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Deutsch    Tormentillae rhizoma; Radix tormentillae; Rhizoma tormentillae
Deutsch    Tormentillwurzelstock; Blutwurz; Ruhrwurz
Franzoesisch    Rhizome de tormentille
Italienisch    Radice di tormentilla
Englisch    Tormentil
 

Verwendete Pflanzen (Botanik)

Potentilla erecta (L.) Räuschel
 
Verwendete Pflanzenteile

Definition

Nach Ph. Eur. 10: Das von den Wurzeln befreite und getrocknete, ganze oder geschnittene Rhizom von Potentilla erecta (L.) Raeusch. (Potentilla tormentilla Stokes).
 
Gehalt:
-Mindestens 7% Gerbstoffe, berechnet als Pyrogallol (C6H6O3; Mr 126.1) und bezogen auf die getrocknete Droge.
-Gehaltsbestimmung: Gerbstoffgehalt: Die Bestimmung wird mit 0.500 g pulverisierter Droge durchgeführt (Ph. Eur. 10, 2020).
 
Reinheit:
-Fremde Bestandteile: höchstens 3% Wurzel- und Stängelanteile sowie Rhizome mit schwarzem Bruch und höchstens 2% sonstige fremde Bestandteile (Ph. Eur. 10, 2020).
-Cadmium: höchstens 2.0 ppm (Ph. Eur. 10, 2020).
-Trocknungsverlust: höchstens 12.0%, mit 1.000 g pulverisierter Droge durch 2 Stunden langes Trocknen im Trockenschrank bei 105°C bestimmt.
-Asche: höchstens 5.0% (Ph. Eur. 10, 2020).
 
Extraktionsverfahren:
-Wasser (Infus, Dekokt; Brendieck-Worm et al., 2015; EMA, 2010; Reichling et al., 2016; Wichtl, 2009)
-Ethanol 25% V/V (Flüssigextrakt; EMA, 2010)
-Ethanol 45% V/V (Tinktur; EMA, 2010)
-Ethanol 60% V/V (Trockenextrakt; EMA, 2010)
-Ethanol 70% V/V (Tinktur; Brendieck-Worm et al., 2015; EMA, 2010)
 
Verfälschungen: können vorkommen, mit Bistortae rhizoma (Schlangenknöterichwurzelstock) von Polygonum bistorta L., der ebenfalls 15-20% Gerbstoffe enthält (Wichtl, 2009).
 

Übliche Zubereitungen

Fein geschnittene oder grob pulverisierte Droge als Infus, Dekokt, Flüssig- oder Trockenextrakte, Lösungen, Spray, Salbe, Crème, Elixier, Tropfen, Tonikum, Kapseln und Latwerge (Brendieck-Worm et al., 2015; EMA, 2010; Hänsel & Sticher, 2010; Pharmavista, 2016; Ph. Eur. 8, 2014; Reichling et al., 2016; Wichtl, 2009).
 
 

Pharmakognosie

Organoleptische Angaben

Aussehen

Nach Ph. Eur. 10:
-Das zylindrische, spindelförmige, bis 10 cm lange und 1-2 cm dicke Rhizom ist von sehr unregelmässigem Aussehen, bildet oft gekrümmte, knotige Knollen, ist sehr hart und kaum verzweigt. Die braune bis rötlich braune Oberfläche ist rau und trägt Reste der Wurzeln sowie quer verlaufende, eingesenkte, fast weisse Sprossnarben. Am oberen Ende des Rhizoms können Reste der zahleichen oberirdischen Sprosse zu finden sein. Der Bruch ist kurz, körnig, dunkelrot bis bräunlich gelb.
-Das Pulver ist rötlich braun (Ph. Eur. 10, 2020).
 

Geruch

Fast geruchlos (Hagers Enzyklopädie, 2010; Reichling et al., 2016); sehr schwach, angenehm (Wichtl, 2009).
 

Geschmack

Bitter und stark zusammenziehend (Hänsel & Sticher, 2010); stark zusammenziehend (Hagers Enzyklopädie, 2010; Reichling et al., 2016; Wichtl, 2009).
 
