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Zutreffende Spezies (Botanik)

Jacobaea maritima (L.) Pelser & Meijden - sehr stark giftig
Pericallis x hybrida (Scheidw.) B.Nord. - stark giftig
Senecio alpinus (L.) Scop. - sehr stark giftig
Senecio aquaticus Hill - sehr stark giftig
Senecio erucifolius L. - sehr stark giftig
Senecio inaequidens DC. - sehr stark giftig
Senecio jacobaea L. - sehr stark giftig
Senecio paludosus L. - sehr stark giftig
Senecio vulgaris L. - sehr stark giftig
 

Toxizitätsgrad

Stark giftig ++ bis sehr stark giftig +++ (Erläuterungen)
Vögel: sehr stark giftig +++
 

Hauptwirkstoffe

Pyrrolizidinalkaloide: Jacobin, Jaconin, Jacodin, Senecionin, Retrorsin, Seneciphyllin, Senkirkin u.a. Der Alkaloidgehalt beträgt durchschnittlich 0.2% (in der Trockenmasse). Die Toxine sind auch in Dürrfutter und Silage wirksam. Kochen zerstört die Pyrrolizidinalkaloide nicht.
Dicarbonsäuren: Oxalate.
 

 

Zielorgane

Leber
 

Wirkungsmechanismen

Bestimmend für den toxischen Effekt ist die totale Aufnahme der Pyrrolizidinalkaloide, egal über welchen Zeitraum die Alkaloide aufgenommen wurden. Die Auswirkungen einer Pyrrolizidin-Vergiftung sind kumulativ: Die Pyrrolizidinalkaloide werden in der Leber in Metaboliten umgewandelt, welche irreversibel mit der DNA und anderen Makromolekülen reagieren und zur Schädigung der Leberzellen führen, was auch viele Monate nach der Aufnahme der Alkaloid-haltigen Pflanzen zum Tode führen kann.
Untersuchungen bei Schafen haben gezeigt, dass eine partielle Detoxifikation der Pyrrolizidinalkaloide in den Vormägen der Wiederkäuer erfolgt (Cheeke, 1994).
 
Veterinärtoxikologie

Letale Dosis

Pferd, Rind p.o.:5-20% des Körpergewichts = 0.05-0.20 kg Senecio jacobaea (Frischpflanze)/kg Körpergewicht (Lorgue et al., 1987; Goeger et al., 1982; Stegelmeier, 2004)
Ziege p.o.:125-400% des Körpergewichts = 1.25-4.0 kg Senecio jacobaea (Frischpflanze)/kg Körpergewicht (total 29.8-71.5 kg) über 152-388 Tage (Goeger et al., 1982)
Schaf p.o.:> 2 kg Senecio jacobaea (Frischpflanze)/kg Körpergewicht (Goeger et al., 1982; Liebenow & Liebenow, 1993)
Huhn p.o.:50 g Senecio jacobaea (Frischpflanze)/kg Körpergewicht (Goeger et al., 1982; Liebenow & Liebenow, 1993)
Maus p.o.:1.5 kg Senecio jacobaea (Frischpflanze)/kg Körpergewicht (Liebenow & Liebenow, 1993)
Ratte p.o.:0.05-0.50 kg Senecio jacobaea (Frischpflanze)/kg Körpergewicht (Goeger et al., 1982; Liebenow & Liebenow, 1993)
LDmin Rind p.o.: 1-2 mg Pyrrolizidinalkaloide/kg Körpergewicht/Tag
Chronische LD beim Rind p.o.: 2.5 mg Pyrrolizidinalkaloide/kg Körpergewicht für 18 Tage (Stegelmeier, 2004).
 
