2. Quellen
Grundsätzlich kommen fast alle Küchenabfälle oder Speisereste in Frage, dennoch enthalten manche Lebensmittel, wie zum Beispiele Eier, rohes Fleisch, Fisch, Konserven und Milchprodukte häufiger Lebensmittelvergifter als andere Nahrung. Lebensmittelvergiftungen bei Kleintieren häufen sich während den warmen Jahreszeiten.
3. Kinetik
Die Aufnahme, Gewebsverteilung und Ausscheidung der Toxine ist sehr unterschiedlich. Da die Toxine oder Toxinbildner gemeinsam mit der Nahrung aufgenommen werden, ist die Geschwindigkeit der Resorption unter anderem von der Beschaffenheit der aufgenommenen Nahrung abhängig.
4. Toxisches Prinzip
Auch die beteiligten pathophysiologischen Mechanismen sind sehr vielfältig. Die toxischen Wirkungen kommen beispielsweise durch rezeptorvermittelte Beeinträchtigung der Magen-Darm-Funktionen (Enterotoxine), durch Endotoxin-Schock und disseminierte intravasale Gerinnung (DIC), durch Leber- oder Nierenschädigung (Aflatoxine), durch Stimulation des Brechzentrums (Vomitoxin), durch Erregung zentraler Neuronen (Penitreme) oder durch Blockierung der neuromuskulären Übertragung zustande (siehe Botulinustoxin
Kleintier und
Pferd).
5. Toxizität bei Labortieren
Am gefährlichsten ist das Botulinustoxin mit einer letalen Dosis von wenigen Nanogramm pro kg Körpergewicht.
Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):
| Maus | Ratte | Kaninchen | Huhn |
Aflatoxin B1 | | 5.5-17.9 | | 6.3 |
Aflatoxin B2 | 570 | > 116 | | |
Aflatoxin G1 | | 2-4 | | |
Aflatoxin G2 | | 232 | | |
Aflatoxin M1 | | > 1.5 | | |
Die akuten oralen LD
50-Werte von Aflatoxin B
1 sind für weitere Spezies wie folgt (in mg/kg Körpergewicht): Hund 0.5-1.0, Katze 0.6, Hamster 10.2 und Meerschwein 1.0.
Junge Enten sind besonders empfindlich (akute orale LD50 in mg/kg Körpergewicht):
| Junge Ente |
Aflatoxin B1 | 0.73 |
Aflatoxin B2 | 1.7 |
Aflatoxin G1 | 0.78 |
Aflatoxin G2 | 3.45 |
Aflatoxin M1 | 0.016 |
Karzinogenese: Bei der Ratte sind tägliche orale Aflatoxin B
1-Dosen von 0.01 mg/kg Körpergewicht krebserregend.
II. Spezielle Toxikologie - Kleintier
1. Toxizität
Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):
| Hund | Hundewelpe | Katze |
Aflatoxin B1 | 1.0 | 0.5 | 0.6 |
2. Latenz
Die Inkubationszeit beträgt bei den meisten Lebensmittelvergiftungen 2-12 Stunden. Eine Spontanheilung tritt häufig innerhalb von 48 Stunden ein.
