mdi-book-open-variant Impressum mdi-help Hilfe / Anleitung mdi-printer Webseite ausdrucken mdi-bookmark Bookmark der Webseite speichern mdi-magnify Suche & Index Arzneidrogen mdi-sitemap Sitemap CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-home Startseite CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-email Beratungsdienst: Email / Post / Fax / Telefon
Deutsch    Anisi fructus; Fructus anisi
Deutsch    Anis; Süsser Kümmel
Franzoesisch    Fruits d'anis
Italienisch    Frutti di anice (anice verde)
Englisch    Aniseed
 

Verwendete Pflanzen (Botanik)

Pimpinella anisum L.
 
Verwendete Pflanzenteile

Definition

Nach Ph. Eur. 10: Die trockenen, ganzen 2-teiligen Spaltfrüchte (Doppelachänen) von Pimpinella anisum L.
 
Gehalt: mindestens 20 ml/kg ätherisches Öl (wasserfreie Droge) (Ph. Eur. 10, 2020).
 
Reinheit:
-Wasser: höchstens 90 ml/kg, mit 20.0 g unmittelbar vor der Bestimmung grob pulverisierter Droge bestimmt (Ph. Eur. 10, 2020).
-Asche: höchstens 12.0% (Ph. Eur. 10, 2020).
-Salzsäureunlösliche Asche: höchstens 2.5% (Ph. Eur. 10, 2020).
 
Extraktionsverfahren: Heisswasser (Infus; Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015; Reichling et al., 2016; EMA, 2013; Wichtl, 2009).
 
Verfälschungen: gelegentlich Beimengungen von anderen Apiaceenfrüchten wie Koriander-, Petersilien- und Schierlingsfrüchte (Wichtl, 2009).
 

Übliche Zubereitungen

Infus, Pulver, Tropfen, Extrakt, Sirup, Tabletten, Pastillen, Lutschtabletten, Bonbons, Zahnpasta, Antiseptikum, Balsam, Gel, Elixier, Salben, Crème und Öl (Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm, 2015; Hänsel & Sticher, 2010; Pharmavista, 2018; Reichling et al., 2016; Teuscher et al., 2012; Wichtl, 2009).
 
 

Pharmakognosie

Organoleptische Angaben

Aussehen

Nach Ph. Eur. 10:
-Die Doppelachäne ist ei- oder birnenförmig, an den Seiten leicht zusammengedrückt, gelblich grün oder grünlich grau, 3-5 mm lang, bis 3 mm breit und trägt oben ein Griffelpolster mit 2 kurzen, zurückgebogenen Griffeln. Die Teilfrüchte sind an ihrem oberen Ende mit dem Karpophor verwachsen und besitzen flache, einander zugewandte Fugenseiten, sowie gewölbte, mit kurzen, warzigen, unter Lupe sichtbaren Haaren besetzte Rückseiten; auf jeder Teilfrucht verlaufen in Längsrichtung 5 wenig hervortretende, hellere Rippen, von denen sich 2 seitlich und 3 über die Rückenfläche verteilt finden.
-Das Pulver ist grünlich gelb oder bräunlich grün (Ph. Eur. 10, 2020).
-Die Doppelachäne ist meist unversehrt; oft hängt noch ein kleines Stück des dünnen, steifen und leicht gebogenen Fruchtstiels an (Ph. Eur. 10, 2020).
 

Geruch

An Anethol erinnernder Geruch (Ph. Eur. 10, 2020); angenehm würzig, an Anethol erinnernd (Hänsel & Sticher, 2010; Reichling et al., 2016; Wichtl, 2009).
 

Geschmack

Aromatisch süss (anisartig) (Hänsel & Sticher, 2010; Reichling et al., 2016; Wichtl, 2009).
 
