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Verwendete Pflanzen (Botanik)

Zingiber officinale Roscoe
 
Verwendete Pflanzenteile

Definition

Nach Ph. Eur. 10: Die getrockneten, ganzen oder geschnittenen Rhizome von Zingiber officinale Roscoe, die entweder vollständig oder nur an den Flachseiten vom Kork befreit sind.
 
Gehalt: mindestens 15 ml/kg ätherisches Öl (wasserfreie Droge) (Ph. Eur. 10, 2020).
 
Reinheit:
-Wasser: höchstens 100 ml/kg, mit 20.0 g pulverisierter Droge durch Destillation bestimmt (Ph. Eur. 10, 2020).
-Asche: höchstens 6.0% (Ph. Eur. 10, 2020).
 
Extraktionsverfahren:
-Heisswasser (Infus; Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015; Wichtl, 2009)
-Wasserdampfdestillation (Ingweröl; Hänsel & Sticher, 2010)
-Ethanol oder Aceton (Oleoresin, Extrakte; Hänsel & Sticher, 2010)
 
Verfälschungen: selten mit anderen Zingiber-Arten, jedoch häufig geschönt mit Calciumcarbonat (CaCO3) (Wichtl, 2009).
 

Übliche Zubereitungen

Frischpflanze, Pulver, Infus, Tabletten, Kapseln, Flüssigextrakte, Alkoholate, Sprays, Tinkturen, Elixiere, Tropfen und Sirup (Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015; Hänsel & Sticher, 2010; Pharmavista, 2018; Teuscher et al., 2012; Wichtl, 2009).
 
 

Pharmakognosie

Organoleptische Angaben

Aussehen

Nach Ph. Eur. 10:
-Die seitlich zusammengedrückten Rhizome tragen an der Oberseite kurze, flache, verkehrt eiförmige, schräge Verzweigungen, die manchmal an der Spitze eine vertiefte Narbe aufweisen; die unzerkleinerten Rhizome sind etwa 5-10 cm lang, 1.5-3 cm oder 4 cm breit und 1-1.5 cm dick, mitunter sind sie längs gespalten. Die äussere Oberfläche der geschälten Rhizome ist hellbraun und zeigt eine Längsstreifung und mitunter freiliegende Fasern; die Aussenfläche der ungeschälten Rhizome ist blassbraun bis dunkelbraun und mehr oder weniger mit Kork bedeckt, der ausgeprägte, schmale, längs und quer verlaufende Rippen zeigt; von den Seitenflächen löst sich der Kork leicht ab, bleibt zwischen den Sprossen jedoch erhalten. Der Bruch ist kurz, körnig und zeigt herausragende Fasern. Am glatten Querschnitt ist eine schmale Rinde sichtbar, die durch eine Endodermis von der viel breiteren Stele getrennt ist; auch lassen sich zahlreiche, verstreut vorhandene, faserige Leitbündel und ebenso häufig verstreute Oleoresinzellen mit einem gelben Inhalt erkennen. Das ungeschälte Rhizom zeigt zusätzlich eine Aussenschicht aus dunkelbraunem Kork.
-Das Pulver ist blassgelb bis bräunlich (Ph. Eur. 10, 2020).
 

Geruch

Charakteristischer, aromatischer Geruch (Ph. Eur. 10, 2020); charakteristisch, aromatisch (Hänsel & Sticher, 2010; Wichtl, 2009).
 

Geschmack

Würziger und brennender Geschmack (Ph. Eur. 10, 2020); brennend scharf und gewürzhaft (Hänsel & Sticher, 2010; Wichtl, 2009).
 
Inhaltsstoffe

Leitsubstanzen

Ätherisches Öl (1-5%), Scharfstoffe (25%) und Lipide (6-8%).
-Ätherisches Öl: v.a. Sesquiterpenoide (47-67%) wie α-Zingiberen (17-37%), β-Sesquiphellandren (5-18%), β-Bisabolen, α-Curcumen, Farnesen, α-Muurolen und Monoterpenoide (29%) wie Camphen und β-Phellandren, Cineol, Geraniol, Curcumene, Citral, Terpineol, Borneol.
-Scharfstoffe: u.a. Gingerole (6-, 8- und 10-Gingerol), Shogaole (lagerungsbedingtes Dehydrationsprodukt von Gingerol) und Diarylheptenone (Gingerenon A, B und C, Isogingerenon B).
-Lipide: gesättigte Fettsäuren (46%), v.a. Palmitinsäure, ungesättigte Fettsäuren (53%), v.a. Öl- und Leinölsäure.
 

