die Interferenz mit einem Natriumkanal zustande kommen (Thurmon 1999b). Siehe auch "Übersicht aller Theorien zur Wirkungsweise" weiter unten im Text.
 
Lokalanästhetika bewirken eine Leitungsblockade, indem sie die spannungsabhängigen Natriumkanäle der Nervenzellmembran hemmen. Ein Teil eines Natriumkanals, welcher sich in der intrazellulären Hälfte der transmembranen Pore befindet, bildet einen spezifischen Rezeptor für Lokalanästhetika. Protonierte und neutrale Lokalanästhetikamoleküle, die an diesen Rezeptor binden, interferieren wirksam mit der Konformationsänderung; der Natriumkanal kann sich so nicht mehr öffnen und deshalb nicht mehr aktiviert werden. Im inaktivierten Zustand verlangsamt die Reduktion der Permeabilität der Natriumkanäle die Depolarisation, so dass der Grenzwert für das Aktionspotential nicht erreicht wird und somit auch kein Aktionspotential weitergeleitet werden kann (Heavner 1996b; Khursheed 2001a; Lamont 2002a). Ein Natriumkanal, der durch ein Lokalanästhetikum blockiert wird, ist funktionell ähnlich einem inaktivierten Kanal (Khursheed 2001a). Durch die Unterbrechung dieser für Depolarisation und Repolarisation erforderlichen Ionenströme ist eine Fortleitung von Aktionspotentialen nicht mehr möglich, womit die Reizfortleitung der betroffenen Nervenfaser unterbrochen wird (Löscher 1999b).
 
Zusammengefasst ist der Wirkungsmechanismus eines Lokalanästhetikums an folgende Abläufe gebunden:
a.)das Lokalanästhetikummolekül bindet an den Rezeptor;
b.)der Natriumkanal kann nicht mehr aktiviert werden;
c.)die Depolarisationsrate sinkt;
d.)somit wird der Grenzwert zur Auslösung eines Aktionspotentials nicht erreicht;
e.)und die Fortleitung des Nervenimpulses wird verhindert
f.)eine Blockade der Leitung tritt ein (Covino 1981a).
 
Offene Kanäle zeigen eine 130 - 6000-fach grössere Affinität für Lokalanästhetika als geschlossene Natriumkanäle; jedoch wird die Bindung an geschlossene Kanäle erhöht, wenn die Membran oft depolarisiert wird und sich somit viele Kanäle im inaktivierten Zustand befinden (Vermeer 1974a; Courtney 1978a), da die meisten Lokalanästhetika mit höherer Affinität an jene im inaktivierten Zustand als an solche im ruhenden Zustand binden (Butterworth 1990a; Lamont 2002a; Biel 2005a; Skarda 2007a). Lokalanästhetika sind somit besonders wirksam (erhöhte Potenz), wenn ein Natriumkanal häufig inaktiviert ist, zum Beispiel bei hochfrequenten Abfolgen von Aktionspotentialen (Biel 2005a; Yanagidate 2007a) und auch bei langsamen Depolarisationen, die vor allem bei Nervenverletzungen auftreten (Yanagidate 2007a).
 
Lokalanästhetika unterscheiden sich in ihrer Fähigkeit, an Natriumkanäle zu binden. Benzocain und Lidocain binden zum Beispiel an denselben Natriumkanal, jedoch an einen anderen funktionellen Zustand des Kanals. Ebenso ist es wichtig, dass es Familien von verschiedenen Kanälen gibt (z.B. sind Natriumkanäle in Herz, Hirn und Axonen nicht identisch (Catterall 1988a)) und, dass ein bestimmtes Gewebe mehrere verschiedene Natriumkanäle aufweisen kann (Heavner 1996b; Thurmon 1999b). Bei genügend hoher Konzentration können Lokalanästhetika alle Typen der Natriumkanäle im Körper beeinflussen (Skarda 2007a).
 