Inhaltsstoffe

Leitsubstanzen

Ätherisches Öl (2-6%), Sesquiterpene, Monoterpene, Flavonoide (Flavon- und Flavonolglykoside), Phenolsäuren, Phenolglykoside, Furocumarine, Hydroxicumarine und fettes Öl (10-30%).
-Ätherisches Öl: v.a. trans-Anethol (80-95%), kleinere Mengen Estragol, cis-Anethol, Anisaldehyd und Pseudoisoeugenyl-2-methylbutyrat.
-Fettes Öl: reich an Palmitin-, Petroselin-, Öl- und Linolensäure.
-Phenolsäuren: Chlorogensäure, Caffeoylchinasäure, Kaffeesäure.
-Flavonoide: Isoorientin, Isovitexin, Rutin.
(ESCOP, 2003; Hagers Enzyklopädie, 2014; Hiller & Melzig, 2010; Reichling et al., 2016; Teuscher et al., 2012; Wichtl, 2009)
 
 
Pharmakologie

Wirkung

-Gastrointestinaltrakt: antibakterielle, mit Antibiotika synergistische und spasmolytische Wirkung (in vitro) (Ayrle et al., 2016).
-Respirationstrakt: spasmolytische Wirkung (in vitro) (Ayrle et al., 2016).
-Hinweise auf eine immunmodulierende Wirkung (in vivo) und entzündungshemmende Wirkung (in vitro) (Ayrle et al., 2016).
-Expektorierende, schwach spasmolytische, karminative, antibakterielle, antimykotische und antivirale Wirkung (Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015; ESCOP, 2003; Hänsel & Sticher, 2010; Hagers Enzyklopädie, 2014; Reichling et al., 2016).
-Sekretolytische Wirkung: die Bronchiensekretion wird erhöht, der Schleim verflüssigt und die Bewegung des Flimmerepithels erhöht (Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015; Reichling et al., 2016).
-Verdauungsfördernde Wirkung: durchblutungsfördernde Wirkung sowie erhöhte Sekretion der Verdauungsdrüsen und der Galle, was blähungstreibend, appetit- und verdauungsfördernd wirkt (Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015; Reichling et al., 2016).
-Spasmolytische Wirkung: die glatte Muskulatur des Verdauungstraktes wird entspannt (Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015; Reichling et al., 2016).
-Galaktogene Wirkung: die Milchabsonderung wird erhöht (Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015; Reichling et al., 2016).
-Antiparasitäre und insektizide Wirkung gegen Ektoparasiten (Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015; Reichling et al., 2016).
 
Monographien

Monographien

-Ph. Eur. 10/2020: 10.0/0262
-ESCOP: Monographie vorhanden (2003)
-WHO: Monographie vorhanden (2007)
-HMPC (EMA): Monographie vorhanden (Doc.Ref.: EMA/HMPC/321184/2012 vom 12.11.2013)
-Kommission E: Monographie vorhanden, ATC-Code: R05CA (BAnz. Nr. 122 vom 6.7.1988)
 

Medizinische Anwendungen

Veterinärmedizin

Anwendungen

Anerkannte tiermedizinische Anwendung

In einer Studie an 160 Tage alten Masthühnern konnte gezeigt werden, dass die Tiere in der Gruppe, der 40 ml eines 6%igen (w/v) Anisinfuses pro Liter Trinkwasser verabreicht wurde, im Vergleich zu den Gruppen, die 0, 20 oder 30 ml Anistinfus/l Wasser bekamen, eine besseren Immunstatus sowie eine bessere Wachstumsrate aufwiesen (Durrani et al., 2007).
 

Ethnoveterinärmedizinische Studien

Gemäss einer Übersichtsarbeit zu ethnoveterinärmedizinischen Studien Europas wird Pimpinella anisum bei Schafen und Rindern zur Therapie von gastrointestinalen und bei Pferden zur Therapie von respiratorischen Problemen eingesetzt (Mayer et al., 2014).
 

Traditionelle Anwendung

-Innerlich bei Erkrankungen des Respirationstraktes (Ayrle et al., 2016).
-Innerlich als spasmolytisches und antiseptisches Mittel bei dyspeptischen Beschwerden, wie Meteorismus und leichten Krämpfen im Magen-Darm-Trakt; zur Anregung der Fresslust und zur Förderung der Verdauung; für Pferde bei chronischem Darmkatarrh (Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015; Reichling et al., 2016).
-Innerlich bei Katarrh der Atemwege; als Expektorans bei Entzündungen der Atemwege (Reichling et al., 2016).
-Innerlich zum Lösen von Schleim und Verkrampfung der Bronchien (Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015).
-Innerlich zur Anregung des Milchflusses (Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015).
-Äusserlich zur Abwehr von Hautparasiten (Anisöl) (Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015).
 