3. Symptome
Die häufigsten Anzeichen einer Lebensmittelvergiftung sind wie folgt:
3.1 | Allgemeinzustand, Verhalten |
| Depression, Hyperthermie, Dehydratation; im Fall eines Schocks Hypothermie |
|
3.2 | Nervensystem |
| Tremor |
|
3.3 | Oberer Gastrointestinaltrakt |
| Erbrechen |
|
3.4 | Unterer Gastrointestinaltrakt |
| Durchfall oder Ileus, Meteorismus, Kolik |
|
3.5 | Respirationstrakt |
| Keine Symptome |
|
3.6 | Herz, Kreislauf |
| Hypotonie, Kreislaufschwäche, Tachykardie |
|
3.7 | Bewegungsapparat |
| Keine Symptome |
|
3.8 | Augen, Augenlider |
| Keine Symptome |
|
3.9 | Harntrakt |
| Oligurie, Anurie, Nierenversagen |
|
3.10 | Fell, Haut, Schleimhäute |
| Dehydratation, Zyanose |
|
3.11 | Blut, Blutbildung |
| Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC) |
|
3.12 | Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation |
| Keine Symptome |
4. Sektionsbefunde
- | Gastroenteritis |
- | Lebernekrosen |
- | Nierendegeneration |
5. Weiterführende Diagnostik
- | Nachweis der toxinproduzierenden Mikroorganismen |
- | Nachweis der Toxine im verdächtigen Lebensmittel oder Mageninhalt |
- | Blutchemie: Harnstoff und Kreatinin sind im Fall eines Nierenversagens erhöht |
- | Differentialblutbild: Erst Leukopenie und Neutropenie, dann Leukozytose |
- | Die im Labor untersuchten Parameter des erkrankten Tieres entsprechen oft denen des Schockpatienten |
6. Differentialdiagnose
- | Gastroenteritis viraler oder bakterieller Genese |
- | Fremdkörper |
- | Magendrehung |
- | Ileus |
- | Schock anderer Genese |
- | Bakterielle Enzephalitis |
7. Therapie
7.2 | Dekontamination und Elimination |
- | Oft ist es nicht notwendig, Erbrechen auszulösen, da der Patient dies schon zeigt. Sollte trotz Erbrechen der Magen noch nicht vollständig entleert sein (Röntgenkontrolle), kann, sofern der Schluckreflex gut ist, alle 2-4 Stunden wiederholt Aktivkohle mit einem Laxans, z.B. Carbodote, Trinklösung (24 g Carbo activatus/100 ml) oder Carbovit® (15 g Carbo activatus/100 ml) verabreicht werden. |
7.3 | Forcierte renale Elimination |
7.4 | Weitere symptomatische Massnahmen |
- | Antiemetika (Metoclopramid, Domperidon), wenn das Erbrechen auch nach vollständiger Leerung des Magens anhält. |
- | Behandlung der Kolik mit Analgetika |
- | Regulierung der Körpertemperatur |
- | Antibiotische Versorgung: Breitbandantibiotika bei Endotoxämie oder blutigem Durchfall |
- | DIC: Heparin, 100-250 IE/kg Körpergewicht i.v. oder s.c. alle 6 Stunden |
8. Fallbeispiele
Vier Würfe von Rottweilerwelpen zweier Züchter erkrankten unmittelbar nach Zufütterung eines handelsüblichen Milchpulvers. Symptome: Vomitus, Diarrhoe, erhöhte Darmperistaltik. Die bakteriologische Untersuchung ergab eine Kontamination des Futtermittels mit Bacillus cereus in einer Grössenordung von 2.7 - 3.5 x 10
4 CFU/g. Dieser Befund deutete auf eine durch B. cereus bedingte Futtermittelintoxikation hin (Gareis & Walz, 1994).
9. Literatur
Barker WH & Gangarosa EJ (1974) Food poisoning due to Vibrio parahaemolyticus. Ann Rev Med 25, 75-81
Berthelin-Baker C (1996) Disorders affecting the neuromuscular junction in dogs and cats. Summa 13, 29-36
Chastain CB & Harris DL (1974) Association of Bacillus cereus with food poisoning in dogs. J Am Vet Med Assoc 164, 489-490
Ellenhorn MJ (1997) Foodborne illness, botulism. In: Medical Toxicology, 2nd edition (J. Ellenhorn, ed), Williams & Wilkins, Baltimore, pp 1038-1057
Gareis M & Walz A (1994) Vergiftungsfälle bei Rottweilerwelpen durch Milchpulver, kontaminiert mit Bacillus cereus. Tierärztl. Umschau 49, 319-322
Gfeller RW & Messonnier SP (2004) Handbook of Small Animal Toxicology and Poisonings, Mosby, St. Louis, pp 147-177
Humphreys DJ (1988) Mycotoxins. In: Veterinary Toxicology, Bailliere Tindall, pp 283-300
Raevuori M & Pekkanan TJ (1976) The occurence of Bacillus cereus in Finnish dog food sausages; a microbiological and physiochemical survey. Nord Veterinaermed 28, 309-315