Übersicht aller Theorien zur Wirkungsweise:

1.Oberflächenladungstheorie: das transmembrane Potential wird durch die Reaktion des lipophilen Anteils des Lokalanästhetikums mit den lipophilen Anteilen der Zellmembran erhöht; die nach extrazellulär gerichteten positiven Ladungen verhindern eine Depolarisation (Graf 2003a; Skarda 2007a; Balogh 2010a).
2.Membranexpansionstheorie: Benzocain lagert sich in die Membran ein (Interaktion mit den Membranlipiden) und erweitert so die axonale Membran, was die Ionenkanäle komprimiert und verschliesst (Graf 2003a; Skarda 2007a; Balogh 2010a).
3.Rezeptortheorie (Rezeptorfeld): die Biotoxine Saxitoxin und Tetrodoxin binden an der äusseren Seite der Axonmembran an Rezeptoren am oder in der Nähe des Natriumkanals, während die klinisch verwendeten Lokalanästhektika offenbar mehr mit einem an der Innenseite der Axonmembran gelegenen Rezeptorbereich interagieren (daher spricht man von einem "Rezeptorfeld"); damit wird eine wirksame Blockade des Natriumkanals verursacht (Graf 2003a; Skarda 2007a; Balogh 2010a).
4.Rezeptortheorie (modulierter Rezeptor): Bindung des Lokalanästhetikums an Rezeptoren, welche sich im Ionenkanal selbst befinden (Graf 2003a; Skarda 2007a; Balogh 2010a).
5.Kombination der Membranexpansionstheorie und der Rezeptortheorie: die Lokalanästhetika vom Ester- und Amidtyp passieren die Zellmembran (d.h. deren Doppellipidschicht) in ungeladenem Zustand und werden dann auf der Zellinnenseite protoniert, worauf eine Bindung an den Rezeptor und somit eine Kanalblockierung erfolgt (Heavner 1996b).
 

Epiduralanästhesie

Der molekulare Mechanismus, mit welchem Lokalanästhetika eine spinale (subarachnoidale) oder epidurale Analgesie bewirken, könnte basieren auf:
1.der Bindung an Natrium- und Kaliumkanäle von Neuronen innerhalb der dorsalen und ventralen Hörner (Olschewski 1998a) und zusätzlich
2.der Bindung an neurale Kalziumkanäle, welche eine Hyperpolarisation der Zellmembranen verursachen (Sugiyama 1994a).
 

Wirkungspotenzial

Die dissozierte Form ist für die Wirkung am Rezeptor verantwortlich, während die undissoziierte Base für die schnelle Penetration und Diffusion durch biologische Membranen wichtig ist, da der Lokalanästhetikumrezeptor nicht von der äusseren Seite der Zellmembran zugänglich ist (Narahashi 1970a; Frazier 1970a; Khursheed 2001a). Es scheint eine Verbindung zwischen der Lipidlöslichkeit und der lokalanästhetischen Potenz eines Lokalanästhetikums in-vitro zu geben (Wildsmith 1985a; Sanchez 1987a). Je höher die Lipophilie und je kleiner die Moleküle eines Lokalanästhetikums, desto schneller werden die axonalen Membranen der Nerven penetriert (Heavner 1996b; Skarda 2007a). Die höhere Aufnahme eines stark lipophilen Wirkstoffes in die Nervenmembran scheint auch für eine längere Wirkungsdauer verantwortlich zu sein (Rosenberg 1986a; Feldman 1988a).
 
Bupivacain ist das wirkungsstärkste Lokalanästhetikum vom Amidtyp (Löscher 2003c) und hat eine fast viermal längere Wirkungsdauer als Lidocain (Werner 2002a). Die relative Potenz von Bupivacain beträgt 8, bezogen auf Procain (Heavner 1996b; Erhardt 2004j).
 
Eine neuere Studie zeigt, dass die Beziehung zwischen der hämolytischen Aktivität und der lokalanästhetischen Potenz verwendet werden kann, um die Aktivität neu entwickelter Lokalanästhetikummoleküle vorherzusagen (Malheiros 2004a).
 

Kaliumkanal

Generell ist die Affinität von Lokalanästhetika zu Kaliumkanälen tiefer als zu Natriumkanälen (Yanagidate 2007a). Höhere Konzentrationen eines Lokalanästhetikums können jedoch den Austritt von Kaliumionen vermindern (Olschewski 1998a; Castle 1990a; Komai 2001a; Hall 2001c; Yanagidate 2007a). Dies ist aber beim Auslösen von Leitungsblockaden nicht relevant, da diese auch ohne eine Veränderung des Ruhepotentials auftreten können (Hall 2001c). Jedoch weist eine Studie darauf hin, dass eine Reduktion des Kaliumstromes durch ein Lokalanästhetikum, wie zum Beispiel Procain, eine Reduktion des Schwellenwerts verursachen kann und so teilweise der blockierenden Wirkung sogar entgegenwirkt (Taylor 1959a; Courtney 1988b).
 