Fütterungsversuche:
Pferd: 1) Einem 14 Jahre alten Shetland-Pony wurden täglich 60 g/kg Körpergewicht einer getrockneten, 0.6% pyrrolizidinalkaloidhaltigen Pflanze gemischt mit 1.4 kg Getreide und Heu ad libitum, bis zur Verweigerung des Pflanzenmischfutters, gefüttert. 3 Wochen später wurde das Pferd euthanasiert. Makroskopisch zeigte die Leber keine Veränderung. Histologisch fanden sich eine biliäre Hyperplasie und Fibrose (Knight et al., 1984).
2) Einem Pferd wurde während 65 Tagen täglich 42.5 g frische Senecio burchelli gefüttert. Das Pferd zeigte nur Konditionsverlust. Die Leber war zirrhotisch (Craig & Kehoe, 1921).
3) 2 Pferde wurden mit Senecio latifolius gefüttert. Das erste erhielt täglich 907 g der getrockneten Pflanze, 13 Tage lang. Am 14. Tag verweigerte es das Futter und wurde krank, am 16. Tag verstarb es.
Das zweite bekam 113 g während 64 Tagen. Das Pferd zeigte einen graduellen Konditionsverlust und nach dem Ende des Versuchs 3 Tage lang Kolik. Am 5. Tag nach Versuchsende frass es nicht mehr und starb 4 Tage später (Craig & Kehoe, 1921).
4) 24 Pferde und ein Esel wurden mit Senecio latifolius gefüttert. Die Tiere bekamen 170-737 g täglich während 46-100 Tagen. Ein Pferd frass kein Senecio. Die anderen 23 Pferde starben wenige Tage nach dem Auftreten der ersten Krankheitssymptome, beziehungsweise 20-96 Tage nach Absetzen des Senecio-haltigen Futters (Craig & Kehoe, 1921).
Rind: 1) Einem 180 kg schweren Tier wurden täglich 180 g Senecio jacobea über 38 Tage verfüttert, das heisst insgesamt 6.9 kg. Nach 54 Tagen erkrankte das Tier und starb am 55. Tag.
2) Einem 180 kg Tier wurden über 128 Tage insgesamt 23 kg Senecio jacobea verfüttert. Dieses Tier erkrankte nach 166 Tagen und starb am 167. Tag.
3) An drei Rinder wurde 3.0 bis 30.0 mg Pyrrolizidinalkaloide/kg Körpergewicht und Tag über 18 bis 30 Tage verfüttert. In keinem Fall gab es akute Intoxikationserscheinungen. Nach mehreren Monaten zeigten alle drei Tiere schwere Lebererkrankungen. Histologisch konnte in den Lebern eine Megalozytose nachgewiesen werden.
4) 12 Herefordkälber (durchschnittlich 180 kg schwer) wurden 3 Tage lang mit 0.62 g getrocknetem Senecio jacobea/kg Körpergewicht (1.11 mg Pyrrolizidinalkaloide/kg Körpergewicht) gefüttert, anschliessend 17 Tage lang mit 1.25 g getrocknetem Senecio jacobea/kg Körpergewicht (2.25 mg Pyrrolizidinalkaloide/kg Körpergewicht). Nach 7-11 Tagen frassen die Tiere nur noch die Hälfte, ab dem 20. Tag trat Lethargie und Depression auf und die Tiere starben zwischen dem 25. und 182. Tag (Johnson, 1982).
5) 4 Herefordkälber (durchschnittlich 140 kg schwer) wurde 28 Tage lang mit 0.75 g getrocknetem Senecio jacobea/kg Körpergewicht (1.35 mg Pyrrolizidinalkaloide/kg Körpergewicht) und 4 gleichgewichtige Herefordkälber wurden 28 Tage lang mit 1.5 g getrocknetem Senecio jacobea/kg Körpergewicht (2.7 mg Pyrrolizidinalkaloide/kg Körpergewicht) gefüttert. Die Kälber mit der tieferen Dosis überlebten 98 Tage, diejenigen mit der höheren Dosis rund 40 Tage. Bis 2-3 Wochen vor dem Tod frassen die Tiere gut. Alle 20 Kälber wiesen eine Leberzirrhose auf (Johnson, 1982).
 

Klinische Symptome

Seneziose oder Schweinsberger Krankheit bei Pferd, Rind, Schaf, Ziege, Schwein und Geflügel, wobei die empfindlichsten Tierarten Schwein, Pferd Rind und Huhn sind. Toxizitäts-Index: Schwein = 1, Hühner = 5, Rinder und Pferde = 14, Ratten = 50, Mäuse = 150, Schafe und Ziegen = 200 (Stegelmeier, 2004).
Akut: Meist mit tödlichem Ausgang, verläuft in wenigen Tagen.
Chronisch: Im Verlauf von 3-5 Tagen bis 6 Monate nach Pflanzenaufnahme erste Symptome, die Seneciose verläuft chronisch progedient mit längeren stationären Phasen, das Terminalstadium verläuft meist innerhalb weniger Tage, kann sich aber über mehrere Wochen hinziehen.
Pferd: Konditionsverlust, Gewichtsverlust, Anorexie, Kolik, Obstipation oder blutige Diarrhoe, Tenesmus, evt. Rektumprolaps, Hämoglobinurie, häufiges Gähnen, Dyspnoe, Photosensibilität, Ikterus, später wegen Leberversagen hepatoenzephales Syndrom mit Unruhe, Taumeln, Ataxie, zielloses Wandern ("Walking Disease"), Zehenschleifen, Lecksucht, Blindheit, Kopfpressen, Depression, Konvulsionen, hepatisches Koma, Tod.
Rind: Anorexie, rapider Gewichtsverlust, reduzierte Milchleistung, rauhes struppiges Haarkleid, Photosensibilität, abnorm gefüllter Pansen wegen fehlender Pansenmotorik, Aszites, übelriechende wässerige oder blutige Diarrhoe, vereinzelt Rektumprolaps, evt. Symptome einer Hepatoencephalopathie mit Somnolenz, Lethargie, plötzliche Aufregungszustände und Vorwärtsdrängen, Tod.
Ziege: Anorexie, terminal Lethargie oder Opisthotonus.
 