Dosierung

Innerliche Anwendung
 Anisfrüchte/Tag
(in g Droge/Tag)
Rind25-50
Pferd10-25
Ziege, Schaf5-10
Schwein3-5-10
Hund0.5-2
Kaninchen (1-2-5 kg KGW)0.1-0.2-0.4
Meerschweinchen (1 kg KGW)0.1
Huhn (1-5 kg KGW)0.2-0.5
(Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015; Reichling et al., 2016).
 

Zubereitung

Innerliche Anwendung
-Pulver und Infusa (1:10) mit dem Futter verabreichen (Aichberger et al., 2012; Reichling et al., 2016).
-Blähungstreibende Teemischung: Anisfrüchte, Fenchelfrüchte und Kümmel zu gleichen Teilen mischen und unmittelbar vor der Infusherstellung mörsern, 1 Teelöffel der Mischung mit ¼ Liter kochendem Wasser übergiessen, zudecken, 10 Minuten ziehen lassen, das Kondenswasser rückführen und abseihen; besonders geeignet für Neugeborene und Jungtiere (Brendieck-Worm et al., 2015).
 
Kombinationen
-Anis mit Kümmel und Fenchel (Brendieck-Worm et al., 2015).
-Anis mit Ammoniumchlorid zum Erleichtern des Abhustens, mit künstlichem Karlsbader Salz als gallentreibendes Mittel, mit Bitterstoffen zur Förderung der Verdauung; Rezeptur: 10 g künstliches Karlsbader Salz, 25 g pulverisierte Anisfrüchte, 25 g pulverisierte Fenchelfrüchte und 50 g pulverisiertes Wermutkraut, morgens und abends 1-2 Esslöffel voll mit dem Futter für Pferde bei chronischem Darmkatarrh (Reichling et al., 2016).
 

Hinweise

-Nicht bei bekannter Allergie anwenden (Aichberger et al., 2012).
-Keine grossflächigen Einreibungen mit dem unverdünnten ätherischen Öl durchführen, da bei äusserlichen Einreibungen auf mehr als 13 der Körperoberfläche Anisöl zu Vergiftungen führen kann (Aichberger et al., 2012).
-Anis kann in hohen Dosen eine leicht östrogene Wirkung haben (Aichberger et al., 2012).
-Mögliche Wechselwirkungen mit Antikoagulanzien, Antikonvulsiva, oralen Kontrazeptiva, Östrogenersatz-Therapien, Eisen und MAO-Hemmern (Wynn & Fougère, 2007).
 

Toxizität

Siehe Pimpinella anisum
 

Verfügbarkeit

Siehe unter Fertigpräparate und -produkte Schweiz und Deutschland; die getrocknete und geschnittene Droge sowie Extrakte sind in Arzneibuchqualität im Fachhandel erhältlich (Pharmavista, 2018).
 

Gesetzliche Vorschriften, Doping

Rückstandsregelungen

-TAMV: Anisi aetheroleum (Anisöl) ist auf der Liste 2/Anhang 2 aufgeführt, darf bei Nutztieren als Wirkstoff eingesetzt werden und erfordert keinen Rückstandshöchstgehalt.
-FMBV (Nr. 68/2013): Die Verfütterung von Anissaat an lebensmittelliefernde Tiere ist laut der Futtermittelbuch-Verordnung, Anhang 1.418, erlaubt.
-European Feed Materials Register (momentan für die Schweiz nicht gültig): Anis (Samen, Früchte, ätherisches Öl, fettes Öl, Extrakt; getrocknet, gemahlen) ist registriert unter 2712-DE (2011-12-28), 05749-DE (2015-08-17), 07081-DE (2017-09-08), 02711-EN (2011-12-28), 03481-EN (2013-04-16), 05746-EN (2015-08-17) und 07080-EN (2017-09-08).
 

Doping

Anis ist keine dopingverdächtige Substanz.
Die Dopingrelevanz von Pflanzen ändert sich kontinuierlich. Die aktuellen Daten zum Pferdesport (FEI) sind ersichtlich unter der Liste der verbotenen Substanzen.
 