Inhaltsstoffe

Leitsubstanzen

Gerbstoffe (15-25%), Flavonoide, Phenolsäuren, Triterpene, Spuren von ätherischem Öl und Fettsäuren.
-Gerbstoffe: Catechingerbstoffe (Proanthocyanidine), u.a. Catechin, (-)-Epicatechin, Phlobaphene (veranwortlich für die Rotfärbung), Gallo- und Ellagitannine (10-15%).
-Flavonoide: Kaempferol.
-Phenolsäuren: Kaffesäure, Gallussäure.
-Triterpene: Chinovasäure, Tormentillsäure, Ursolsäure, z.T. mit Glucose verknüpft, z.B. Tormentosid (Tormentillsäureglucosid) und Isomere, die Saponineigenschaften haben.
(Hänsel & Sticher, 2010; Hagers Enzyklopädie, 2010; Hiller & Melzig, 2010; Reichling et al., 2016; Teuscher et al., 2012; Wichtl, 2009)
 
 
Pharmakologie

Wirkung

-Gastrointestinaltrakt: antiadhäsive Wirkung (in vivo) und teilweise antiinflammatorische Wirkung (in vivo) (Ayrle et al., 2016).
-Entzündungshemmende Wirkung (in vitro) (Ayrle et al., 2016).
-Stark adstringierende, entzündungshemmende und antimikrobielle Wirkung (z.B. gegen Staphylococcus aureus, Proteus vulgaris, Escherichia coli) (Brendieck-Worm et al., 2015; Hänsel & Sticher, 2010; Hagers Enzyklopädie, 2010; Reichling et al., 2016).
-Antivirale Wirkung (z.B. Herpes-simplex-Viren und Vacciniaviren) (Hänsel & Sticher, 2010; Hagers Enzyklopädie, 2010; Reichling et al., 2016).
-Molluskizide Wirkung (u.a. gegen die Posthornschnecke) (Hagers Enzyklopädie, 2010; Reichling et al., 2016).
-Antiallergische Wirkung (Reichling et al., 2016).
-Antioxidative Wirkung (Hänsel & Sticher, 2010).
-Blutstillende Wirkung (Brendieck-Worm et al., 2015).
 
Monographien

Monographien

-Ph. Eur. 10/2020: 10.0/1478
-ESCOP: keine Monographie vorhanden (5.12.2016)
-WHO: keine Monographie vorhanden (5.12.2016)
-HMPC (EMA): Monographie vorhanden (Doc.Ref.: EMA/HMPC/5513/2010 vom 25.11.2010)
-Kommission E: Monographie vorhanden, ATC-Code: A07XA (BAnz. Nr. 85 vom 5.5.1988)
 

Medizinische Anwendungen

Veterinärmedizin

Anwendungen

Ethnoveterinärmedizinische Studien

-Bäuerinnen und Bauern der Deutschschweiz und des Tessins verwenden Potentilla erecta-Blüten-, -Blätter-, Kräuter- und Wurzel-Dekokt, -Infus und -Tinktur bei Rindern und Schweinen als Hausmittel. Die Einsatzbereiche sind Verdauungstrakt und Stoffwechsel sowie die Haut (Bischoff et al., 2016; Disler et al., 2014; Mayer et al., 2017; Stucki et al., 2019).
 

Traditionelle Anwendung

-Innerlich bei Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes (Ayrle et al., 2016).
-Innerlich bei unspezifischen, akuten Durchfallerkrankungen und bei Schleimhautentzündungen im Magen-Darm-Bereich (Brendieck-Worm et al., 2015; Hänsel & Sticher, 2010; Reichling et al., 2016).
-Eignet sich auch für schwere und blutige Durchfälle (Brendieck-Worm et al., 2015).
-Äusserlich bei leichten Entzündungen im Maul- und Rachenraum beim Kalb, z.b. Gingivitis, Stomatitis (Reichling et al., 2016).
 

Dosierung

Innerliche Anwendung
 Tormentillwurzelstock/Tag*
(in g Droge/Tag)
Schweizerische ethnoveterinärmedizinische Dosierung:
Tormentillwurzelstock/Tag**
(in g Droge/Tag: Median (Quartile))
Rind20-25-40-5025 (15-220)
Pferd20-25-40-50 
Ziege, Schaf5-10-15 
Lamm1-3 
Schwein5-10-15 
Ferkel1-3 
Hund1-3-5 
Fuchs0.5-2 
Katze0.5-1 
Kaninchen (1-2-5 kg KGW)0.3-0.4-0.9 
Meerschweinchen (1 kg KGW)0.3 
Huhn (1-5 kg KGW)0.5-1-5 
Median CH-Ethnovet** (g/kg0.75) 0.2 (0.1-1.6)
kg0.75 = Metabolisches Körpergewicht (MBW): 1 kg KGW ≡ 1 MBW (z.B. Meerschweinchen, Huhn, Kaninchen); 10 kg KGW ≡ 5.6 MBW (z.B. Ferkel, Hund); 70 kg KGW ≡ 24.2 MBW (z.B. Kalb, Ziege, Schaf, Schwein); 700 kg KGW ≡ 136.1 MBW (z.B. Kuh, Pferd)
* (Brendieck-Worm et al., 2015; Reichling et al., 2016)
** (Bischoff et al., 2016; Disler et al., 2014; Mayer et al., 2017; Stucki et al., 2019)
 