Kalziumkanal

Eine in-vitro Studie zeigte, dass Bupivacain die spannungsabhängigen Kalziumströme von Neuronen dosisabhängig hemmte (Liu 2001a). Lidocain besitzt eine direkte hemmende Wirkung auf Kalziumkanäle in Membranen (Xiong 1998a).
 

Empfindlichkeit der Nervenfasertypen

Anhand der lokalanästhetischen Wirkung von Cocain bei Fröschen und Hunden wurde schon sehr früh beobachtet, dass die sensorische Funktion vor der motorischen Funktion blockiert wird (Gasser 1929a).
 
Eine Analgesie/Anästhesie ohne Verlust der motorischen Funktionen ist häufig erwünscht und kann mit angemessener Anwendung eines Lokalanästhetikums erreicht werden. Dies setzt voraus, dass sensorische Nervenfasern früher durch das Lokalanästhetikum blockiert werden als die grossen motorischen Fasern (Heavner 1996b). Lokalanästhetika verursachen nicht nur eine Analgesie, sondern auch eine Unempfindlichkeit für andere Sinnesqualitäten wie Temperatur, Berührung und mechanischen Druck (Erhardt 2004j).
 
Nervenfasern unterscheiden sich deutlich in ihrer Empfindlichkeit gegenüber einer Lokalanästhetikumblockade, und zwar aufgrund ihres Durchmessers und der An- oder Abwesenheit einer Myelinisation (Heavner 1996b; Khursheed 2001a; Lamont 2002a). Der Durchmesser der Nervenfaser scheint der entscheidende Faktor im Bezug auf die Sensitivität einer Nervenfaser gegenüber einem Lokalanästhetikum zu sein (Heavner 1996b; Lamont 2002a). Das heisst, dass kleinere nicht myelinisierte Fasern vorzugsweise blockiert werden, weil die kritische Länge, über die ein Impuls passiv verbreitet werden kann, kürzer ist. Bei myelinisierten Nerven sollte die minimale Lokalanästhetikumkonzentration gross genug sein, um drei aufeinander folgende Ranvier'sche Knoten zu blockieren, damit die elektrische Fortleitung über ein Axon gestoppt wird. Die Blockade von Fasern mit kürzeren internodalen Abständen ist somit begünstigt (Heavner 1996b; Lamont 2002a).
 
Daher werden normalerweise zuerst die kleinen nicht myelinisierten C-Fasern (Schmerzempfinden), mit hohen Leitungsraten und kurzen Distanzen, vor den kleinen myelinisierten -Fasern (Schmerz und Temperaturempfinden) blockiert, die wiederum vor den grösseren myelinisierten -, - und -Fasern (Berührungen, Druck und motorische Informationen) blockiert werden (Heavner 1996b; Lamont 2002a). Die A-Fasern vermitteln den hellen Oberflächenschmerz, während die C-Fasern für den dumpfen, bohrenden Tiefenschmerz verantwortlich sind (Burgis 2002a). Daher werden die Empfindungen in der Reihenfolge Schmerz, Hitze und Kälte, Berührung und Druck, ausgeschaltet und treten nach Abklingen der Lokalanästhesie in entgegengesetzter Reihenfolge wieder auf (Skarda 1987a).
 
Wegen anatomischer Gegebenheiten gibt es gewisse Ausnahmen von der Regel, dass eine Nervenblockade abhängig von der Grösse und dem Grad der Myelinisation einer Nervenfaser ist. So sind in grossen peripheren Nervenstämmen die motorischen Nerven eher peripher angeordnet und darum auch zuerst dem Lokalanästhetikum ausgesetzt. Deshalb kann unter diesen Umständen eine motorische vor einer sensorischen Blockade auftreten. Ebenso ist es wichtig zu beachten, dass die Hülle bei einem peripheren Nervenstamm die sensorische Innervation der proximalen Gliedmasse enthält, während der Kern aus den sensorischen Nerven der distalen Extremität besteht. Darum wird sich eine Anästhesie von proximal zu distal ausbreiten (Khursheed 2001a).
 
In-vitro wurde gezeigt, dass Chloroprocain, Lidocain und Bupivacain zuerst die C-Fasern blockieren. Etidocain blockiert zuerst die Aδ-Fasern (Ford 1984b; Wildsmith 1987a). Aα-Fasern wurden von allen im Versuch verwendeten Lokalanästhetika zuletzt blockiert (Ford 1984b).
 