Humanmedizin

Anwendungen

-Vor dem Hintergrund der jahrhundertelangen volksmedizinischen Erfahrung mit Fencheltee und anderen estragolhaltigen Pflanzen wie Basilikum und Estragon und in Anbetracht der fehlenden klinischen und epidemiologischen Hinweise über einen Zusammenhang zwischen Fencheltee und Leberkrebs beim Menschen erscheint ein solches Risiko, wenn es überhaupt ein solches geben sollte, als verschwindend gering (Iten & Saller, 2004).
-Sicherheitshalber sollte die tägliche Aufnahme von Estragol unter dem Richtwert von 0.05 mg/Person pro Tag für Erwachsene und Jugendliche bzw. 1.0 µg/kg Körpergewicht für Kinder bleiben (EMA, 2023).
 
Literatur
-Aichberger L., Graftschafter M., Fritsch F., Gansinger D., Hagmüller W., Hahn-Ramssl I., Hozzank A., Kolar V. & Stöger E. (2012) Kräuter für Nutztiere und Heimtiere. 2. Auflage. Eigenverlag Wien, pp. 30-31
-Brendieck-Worm C. & Melzig M.F. (2018) Phytotherapie in der Tiermedizin. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, pp. 89, 159, 200, 204, 393, 432, 438-439 & 453
-Brendieck-Worm C., Klarer F. & Stöger E. (2015) Heilende Kräuter für Tiere: Pflanzliche Hausmittel für Heim- und Nutztiere. Haupt Verlag, Bern, pp. 46-58, 103 & 234
-ESCOP monographs. The scientific foundation for herbal medicinal products, 2nd edition, completely revised and expanded (2003) Ed. F.H. Kemper, Thieme Verlag, Stuttgart, pp. 36-42
-European Medicines Agency (EMA) (2023) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): Public statement on the use of herbal medicinal products1 containing estragole, final. Doc. Ref.: EMA/HMPC/137212/2005 Rev 1 Corr 1*, 12 May 2023, http://www.ema.europa.eu (1995-2024)
-European Medicines Agency (EMA) (2013) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): Assessment report on Pimpinella anisum L., fructus and Pimpinella anisum L., aetheroleum, final. EMEA/HMPC/321181/2012, 12 November 2013, http://www.ema.europa.eu/ema/ (1995-2018)
-European Medicines Agency (EMA) (2013) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): Community herbal monograph on Pimpinella anisum L., fructus, final. EMA/HMPC/321184/2012, 12 November 2013, http://www.ema.europa.eu/ema/ (1995-2018)
-Hänsel R. & Sticher O. (2010) Pharmakognosie - Phytopharmazie. 9. Auflage. Springer Verlag, Berlin, pp. 994-995
-Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen (2014) Anisi fructus (Anis), Verf.: K. Staesche, H. Schleinitz, B. Uehleke, http://www.drugbase.de, Datenstand 22.04.2014
-Hiller K. & Melzig (2010) Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, p. 541
-Kommission E (1990) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft, 50445 Köln
-Mayer M., Vogl C.R., Amorena M., Hamburger M. & Walkenhorst M. (2014) Treatment of organic livestock with medicinal plants: A systematic review of European ethnoveterinary research. Forsch Komplementmed. 21(6), 375-386
-Ph. Eur. 10: Pharmacopoea Europaea (2020), Grundwerk, 10. Ausgabe, pp. 2018-2019
-Pharmavista (2018) www.pharmavista.net, Produkte Schweiz
-PubChem (2018) pubchem.ncbi.nlm.nih.gov
-Reichling J., Frater-Schröder M., Saller R., Fitzi-Rathgen J. & Gachnian-Mirtscheva R. (2016) Heilpflanzenkunde für die Veterinärpraxis. 3. Auflage. Springer Verlag, Berlin, pp. 53-55 & 237
-Teuscher E., Melzig M.F. & Lindequist U. (2012) Biogene Arzneimittel: Lehrbuch der Pharmazeutischen Biologie. 7. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, p. 419
-WHO monographs on selected medicinal plants - volume 3 (2007) Anisi fructus. World Health Organization, pp. 53-63
-Wichtl M. (2009) Teedrogen und Phytopharmaka: Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. 5. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, pp. 81-83
-Wynn S.G. & Fougère B.J. (2007) Veterinary Herbal Medicine. Mosby Elsevier, St. Louis, p. 196
© 2024 - Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie

Es kann keinerlei Haftung für Ansprüche übernommen werden, die aus dieser Webseite erwachsen könnten.