Zubereitung

Innerliche Anwendung
-In Form von Infusa (1:10), Dekokten (1:10), Tinkturen und Latwergen (Reichling et al., 2016).
-Dekokt: 1 Teelöffel zerkleinerte Tormentillwurzel mit 150 ml Wasser übergiessen, 5 Minuten ziehen lassen und abseihen (Brendieck-Worm et al., 2015).
-Pulver: getrocknete, zerkleinerte Tormentillwurzel in Kaffemühle zu Pulver mahlen und in Latwergen oder Pillen verarbeiten (Brendieck-Worm et al., 2015).
-Tinktur (Blutwurztinktur): 1 Teil frische, gereinigte Tormentillwurzel im Steinmörser zerquetschen, in ein Schraubenglas geben, mit 10 Teilen 60-80%igem Alkohol übergiessen, 2-3 Wochen stehen lassen, zwischenzeitlich mehrmals schütteln, abseihen und in dunklen Tropffläschchen aufbewahren (Brendieck-Worm et al., 2015).
 
Äusserliche Anwendung
-In Form eines Dekoktes (1:10 bis 1:40) oder einer Tinktur (1:5) (Reichling et al., 2016).
Mundhöhlenerkrankungen:
-Tinktur (1:10): unverdünnt zur Pinselung bei Parodontose, mehrmals täglich auftragen (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
-Spüllösung: 10-20 Tropfen Tinktur in 1 Glas Wasser, mehrmals täglich spülen (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
-Heilpflanzentees und verdünnte Tinkturen können auch als Spray angewendet werden. Das Einarbeiten in pürierte Nahrung und Honig kann helfen, die Akzeptanz beim Tier (v.a. beim Hund) zu verbessern und den Kontakt zwischen Mundschleimhaut und Therapeutikum zu intensivieren (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
 
Kombinationen
-Tormentillwurzel mit Gänsefingerkraut bei Durchfall mit Krämpfen (Brendieck-Worm et al., 2015).
-Tormentillwurzel mit Kümmel bei Durchfall mit Blähungen (Brendieck-Worm et al., 2015).
-Die Blutwurz kann mit Heidelbeerfrüchten, Gänsefingerkraut, Salbeiblättern und Kümmelfrüchten kombiniert werden (Reichling et al., 2016).
 

Hinweise

-Bei empfindlichen Tieren gelegentlich Magenbeschwerden und Erbrechen (Reichling et al., 2016).
-Tormentill ist besser verträglich als Eichenrinde und schwarzer Tee (Brendieck-Worm et al., 2015).
 

Toxizität

Gemäss Shushunov et al. (2009) verursachte die einmalige intragastrale Verbreichung eines wässerigen Tormentillwurzel-Extraktes in den Dosierungen von 2.5 g/kg Körpergewicht bei Ratten und 6.8 g/kg Körpergewicht bei Mäusen keine Hinweise auf eine akute Toxizität.
 

Verfügbarkeit

Siehe unter Fertigpräparate und -produkte Schweiz und Deutschland; die getrocknete, geschnittene und pulverisierte Droge sowie Extrakte sind in Arzneibuchqualität im Fachhandel erhältlich (Pharmavista, 2018).
 

Gesetzliche Vorschriften, Doping

Rückstandsregelungen

-TAMV: Tormentillae rhizoma ist nicht auf der Liste 2/Anhang 2 aufgeführt und darf deshalb bei Nutztieren nicht als Wirkstoff eingesetzt werden.
-European Feed Materials Register (momentan für die Schweiz nicht gültig): Tormentillwurzeln (getrocknet, geschnitten oder pulverisiert) sind in der EU als Einzelfuttermittel registriert unter 005291-DE, 005291-EN (2015-01-24); 004226-EN, 004226-FR (2013-11-21).
 

