Wirkstoff - Unerwünschte Wirkungen
Methimazol

Allgemein

Unerwünschte Wirkungen im Zusammenhang mit einer Methimazolapplikation können jederzeit auftreten, werden aber meistens in den ersten drei Monaten der Therapie beobachtet (Mooney 2000a; Kintzer 1994a; Meric 1989a; Peterson 1988a; Thoday 1992a; Behrend 2006a; Trepanier 2007a).
 

Systemische Nebenwirkungen

Gastrointestinaltrakt

Milde klinische Nebenwirkungen wie Anorexie, Erbrechen und Lethargie treten bei ca. 10 - 15% der Katzen auf. Diese Reaktionen sind am häufigsten innerhalb der ersten 4 Behandlungswochen zu beobachten. Sie sind meistens nur vorübergehend und verschwinden trotz fortgesetzter Behandlung bzw. durch eine Dosisreduktion (Kintzer 1994a; Meric 1989a; Peterson 1988a; Trepanier 1990a; Peterson 1989a; Thoday 1992a; Trepanier 2007a).
 
Bei der transdermalen Verabreichung von Methimazol ist die Inzidenz von gastrointestinalen Nebenwirkungen geringer als bei oraler Applikation (Lecuyer 2006a; Sartor 2004a; Hoffmann 2003a).
 

Leber

Eine Hepatopathie ist eine schwere unerwünschte Nebenwirkung, charakterisiert durch massiv erhöhte Werte der Alanin-Aminotransferase (ALT), Alkalischen Phosphatase (AP) und des Gesamtbilirubins. Sie kann bei ca. 2% der behandelten Katzen beobachtet werden. Die histologischen Veränderungen bestehen in einer Leberzellnekrose und -degeneration. Die Erhöhung der Leberenzyme ist in der Regel nach dem Absetzen von Methimazol reversibel, jedoch ist bei erneuter Gabe von Methimazol ein Wiederauftreten der Hepatopathie sehr wahrscheinlich (Kintzer 1994a; Peterson 1988a; Peterson 1989a; Thoday 1992a; Trepanier 2007a).
 

Hämatologisches System

Milde hämatologische Störungen treten häufig (16%) während der Methimazoltherapie auf. Diese beinhalten Eosinophilie, Lymphozytose und Leukopenie und sind ohne klinische Bedeutung (Meric 1989a; Peterson 1988a; Peterson 1989a; Thoday 1992a; Behrend 2006a). Seltener können auch schwere hämatologische Störungen auftreten, dies sind Thrombozytopenie (weniger als 75'000 pro Mikroliter) und Agranulozytose (schwere Leukopenie mit einer totalen Granulozytenzahl von weniger als 250 pro Mikroliter) (Mooney 2000a; Kintzer 1994a; Meric 1989a; Peterson 1988a; Trepanier 1990a; Peterson 1989a; Behrend 2006a).
 
Obwohl Hepatopathie, Thrombozytopenie und Agranulozytose bei weniger als 3% der behandelten Katzen auftreten, muss in diesem Fall die Therapie mit Methimazol sofort abgebrochen werden. Da diese schweren Nebenwirkungen normalerweise bei erneuter Methimazolapplikation wieder auftreten, sollte eine alternative Therapie (Radioiodtherapie, Thyreoidektomie) in Betracht gezogen werden (Kintzer 1994a).
 
Sehr selten kann eine hämolytische Anämie beobachtet werden; meist reversibel nach Abbruch der Therapie (Anonymous 2002a).
 

Nieren

Bei der Therapie von hyperthyreoten Katzen stellt man eine relativ hohe Inzidenz von Nierenversagen bei den behandelten Patienten fest (Graves 1995b). Diese potentielle Nebenwirkung ist nicht spezifisch für eine Behandlung mit Thyreostatika, sondern tritt auch nach radioaktiver Iodtherapie oder Thyreoidektomie auf (Mooney 2000a). Eine Nierenerkrankung kann durch eine Hyperthyreose aufgrund einer gesteigerten Nierendurchblutung sowie einer erhöhten glomerulären Filtrationsrate maskiert werden (Becker 2000a; Graves 1995b). Es empfiehlt sich vor der Behandlung der Hyperthyreose die Leistungsfähigkeit der Nieren gut abzuklären. Katzen mit offensichtlicher Niereninsuffizienz profitieren mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht von einer Methimazolbehandlung (DiBartola St 2000a; Graves 1995b). In Fällen einer Hyperthyreose und gleichzeitiger Niereninsuffizienz sollte die Katze nur mit thyreostatischen Medikamenten behandelt werden, welche bei einer allfälligen Verschlimmerung der Azotämie wieder abgesetzt werden können (Becker 2000a; DiBartola St 2000a; Graves 1995b).
 

Haut (Pruritus)

Etwa 2 - 3% der behandelten Katzen entwickeln Exkoriationen am Kopf und am Hals. Es entstehen typische krustige Läsionen, besonders im Schläfenbereich, welche zum Teil auf Glukokortikoide ansprechen. Meistens ist ein Unterbruch der Therapie nötig (Kintzer 1994a; Trepanier 1990a; Peterson 1989a; Thoday 1992a; Trepanier 2007a).
 
Bei der transdermalen Verabreichung von Methimazol können in Einzelfällen faziale Erytheme oder Exkoriationen beobachtet werden. Auch bei einer Langzeittherapie sind Hautreizungen an der Applikationsstelle (Innenseite der Ohrmuschel) möglich (Lecuyer 2006a; Sartor 2004a).
 

Immunsystem

Eine potentiell schwerwiegende Komplikation ist die Entwicklung von antinukleären Antikörpern (ANA) im Serum. Ungefähr 50% der Katzen, die länger als 6 Monate behandelt werden, entwickeln Serum ANA, und die meisten dieser Katzen erhalten Tagesdosen von 15 mg oder mehr. Obwohl man noch nie eine klinische Lupus-Erkrankung beobachtet hat, sollte man die Tagesdosis auf die kleinste, wirksame Menge reduzieren (Mooney 2000a; Kintzer 1994a; Peterson 1988a; Peterson 1989a; Thoday 1992a). Bei einer kleinen Anzahl behandelter Katzen findet man einen positiven Coombs-Test, aber eine immunhämolytische Anämie, eine häufige Nebenwirkung bei Propylthiouracil, wurde mit Methimazol noch nie beschrieben (Peterson 1988a; Thoday 1992a).
 

Erworbene Myasthenia gravis

Eine sehr seltene Nebenwirkung der Methimazoltherapie ist die Entwicklung einer Myasthenia gravis. Es kommt zu einer neuromuskulären Schwäche, kombiniert mit der Bildung von Antikörpern gegen Acetylcholinrezeptoren. Ein Abbruch der Therapie und/oder die Verabreichung von Prednison führen zu einer schnellen Besserung (Trepanier 2007a).
 

Gravidität / Laktation

An das Muttertier verabreichtes Methimazol passiert die Plazenta in grossen Mengen und kann bei Katzenwelpen eine Hypothyreose induzieren. Weiter wird Methimazol in hohen Konzentrationen in der Muttermilch ausgeschieden; es wird daher empfohlen, Katzenwelpen von behandelten Muttertieren mit Milchersatz zu füttern, nachdem sie Kollostralmilch erhalten haben (Plumb 1995a).