Eine weitere in-vitro Studie an isolierten Vagusnerven von Kaninchen zeigte, dass Bupivacain die Nervenmembran von A-Fasern langsamer erreicht als Etidocain. Die Unterschiede zwischen Bupivacain und Etidocain im pKa-Wert und im Grad der Ionisation könnten das raschere Auftreten der Blockade der A-Fasern durch Etidocain erklären (Gissen 1982a). In-vitro wurde auch die Empfindlichkeit von Aβ‑, δ- und C-Fasern des Vagusnerven der Ratte auf Bupivacain und Etidocain untersucht. Bei den Aβ-Fasern hatten bei 35 - 37°C und 50 μmol/l beide Substanzen ähnliche Effekte auf die Aktionspotential-Amplitude, während bei höheren Konzentrationen (100 und 200 μmol/l) die die grösste mittlere Dämpfung bei Etidocain beobachtet wurde (Rosenberg 1983a).
 

Einfluss der Konzentration

Die relative Sensitivität der verschiedenen Nervenfasern gegenüber Bupivacain wurde an isolierten Vagus- und Ischiasnerven von Kaninchen untersucht. Eine Reduktion der Aktionspotentialamplitude um 50%, trat bei A- Fasern (30 - 60m/s) mit 0,048 mM, bei B-Fasern (5 - 15 m/s) mit 0,134 mM und bei C-Fasern (< 1 m/s) mit 0,201 mM Bupivacain auf (Gissen 1980a). Eine andere Studie untersuchte die Wirkung von Bupivacain (im Vergleich mit Chloroprocain) auf die verschiedenen Nervenfasertypen an isolierten Rattennerven. Bupivacain 200 μmol/l verursachte eine totale Blockade sämtlicher B-Fasern innerhalb 7 Minuten und aller C-Fasern innerhalb von 10 Minuten. Die durchschnittliche Aktionspotentialamplitude von A-Fasern zu diesem Zeitpunkt reduzierte sich auf 78% (Rosenberg 1980a).
 

Einfluss der Temperatur

Die Kühlung von Säugetiernerven in-vitro verlangsamt die Leitungsgeschwindigkeit und erhöht die Empfindlichkeit der Nerven gegenüber Lokalanästhetika (Rosenberg 1980b).
 

Glatte Gefässmuskulatur

Direkte vasokonstriktorische Wirkungen von Lokalanästhetika wurden, nicht nur an uterinen Gefässen, sondern auch an anderen Gefässen, in-vivo (Jorfeldt 1970a; Blair 1975a) und in in-vitro (Blair 1975a; Lanz 1979a) beobachtet. Allerdings wurde auch beobachtet, dass Lokalanästhetika dosisabhängig vasokonstriktiv wie auch dilatierend wirken können. Dies wird mit der Verdrängung von Kalziumionen aus der Zellmembran und aus dem Zytoplasma erklärt (Blair 1975a; Lanz 1979a).
 

Prostaglandinsynthese

In-vitro wurde gezeigt, dass Lokalanästhetika die spontane Prostaglandinbildung in Homogenaten (d.h. zerstörten Zellen) hemmen können, und zwar in Konzentrationen, die für eine lokale Anästhesie verwendet werden. Die inhibitorische Wirkung der Lokalanästhetika hängt mit ihrer Wirkungsstärke zusammen. Diese hemmende Wirkung könnte entweder durch die verminderte Freisetzung der Vorstufe von Fettsäuren, durch eine verringerte Umwandlung dieser Vorstufen in die entsprechenden Prostaglandine, oder durch eine Hemmung dieser beiden Schritte zustande kommen (Kunze 1974a).
 

ZNS

Die stimulierende Wirkung der Lokalanästhetika auf das Gehirn führte zum Missbrauch bei Pferderennen (Hall 2001c).
 

Antimikrobielle Wirkung

Bei vielen Lokalanästhetika, welche routinemässig bei kleinen chirurgischen Eingriffen und zur postoperativen Schmerzausschaltung eingesetzt werden, wird eine antimikrobielle Wirkung beobachtet (Steffey 1995d; Parr 1999a; Aydin 2001a). Die Verwendung von Lidocain 1%, 2% und 4% zeigte eine dosisabhängige Wachstumshemmung verschiedener Bakterienstämme (z.B. E. coli, Staph. aureus) (Skarda 2007a). Ebenso zeigte Prilocain 1% eine starke antimikrobielle Wirkung (Aydin 2001a). Dagegen hatte Bupivacain 0,25% und 0,5% nur eine geringe antimikrobielle Wirkung und Ropivacain besass keine Wirkung auf diese Organismen (Skarda 2007a).
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