Eigenschaften
Levamisol stellt ein oral oder parenteral anwendbares Anthelminthikum aus der Gruppe der Imidazothiazole dar. Es besitzt ein breites Wirkspektrum gegen Nematoden.Levamisol ist ein sehr rasch wirkendes Anthelminthikum. Nach Verabreichung einer therapeutischen Dosis sterben die Nematoden schnell ab (Haemonchus contortus nach ca. 1 Stunde, Dictyocaulus viviparus nach ca. 3 Stunden). Für diese schnelle Abtötung ist vermutlich hauptsächlich der cholinerge Effekt des Levamisols verantwortlich (Oakley 1980a).
Wirkmechanismus
Levamisol hat als Acetylcholin-Mimetikum eine direkte cholinerge Wirkung auf empfindliche Parasiten. Die Wirkung ist nikotinartig und nicht abhängig von der Kontaktdauer, sondern von der Höhe der Levamisolblutspiegel. Durch Depolarisation in den Ganglien und den neuromuskulären Endplatten kommt es zur Kontraktion und anhaltenden spastischen Paralyse der Parasiten. Ob der Effekt reversibel oder irreversibel ist, hängt von der Parasitenspezies, dem Lebenszyklusstand und der Konzentration des Levamisols ab (Lanusse 1993b; Atchison 1992a; Guerrero 1980a; Coles 1975a).Resistenzen
In der Literatur wurde über Levamisol-resistente Ostertagia spp.-Populationen beim Schaf in Australien berichtet (LeJambre 1977a).Mehrfachresistenzen mit Moranteltartrat sind möglich (Borgsteede 1991a).
Immunsystem
Die immunmodulierende Wirkung des Levamisols entsteht durch seinen Einfluss auf die T-Lymphozyten, Leukozyten und polymorphkernigen Makrophagen. Die Effekte sind am ausgeprägtesten und am konstantesten bei Patienten mit reduzierter Funktion der T-Lymphozyten und Phagozyten. Erfolge werden am häufigsten in Fällen von chronischen Infektionen, chronischen Entzündungen, malignen Neoplasien und in bestimmten immundefizienten Situationen beobachtet (Renoux 1978a).Levamisol stimuliert die zelluläre Abwehr durch Potenzierung der T-Lymphozyten-Differenzierung bei Antigenstimulus und Erhöhung der Aktivität der Effektor-Lymphozyten, der cytotoxischen T-Zellen und der Suppressor-Lymphozyten (Sampson 1976a; Faanes 1977a).
Levamisol hat keinen direkten Einfluss auf die B-Lymphozyten, aber bei pathologisch erhöhter B-Zellaktivität trägt Levamisol durch Beeinflussung der Suppressor-T-Lymphozyten zur Normalisierung der Immunantwort bei. Durch Beeinflussung der Helfer-T-Lymphozyten hat Levamisol auch einen indirekten Effekt auf die Antikörperbildung (Symoens 1977a; Guerrero 1978a; Renoux 1978a).
Die primäre Immunantwort auf eine Vaccination wird von Levamisol nicht beeinflusst, aber die Immunantwort auf eine Sekundärexposition zum Antigen kann gesteigert werden, besonders wenn Antigen und Levamisol gemeinsam present sind (Brunner 1980a).
Levamisol kann bei experimentell und natürlich vorkommenden Neoplasien die Wahrscheinlichkeit und die Dauer des Überlebens vergrössern und Metastasierungen vermindern (Sampson 1977a).
Der Mechanismus der immunmodulierenden Wirkung des Levamisols ist nicht vollständig geklärt, aber die Aktivität des Levamisols ähnelt der des Thymushormons Thymopoietin. Eventuell bindet Levamisol mit seinem Imidazol-Ring an den Thymopoietin-Rezeptoren der Lymphozyten, Polymorphkernigen Leukozyten und Makrophagen und beeinflusst den Zellmetabolismus durch Änderung des Verhältniss der zyklischen Nukleotide zueinander (cyclic nucleotid ratio, cAMP/cGMP) in den Zellen (Goldstein 1978a).
Der OMPI-Metabolit des Levamisols besitzt eine Sulfydril-Gruppe, welche mit den von aktivierten Leukozyten und anderen Zellen gebildeten freien Radikalen reagiert und diese vernichtet. Ausserdem erwies sich der OMPI-Metabolit als ein wirksamer Schutzfaktor für die morphologische und funktionelle Integrität des Tubulins der Mikrotubuli von in-vitro kultivierten Thymozyten. Dies erklärt zumindest den Einfluss des Levamisols auf Mikrotubuli-abhängige Leukozytenfunktionen, wie Motilität und Sekretion (Guerrero 1980a).
Die immunstimulierenden Dosen von Levamisol (2 - 3 mg/kg) sind wesentlich geringer als die anthelminthisch wirksamen. Eine intermittierende Behandlung scheint effektiver zu sein, als die kontinuierliche Gabe von Levamisol. Tägliche Verabreichung über längere Zeit kann die Sensität des Patienten gegenüber den immunmodulierenden Effekten senken, und kann sogar immunsuppressiv wirken und zu schweren Komplikationen führen (Veys 1977a).