Wirkstoff - Indikationen
Atropin

Anästhesie

-Präanästhetisch zur Hemmung der bronchialen Sekretion (Plumb 1999a); diese Indikation lehnen andere Autoren ab (Skarda 1995a). Atropin kann zwar eine durch den alpha2-Adrenozeptorblocker Medetomidin ausgelöste schwere Bradykardie beseitigen, führt aber zu einer verlängerten und schweren Hypertension in Assoziation mit einer Tachykardie. Die routinemäßige Kombination wirkt sich also eher negativ aus (Alibhai 1996b).
 

Kardiovaskuläres System

-Sinusbradykardie (Plumb 1999a; Kraft 1999a), bzw. schwere Sinusbradykardie (Adams 1995b; Schütz 1998a) oder Sinusknotenstillstand (Plumb 1999a; Adams 1995b) als Folge einer Vaguserregung und Akkumulation von Acetylcholin (Adams 1995b).
-AV-Block ersten (Plumb 1999a; Ungemach 1994c), zweiten (Plumb 1999a; Schütz 1998a; Ungemach 1994c) und dritten Grades (Schütz 1998a)
-Bradykarde Rhythmusstörungen (Schütz 1998a; Skarda 1995a), bzw. supraventrikuläre, vagal bedingte Bradyarrhythmien (Ungemach 1994c)
-Sinuatrialer Block (Ungemach 1994c)
 

Intoxikationen

-Antidot bei Überdosis von cholinergen Therapeutika (Plumb 1999a)
-Antidot bei Vergiftung mit Organophosphaten (Plumb 1999a; Kraft 1999a; Bayley 1999a) oder Muskarin-enthaltenden Pilzen (Plumb 1999a)
-Verapamil-Intoxikation (Gay 1986a)
 

Gastrointestinaltrakt

-Salivation (Plumb 1999a)
 

Respirationstrakt

-Bronchospasmus (Kraft 1999a; Plumb 1999a)
 

Kombination mit anderen Wirkstoffen

Atropin - Labetolol

Antidot bei Vergiftungen mit Cholinesterasehemmern; Labetolol reduziert die Zunahme von Herzfrequenz und Blutdruck und wirkt antiarrhythmisch (Merican 1987a).
 

Atropin - Dopamin

-Herzblock; die Kombination von Atropin und Dopamin ist indiziert bei einem Herzblock, der nicht auf Atropin alleine anspricht (Whitton 1985a).
 

Atropin - Adrenalin

-Elektromechanische Dissoziation; experimentell hat die Kombination von Atropin mit Adrenalin bei elektromechanischer Dissoziation beim Hund positive Auswirkungen auf die Herzfunktion während der Erholungsphase (Blecic 1992a).
 

Atropin - Anästhetika

Atropin führt durch die parasympathische Blockade zu einer Beschleunigung der Herzfrequenz und der AV-Überleitung mit geringer Verbesserung der Kammerfunktion, erweitert die Luftwege und hemmt die Schleimsekretion. Da aber die parasympathische Blockade die Wirkung des Sympathikus erhöht, können Herzrhythmusstörungen bis hin zum Kammerflimmern die Folge sein. Die Beschleunigung der AV-Überleitung begünstigt das Entstehen einer supraventrikulären Tachykardie. Die visköse Schleimbildung in den Atemwegen kann bei kleinen Patienten (unter 7 kg Körpergewicht) zu einer Verstopfung der Luftwege führen. Deswegen ist der routinemäßige präanästhetische Einsatz kritisch zu beurteilen. Bei einer Narkose mit den alpha2-adrenergen Wirkstoffen Xylazin, Medetomidin und Dexmedetomidin, die nach anfänglichem Blutdruckanstieg zu einem reflektorisch erhöhten Parasympathikustonus führen, können entstehende Bradykardien durch Atropin oder Glykopyrrolat vermindert werden (Skarda 1995a).
 

Hund

-AV-Block höheren Grades (Fox 1999b)
-Symptomatische Sinusbradykardie (Fox 1999b) (wenn Ursache nicht therapierbar), sinuatrialer Block, symptomatischer AV-Block II.-Grades (Miller 1989a)
-Einsatz zur Prävention oder Therapie von Bradykardien, die durch einen erhöhten Parasympathikustonus verursacht werden; besonders bei kurzschädligen Hunderassen besteht vor und während der Narkose die Gefahr einer Sinusbradykardie mit oder ohne AV-Block, die auf Atropin oder Glykopyrrolat anspricht (Tamaoki 1990a). Bei Hunden mit einer Herzfrequenz von weniger als 140/Minute können durch die Gabe von Atropin vor der Narkose oftmals potentiell gefährliche Arrhythmien verhindert werden, die während der Einleitung oder der frühen Phase der Anästhesie auftreten können (Tilley 1997a).
 

Katze

-Sinusbradykardie (Tilley 1991a)
-AV-Block (Tilley 1991a)
-Sinusknotenerkrankungen (Tilley 1991a)
-Geriatrie: Sinusbradykardie, sinuatrialer Block, AV-Block I. und II. Grades (Miller 1989a)
 

Pferd

-Präanästhetisch bei Detomidin-Narkose (Alitalo 1986a)
-Diagnostische Bronchodilatation (Halbmayr 2003a)
 

Heimtiere

-Präanästhetisch zur Verminderung der bronchialen Sekretion (Morrisey 2004a; Schweigart 1995a) und zum Schutz des Herzens vor einer vagalen Stimulation. Einige Kaninchen besitzen eine Atropinesterase, welche diese Wirkungen aufheben. Deshalb ist bei dieser Spezies der Einsatz von Glykopyrrolat vorzuziehen (van Zeeland 2014b).
-Bradykardie (Morrisey 2004a; Schweigart 1995a)
-Organophosphatvergiftung (Schall 2005a; Fehr 2005a)
-Beim Kaninchen wird Atropin nur bei Operationen im Kopf-Halsbereich empfohlen. Es sollte 20 Minuten vor der Injektionsanästhesie verabreicht werden (Schall 2005a).
 

Zootiere

-Präanästhetisch (Spelman 2004a; Mama 2000a)
-Bradykardie (Pearce 1989a)
 

Reptilien

-Präanästhetisch: Die Anwendung wird kontrovers diskutiert und bei Schildkröten nicht empfohlen. Bei Echsen und Schlangen kann Atropinsulfat zur Verringerung der bronchialen Sekretion eingesetzt werden, ist aber in der Regel nicht nötig und wird routinemässig nicht eingesetzt (Zwart 2005c; Zwart 2005b; Sassenburg 2005b; Schumacher 2006a).
 

Vögel

-Organophosphatvergiftung (Tully 1997a; Clubb 1986a)
 
Atropinsulfat bei Vögeln nicht als Präanästhetikum empfohlen (Tully 1997a)!