Wirkungsort und -mechanismus
Atipamezol hat von allen α
2-Antagonisten die höchste Selektivität für die α
2-Rezeptoren (
Paddleford 1999b;
Fargetton 1989a). Im Vergeich zu Yohimbin hat Atipamezol eine 100-fach höhere Affinität für α
2-Rezeptoren (
Virtanen 1989a). Darum sollte bei der Antagonisierung von Medetomidin Atipamezol Yohimbin und Tolazolin vorgezogen werden (
Greene 1999a;
Sinclair 2003a).
Im Vergleich zu Yohimbin hat Atipamezol die gleiche Affinität zu den α
2A-, α
2B- und α
2C-Rezeptoren, aber eine 100 × höhere Affinität zu den α
2D-Rezeptoren, die im Hirnstamm von Schafen lokalisiert sind und nach Bindung eines α
2-Agonisten zu einer Sedation führen. Somit ist Atipamezol auch beim Schaf der wirkungsvollere Antagonist (
Schwartz 1998b).
Atipamezol hat keine Wirkungen auf β-, Histamin-, Serotonin-, Dopamin-, GABA- und Opioidrezeptoren, hat aber geringe Wirkungen auf die α
1-Rezeptoren (
Virtanen 1989a).
ZNS
Atipamezol ist ein wirksamer, selektiver und spezifischer Antagonist von zentralen und peripheren α
2-Rezeptoren (
Virtanen 1989a). Durch eine Hemmung der präsynaptischen α
2-Rezeptoren kommt es zu einer erhöhten Freisetzung von Noradrenalin (
Kitagawa 1982a;
Nguyen 1992a;
Ranheim 2000b).
Atipamezol hebt die sedativen (
Thompson 1991b) und analgetischen Wirkungen der α
2-Agonisten vollständig auf (
Jarvis 1991a).
Atipamezol antagonisiert auch die durch α
2-Agonisten induzierte Hypothermie (
Nishimura 1992b;
Verstegen 1993a).
Kardiovaskuläres System
Atipamezol hebt die durch den α
2-Agonisten verursachte Bradykardie auf (
Thompson 1991b;
Kinjavdekar 2003a;
Vainio 1990a) und führt zu einer Erhöhung der Herzfrequenz (
Verstegen 1991a;
Fargetton 1989a;
Tendillo 1996a). Zusätzlich wird der Herzrhythmus normalisiert (
Jarvis 1991a). Anfänglich führt Atipamezol durch eine Wirkung auf periphere α
2-Rezeptoren zu einem kurzanhaltenden Abfall des Blutdruckes (
Fargetton 1989a). Anschliessend kommt es zu einem Anstieg des Blutdrucks (
Kinjavdekar 2003a;
Savola 1989a;
Tendillo 1996a).
Respirationstrakt
Atipamezol führt zu einer erhöhten Atemfrequenz (
Jarvis 1991a;
Kinjavdekar 2003a;
Vainio 1990a;
Nguyen 1992a).
Gastrointestinaltrakt
Durch Atipamezol kommt es zu einer erhöhten intestinalen Motilität (
Kinjavdekar 2003a). Beim Wiederkäuer normalisiert sich die Pansenmotilität (
Hall 2001g) und die Pansenatonie wird aufgehoben (
Thompson 1991b). Allerdings können Yohimbin und Tolazolin die Pansenhypomotilität besser antagonisieren als Atipamezol (
Thompson 1991b).
Pankreas
Atipamezol hebt die durch α
2-Agonisten verursachte Hypoinsulinämie und Hyperglykämie auf (
Ranheim 2000b).