Durch eine Gendeletion der UDP-Glucuronyltransferase (Pseudogene für UGT1A6 und UGT1A9) weisen Katzen aller Rassen nur eine rudimentäre Glukuronidierungsfähigkeit für gewisse Xenobiotika (v.a. phenolische Substanzen) auf (van Beusekom 2014a). Dadurch kann es bei Xenobiotika, die über den Weg der Konjugierung abgebaut werden, zu einer Akkumulation des Wirkstoffes und dadurch zu verschiedenen unerwünschten Arzneimittelwirkungen kommen (Court 2013a).
Die Gendeletion der UDP-Glucuronyltransferase tritt bei Katzen aller Rassen auf und führt schon nach geringen Dosen von p-Aminophenolderivaten zu Vergiftungserscheinungen (Wilcke 1984a; Court 1997a). Die fehlende Glukuronidierungskapazität wurde auch bei phylogenetisch eng verwandten Karnivoren wie Löwen, Hyänen, Zibetkatzen und Ginsterkatzen festgestellt (French 1974a).
Auch Nagetiere, speziell Mäuse und Hamster, gelten als empfindlich gegenüber p-Aminophenolderivaten (Ioannides 1983a).
Bei Jungtieren aller Tierarten besteht ebenfalls eine Vergiftungsgefahr aufgrund der noch unzureichend ausgebildeten Glukuronidierungsfähigkeit (Löscher 2003a).
Sämtliche Phenole lösen bei allen Katzenarten die weiter unten beschriebene Vergiftungsymptomatik unterschiedlich stark aus und sind somit kontraindiziert.
Dazu gehören die Wirkstoffe der Gruppe der p-Aminophenolderivate (Demuth 2003b):
Auch folgende Wirkstoffe führen, wenn unsachgemäss dosiert, zu den beschriebenen Symptomen (Taylor 1996a; Lascelles 2007a; [an error occurred while processing this directive]; Richardson 2000a; Sutton 2007a; Bischoff 1998a; Court 2013a):
Die Biotransformation der Acetylsalicylsäure (sowie von anderen Salicylaten) ist von diesem Defekt nicht betroffen, wohl aber vom Glycinkonjugations-Defekt; daher ist auch deren Elimination bei der Katze beinträchtigt (Court 2013a).
Paracetamol (Katze) | : p.o. 46 mg/kg (Mayer 1991a) |
Acetylsalicylsäure (Katze) | : p.o. 25 mg/kg 2 × täglich (Ungemach 1994a) |
Durch den vermehrt gebildeten Metaboliten N-acetyl-p-benzo-quinon-imin (NAPQI) treten Anzeichen einer Paracetamolvergiftung meist erst bei fortgeschrittener Leberschädigung 12 - 36 Stunden nach Aufnahme des Wirkstoffes auf. Die Vergiftungssymptome sind gekennzeichnet durch Methämoglobinämie (schiefergraufarbenes Blut), Hämaturie, Ikterus, Anämie, Zyanose, Lebernekrosen, Dyspnoe, Tachykardie sowie Ödeme an Kopf und Pfoten (Löscher 2003a; Plumb 1995a).
Innerhalb von 8 Stunden nach erfolgter Paracetamolvergiftung sollte mit einer hochdosierten Acetylcystein-Therapie (Antidot in Form von Glutathion) begonnen werden:
150 mg/kg Acetylcystein unverdünnt, langsam i.v., gefolgt von einer in 5%iger Glukoselösung verdünnten Infusionstherapie von 12,5 mg/kg/h Acetylcystein für 4 Stunden, danach 6,25 mg/kg/h während 16 Stunden. Die Gesamtdosis an Acetylcystein beträgt 300 mg/kg (Ungemach 1999g).
Zusätzlich wird eine Dekontamination (Aktivkohle, Erbrechen), eine an den Patienten angepasste Flüssigkeitstherapie, sowie die Gabe von Ascorbinsäure empfohlen.
Bei einem Hämatokrit unter 20% sollte eine Bluttransfusion in Betracht gezogen werden (Mayer 1991a; Plumb 1995a; Ungemach 1994a).
Aufgrund der verminderten Fähigkeit zur Glukuronidierung wird Propofol bei Katzen verzögert ausgeschieden und schädigt die Erythrozyten oxidativ. Dabei entstehen Heinz-Körperchen und eine Methämoglobinämie (Glowaski 1999a; Plumb 1999a; Branson 2001a); eine Anämie tritt normalerweise nicht auf. Nach wiederholter Anwendung von Propofol bei gesunden Katzen (täglich während 30 Minuten über 5 - 7 Tage) kam es zur Bildung von Heinz-Körperchen, Übelkeit, Anorexie, Durchfall und einer verlängerten Aufwachphase (Andress 1995a). Die Heinz-Körperchen-Bildung scheint jedoch nicht immer klinisch relevant zu sein (Bley 2007a) und ist auch dosisabhängig, da es nach repetitiver Anwendung von tieferen Dosierungen Propofol zu deutlich weniger hämatologischen Veränderungen kommt (Matthews 2004a). Wird Propofol nur einmal täglich injiziert, verändert sich das Blutbild und Verhalten bei den Katzen nicht (Glowaski 1999a).
Zusätzlich besteht eine starke Korrelation zwischen der Bildung von Heinz-Körperchen und Diabetes mellitus, Hyperthyreose und Neoplasien. Deshalb sollte bei Katzen mit den genannten systemischen Erkrankungen Propofol vermieden, oder zumindest vorsichtig anwendet werden (Andress 1995a).
Die Glukuronidierung dient dazu Xenobiotika und Endobiotika in eine wasserlösliche Form zu bringen und so zu eliminieren. Pharmakologisch wichtig ist in diesem Zusammenhang die Konjugation von Phenolen, die durch diese Reaktion metabolisiert werden. Nach Aufnahme des Wirkstoffes wird der grösste Teil davon durch Enzyme der UDP-Glucuronyltransferase-Familie glukuronidiert und über die Gallenflüssigkeit ausgeschieden. Eine kleine Menge wird über den alternativen Cytochrom P450-Stoffwechselweg zu N-acetyl-p-benzo-quinon-imin (NAPQI), einem starken Oxidationsmittel, verstoffwechselt. Daraufhin wird NAPQI durch eine Konjugation mit Glutathion inaktiviert (Bock 2005a; Tukey 2000a).
Durch eine Deletion von UDP-Glucuronyltransferase-Genen (1A6 und 1A9) und dem daraus folgenden Fehlen der UGT1A6 und UGT1A9 können die p-Aminophenolderivate nicht ausreichend glukuronidiert und somit metabolisiert werden. Durch die verlangsamte Elimination kommt es einerseits zu einer Akkumulation des Wirkstoffes im Körper (und somit zu einer verlängerten Wirkungszeit) und andererseits zu einem vermehrten Abbau über den alternativen Weg via Cytochrom P450 zum Metaboliten NAPQI. Durch den im Vergleich zu anderen Spezies geringeren Glutathiongehalt feliner Zellen sind die Glutathionreserven nach kurzer Zeit erschöpft und es kommt zu einer Akkumulation der schädlichen NAPQI-Metaboliten (Capel 1974a; Boothe 1991a; Mayer 1991a).
Wegen der fehlenden Glutathionkonjugation binden die verbleibenden NAPQI-Metaboliten kovalent an verschiedene Zellproteine und formen inaktive Konjugate; dies führt zu irreversiblen hepatischen Zellschädigungen (Plumb 1995a; Mladenovic 2009a). Gleichzeitig wird die Bildung von Methämoglobin begünstigt (Mayer 1991a).