 

Begleitsubstanzen

Stärke (60%), Proteine und anorganische Verbindungen.
(Hänsel & Sticher, 2010; Hagers Enzyklopädie, 2010; Hiller & Melzig, 2010; Wichtl, 2009)
 
Pharmakologie

Wirkung

-Brechreizstillende, appetitanregende, tonisierende, magen- und darmmotilitätsfördernde, entzündungshemmende, antibakterielle und antiulzerogene Wirkung (Brendieck-Worm et al., 2015).
-Antioxidative und entzündungshemmende Wirkung (Saberi et al., 2017).
-Antiemetische (6-Gingerol, 8-Gingerol, 10-Gingerol, 6-Shogaol, durch Blockade des 5-Hydroxytryptamin 3 [5-HT3] Receptors), entzündungshemmende (Gingerole, Shogaole, Reduktion von Prostaglandin E [PGE2], von Thromboxan A2 [TXA2], Myeloperoxidase- und Lipogenase-Hemmung], antioxidative (6-Gingerol, 6-Shogaol), antithrombotische (8-Gingerol, 8-Paradol, Hemmung von Cyclooxygenasen), hypolidämische (Reduktion von Cholesterol, LDL-Cholesterol, VLDL-Cholesterol und Triglyceriden, Anstieg von HDL-Cholesterol), hypoglykämische (signifikante Blutglukose-Senkung und -Insulinerhöhung), vasodilatatorische, antineoplastische (6-Gingerol, signifikanter Anstieg der Apoptose), antibakterielle, antifungale, antivirale, anthelmintische, thermogene und analgetische (6-Shogaol, 6-Gingerol) Wirkung (in vitro und in vivo) (EMA, 2012).
-Antiemetische (antagonistische Wirkung an 5-HT3-Rezeptoren), positiv inotrope, cholagoge, spasmolytische (Tier) Wirkung, Förderung der Speichel- und Magensaftsekretion, beim Menschen Steigerung von Tonus und Peristaltik des Darms (Wichtl, 2009).
-Antiemetische Wirkung (Blockade der 5-HT3-Rezeptoren), Anregung der Magensaft- und Speichelsekretion sowie der Darmperistaltik, antiinflammatorische, tumorpräventive und blutdrucksenkende Wirkung (Teuscher et al., 2012).
-Unterbrechung der Prostaglandin- und Leukotrienbiosynthese durch Hemmung der Cyclooxygenasen (COX-1 und COX-2) und der 5-Lipoxygenase, Unterbrechung der Thromboxanbiosynthese, Förderung der Prostacyclinbiosynthese, antiserotonerge Aktivität, Verhinderung der LDL- und Linolensäureoxidation sowie antitumorale Wirkung (Hänsel & Sticher, 2010).
-Antiemetische, antiphlogistische, antibakterielle, blutgerinnungsregulierende, magenmotilitätsfördernde und antiulzerogene Wirkung sowie Hemmung der Thrombozytenaggregation (Aichberger et al., 2012).
 
Monographien

Monographien

-Ph. Eur. 10/2020: 10.0/1522
-ESCOP: Monographie vorhanden (2009)
-WHO: Monographie vorhanden (1999)
-HMPC (EMA): keine Monographie vorhanden (23.4.2018)
-Kommission E: Monographie vorhanden, ATC-Code: A04AF (BAnz. Nr. 85 vom 5.5.1988)
 

Medizinische Anwendungen

Veterinärmedizin

Anwendungen

Anerkannte tiermedizinische Anwendung

-In einer Studie an Ratten konnte gezeigt werden, dass Nierenschäden infolge Bestrahlungstherapie durch eine Vorbehandlung mit einem Ingwerextrakt weniger stark ausgeprägt waren als bei einer Kontrollgruppe (Saberi et al., 2017).
 

Traditionelle Anwendung

-Innerlich zur Appetitsteigerung, bei dyspeptischen Beschwerden, gegen Blähungen und Reiseübelkeit (Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015).
-Innerlich gegen reumathoide Arthritis (Aichberger et al., 2012).
-Äusserlich bei Schmerzen (Aichberger et al., 2012).
 

Dosierung

Innerliche Anwendung
 Ingwerwurzelpulver/Tag
(in g Droge/Tag)
Ingwer/Tag
(Droge/Tag)
Rind10-2015-25 g/500 kg Körpergewicht
Pferd5-1015-25 g/500 kg Körpergewicht
Ziege, Schaf2-54-8 g/100 kg Körpergewicht
Schwein1-24-8 g/100 kg Körpergewicht
Hund0.1-0.20.7-1.5 g/10 kg Körpergewicht
Huhn (1-5 kg KGW)0.05-0.10.7-1.5 g/10 kg Körpergewicht
(Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015)
 

Zubereitung

Innerliche Anwendung
-In Form von Pulvern oder Infusa (Aichberger et al., 2012).
-Gegen Reiseübelkeit: 30 Minuten vor Reiseantritt 0.5 g/10 kg Körpergewicht Ingwer mit etwas Flüssigkeit eingeben (Aichberger et al., 2012).
-Bei rheumatoider Arthritis: mehrmals täglich 1.5 g/10 kg Körpergewicht, 8 g/100 kg Körpergewicht, 25 g/500 kg Körpergewicht Ingwerpulver eingeben (Aichberger et al., 2012).
-Frischer Ingwer kann fein gerieben oder geschnitten direkt verfüttert werden (Brendieck-Worm et al., 2015).
-Ingwerinfus: 1 walnussgrosses Stück frische Ingwerwurzel (ca. 15 g) blättrig schneiden, mit 34 Liter kochendem Wasser übergiessen, 8 Minuten zihen lassen, abseihen (Brendieck-Worm et al., 2015).
 