Diagnose

Leberbiopsie, auch für eine prognostische Beurteilung.
Histologie der Leber, Rind und Pferd: Biliäre Hyperplasie, Nekrose der Hepatozyten, extensive Fibrose, Megalozytose, Zirrhose.
Sektion Pferd: Leber vergrössert und verhärtet, feine graue Linien unter der Kapsel; Magen: Magenschleimhaut mit Ulcera; Nieren: Leichtgradig gestaut.
Sektion Rind: Hochgradiges Wandödem des Labmagens, Erosionen und Ulcerationen in der Pylorusschleimhaut, Gekröseödem, hochgradiges Pankreasödem. Leber: Entweder vergrössert mit gespannter verdickter Kapsel, wobei Parenchym auf der Schnittfläche vorquillt oder verkleinert mit höckriger Oberfläche (Knoten bis 3 cm) und dicker Kapsel, von der breite Bindegewebsstränge zwischen den Knoten ins Parencham ragen und dem Gewebe auf der Schnittfläche eine mosaikartig Beschaffenheit verleihen. Bei beiden Formen der Leberveränderung ist die Gallenblase stark gefüllt. Die Gallenblasenwand ist hochgradig ödematsiert, in der Schleimhaut gibt es einzelne Petechien. Brust- und Herzbeutelflüssigkeit ist leichtgradig vermehrt, Petechien im Myokard.
Blutchemie Pferd: Hypoglykämie, Hypoalbuminämie, totales Bilirubin und Leberenzyme (γ-Glutamyltransferase/GGT, Alkalische Phosphatase/AP, Aspartat-Aminotransferase/ASAT/GOT) im Serum erhöht.
Blutuntersuchung Rind: γ-Glutamyltransferase/GGT im Serum erhöht, Neutrophilie ohne Linksverschiebung.
Sektion Ziege: Leber: blass, fest, knotig und fibrotisch. Histologie: Schwere hepatozelluläre Degeneration der Leber mit Vakuolisierung, Megalozytose, nukleären Chromatinklumpen und Proliferation der Gallengänge; milde pulmonäre Kongestion; chronische interstitielle Nephritis mit einem fibrotischen Kortex mit zahlreichen dilatierten Tubuli und interstitiellen Ansammlungen von Plasmazellen und Lymphozyten.
 

Therapie

Eine Behandlung der Vergiftung ist aussichtslos.
Sofortiges Absetzen des Pyrrolizidinalkaloid-haltigen Futters.
 
Veterinärpathologie

Sektionsbefunde

Leberzirrhose, periazinäre Leberfibrose, Gallengangsproliferation, Ascites, Nephritis.
 

Fall 1

Institut für Veterinärpathologie der Universität Zürich

Rind, BV, weiblich, 3jährig
Anamnese: wässrige Diarrhoe, Ascites (Transsudat), Heu- und Silofutter (z.T. durchsetzt mit Alpenkreuzkraut).
Pathologische Befunde: mittelgradige, periazinäre Leberfibrose mit mässiger Gallengangsproliferation und leichtgradiger gemischtzelliger diffuser Hepatitis.
Kommentar: Aufgrund der pathologisch-anatomischen Veränderungen scheint es sich um eine subakute-chronische, toxische Veränderung der Leber zu handeln, wobei eine Vergiftung mit einem Pyrrolizidin-Alkaloid nicht ausgeschlossen werden kann. Eine Futtermittelanalyse könnte diesen Verdacht erhärten.
 
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