Doping

Tormentillwurzeln sind keine dopingverdächtige Substanz.
Die Dopingrelevanz von Pflanzen ändert sich kontinuierlich. Die aktuellen Daten zum Pferdesport (FEI) sind ersichtlich unter der Liste der verbotenen Substanzen.
 
Literatur
-Ayrle H., Mevissen M., Kaske M., Nathues H., Gruetzner N., Melzig M. & Walkenhorst M. (2016) Medicinal plants - prophylactic and therapeutic options for gastrointestinal and respiratory diseases in calves and piglets? A systematic review. BMC Vet Res. 12(1), 89-120
-Bischoff T., Vogl C.R., Ivemeyer S., Klarer F., Meier B., Hamburger M. & Walkenhorst M. (2016) Plant and natural product based homemade remedies manufactured and used by farmers of six central Swiss cantons to treat livestock. Livestock Science 189, 110-125
-Brendieck-Worm C. & Melzig M.F. (2018) Phytotherapie in der Tiermedizin. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, pp. 88-89, 93 & 127
-Brendieck-Worm C., Klarer F. & Stöger E. (2015) Heilende Kräuter für Tiere: Pflanzliche Hausmittel für Heim- und Nutztiere. Haupt Verlag, Bern, pp. 46-59 & 107
-Disler M., Ivemeyer S., Hamburger M., Vogl C.R., Tesic A., Klarer F., Meier B. & Walkenhorst M. (2014) Ethnoveterinary herbal remedies used by farmers in four north-eastern Swiss cantons (St. Gallen, Thurgau, Appenzell Innerrhoden and Appenzell Ausserrhoden). J Ethnobiol Ethnomed. 10, 32-54
-European Medicines Agency (EMA) (2010) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): Community herbal monograph on Potentilla erecta (L.) Raeusch., rhizoma, final. EMEA/HMPC/5513/2010, 25 November 2010, http://www.ema.europa.eu (1995-2016)
-Hänsel R. & Sticher O. (2010) Pharmakognosie - Phytopharmazie. 9. Auflage. Springer Verlag, Berlin, pp. 1171-1172
-Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen (2010) Tormentillae rhizoma, Verf.: K.-H. Horz, J. Reichling, http://www.drugbase.de, Datenstand 15.08.2010
-Hiller K. & Melzig (2010) Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, p. 470
-Kommission E (1990) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft, 50445 Köln
-Mayer M., Zbinden M., Vogl C.R., Ivemeyer S., Meier B., Amorena M., Maeschli A., Hamburger M. & Walkenhorst M. (2017) Swiss ethnoveterinary knowledge on medicinal plants - a within-country comparison of Italian speaking regions with north-western German speaking regions. J Ethnobiol Ethnomed. 13, 1-23
-Ph. Eur. 10: Pharmacopoea Europaea (2020) Grundwerk, 10. Ausgabe, p. 2485
-Pharmavista (2016) www.pharmavista.net, Produkte Schweiz
-PubChem (2016) pubchem.ncbi.nlm.nih.gov
-Reichling J., Frater-Schröder M., Saller R., Fitzi-Rathgen J. & Gachnian-Mirtscheva R. (2016) Heilpflanzenkunde für die Veterinärpraxis. 3. Auflage. Springer Verlag, Berlin, pp. 130-132 & 206
-Shushunov S., Balashov L., Kravtsova A., Krasnogorsky I. & Latté K.P., Vasiliev A. (2009) Determination of acute toxicity of the aqueous extract of Potentilla erecta (Tormentil) rhizomes in rats and mice. J Med Food. 12(5), 1173-1176
-Stucki K., Dal Cero M., Vogl C.R., Ivemeyer S., Meier B., Maeschli A., Hamburger M. & Walkenhorst M. (2019) Ethnoveterinary contemporary knowledge of farmers in pre-alpine and alpine regions of the Swiss cantons of Bern and Lucerne compared to ancient and recent literature - Is there a tradition? J Ethnopharmacol. 234, 225-244
-Teuscher E., Melzig M.F. & Lindequist U. (2012) Biogene Arzneimittel: Lehrbuch der Pharmazeutischen Biologie. 7. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, pp. 352-353
-Wichtl M. (2009) Teedrogen und Phytopharmaka: Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. 5. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, pp. 670-672
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