Äusserliche Anwendung
-Gegen Schmerzen: heisse Ingwerpaste auftragen (Aichberger et al., 2012).
 

Hinweise

-Ingwer wegen seiner Schärfe nicht über längere Zeit verabreichen (Brendieck-Worm et al., 2015).
-Vorsicht geboten ist bei der Verabreichung an hoch im Blut stehende Pferde (Brendieck-Worm et al., 2015).
-Mögliche Wechselwirkungen mit Antikoagulanzien, Aspirin, Chemotherapeutika, Barbituraten, nichtsteroidalen Antiphlogistika, Insulin, oralen Hypogykämika und selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (Wynn & Fougère, 2007).
 

Toxizität

Siehe Zingiber officinale
 

Verfügbarkeit

Siehe unter Fertigpräparate und -produkte Schweiz und Deutschland; die getrocknete und pulverisierte Droge sowie Extrakte sind in Arzneibuchqualität im Fachhandel erhältlich (Pharmavista, 2018).
 

Gesetzliche Vorschriften, Doping

Rückstandsregelungen

-TAMV: Die Ingwerwurzel ist auf der Liste 2/Anhang 2 aufgeführt, darf bei Nutztieren oral als Wirkstoff eingesetzt werden und erfordert bei der oralen Anwendung keinen Rückstandshöchstgehalt.
-European Feed Materials Register (momentan für die Schweiz nicht gültig): Zingiber officinale (Wurzel, Kraut, frisch, getrocknet, geschnitten, gemahlen) ist registriert unter 01189-DE (2011-01-24), 06376-DE (2016-08-11), 02905-EN (2012-03-16) und 02906-IT (2012-03-16).
 

Doping

Ingwer ist keine dopingverdächtige Substanz.
Die Dopingrelevanz von Pflanzen ändert sich kontinuierlich. Die aktuellen Daten zum Pferdesport (FEI) sind ersichtlich unter der Liste der verbotenen Substanzen.
 
Literatur
-Aichberger L., Graftschafter M., Fritsch F., Gansinger D., Hagmüller W., Hahn-Ramssl I., Hozzank A., Kolar V. & Stöger E. (2012) Kräuter für Nutztiere und Heimtiere. 2. Auflage. Eigenverlag Wien, pp. 58-59
-Brendieck-Worm C. & Melzig M.F. (2018) Phytotherapie in der Tiermedizin. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, pp. 89-90, 154, 193, 300, 308, 329 & 355
-Brendieck-Worm C., Klarer F. & Stöger E. (2015) Heilende Kräuter für Tiere: Pflanzliche Hausmittel für Heim- und Nutztiere. Haupt Verlag, Bern, pp. 46-59, 94-95 & 99
-ESCOP monographs. The scientific foundation for herbal medicinal products, 2nd edition, supplement (2009) Ed. F.H. Kemper, Thieme Verlag, Stuttgart, pp. 289-303
-European Medicines Agency (EMA) (2012) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): Assessment report on Zingiber officinale Roscoe, rhizoma, final. Doc. Ref.: EMA/HMPC/577856/2010, 27 March 2012, http://www.ema.europa.eu/ema/ (1995-2018)
-European Medicines Agency (EMA) (2012) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): Community herbal monograph on Zingiber officinale Roscoe, rhizoma, final. Doc. Ref.: EMA/HMPC/749154/2010, 27 March 2012, http://www.ema.europa.eu/ema/ (1995-2018)
-Hänsel R. & Sticher O. (2010) Pharmakognosie - Phytopharmazie. 9. Auflage. Springer Verlag, Berlin, pp. 962-966
-Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen (2014) Zingiberis rhizoma, Verf.: S. Germer, aktualisiert V. Schulz, http://www.drugbase.de, Datenstand 14.01.2014
-Hiller K. & Melzig (2010) Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, p. 643
-Kommission E (1990) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft, 50445 Köln
-Ph. Eur. 10: Pharmacopoea Europaea (2020), Grundwerk, 10. Ausgabe, pp. 2229-2230
-Pharmavista (2018) www.pharmavista.net, Produkte Schweiz
-PubChem (2018) pubchem.ncbi.nlm.nih.gov
-Teuscher E., Melzig M.F. & Lindequist U. (2012) Biogene Arzneimittel: Lehrbuch der Pharmazeutischen Biologie. 7. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, pp. 295-297
-WHO monographs on selected medicinal plants - volume 1 (1999) Rhizoma zingiberis. World Health Organization, pp. 277-287
-Wichtl M. (2009) Teedrogen und Phytopharmaka: Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. 5. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, pp. 717-720
-Wynn S.G. & Fougère B.J. (2007) Veterinary Herbal Medicine. Mosby Elsevier, St. Louis, p. 199
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