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Cholecalciferol

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Cholecalciferol (Vitamin D3) bildet bei Raumtemperatur ein weisses, kristallines Pulver ohne wahrnehmbaren Geruch oder Geschmack. Es ist in Wasser unlöslich, in Ölen gering, in Ethanol und in fast allen organischen Lösungsmitteln gut löslich. In unverarbeitetem Zustand wird Cholecalciferol an der Luft innerhalb weniger Tage oxidiert.
 

2. Quellen

Mehrere Quellen stehen im Zusammenhang mit einem Überangebot an Vitamin D. Neben Dosierungs- oder Mischfehlern bei der Futterzubereitung ereignen sich Vergiftungen wegen der Aufnahme von Rattenködern, die mit Cholecalciferol versetzt sind (auch in Kombination mit anderen Rodentiziden). Ferner kommt es vor allem bei Hunden zu Vergiftungen durch die Ingestion von Humanarzneimitteln, die synthetische Derivate von Vitamin D3 enthalten (zum Beispiel Calcipotriol, Tacalcitol). Solche Wirkstoffe werden gegen Psoriasis und andere proliferative Hauterkrankungen verschrieben. Bei Herbivoren führen schliesslich hohe Mengen an Cholecalciferol in gewissen Pflanzen - zum Beispiel im Goldhafer (Trisetum flavescens) - zu Hypervitaminosen.
 

3. Kinetik

Cholecalciferol wird über den Magen-Darm-Trakt aufgenommen und in die Leber transportiert. Daneben entsteht Cholecalciferol in der Haut unter dem Einfluss von UV-Strahlen. Eine Speicherung findet in der Leber und im Fettgewebe statt. Cholecalciferol wird ein erstes Mal in der Leber und ein zweites Mal in den Nieren hydroxyliert, wobei 1,25- oder 24,25-Dihydroxycholecalciferol entsteht, die potentesten Metaboliten der Synthese. Bei einer Vergiftung ist die Serumkonzentration von 25-Hydroxycholecalciferol stärker und länger erhöht als die Serumkonzentration der Dihydroxycholecalciferole.
Die Halbwertszeit von Cholecalciferol beträgt bis zu 30 Tagen. Die Stoffwechselvorgänge mit dem pflanzlichen Ergocalciferol (Vitamin D2) sind analog denen von Cholecalciferol.
 

4. Toxisches Prinzip

Cholecalciferol verursacht im Organismus eine Hyperkalzämie, indem es die intestinale Resorption von Calcium erhöht, die osteoklastische Calciumfreisetzung aus dem Knochen fördert und die renale Rückresorption steigert. Durch Calciumphosphatablagerung führt die Hyperkalzämie zur Mineralisierung der Leber, Nieren, Gefässwände, Magen-Darm-Trakt und anderer Weichteile. Es folgen schwere Organschädigungen. Die Demineralisierung des Knochengewebes erhöht die Gefahr von Knochenbrüchen.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 MausRatteKaninchenHuhn
Calcipotriol 2.2-2.5  
Cholecalciferol (Vitamin D3) 42  
Ergocalciferol (Vitamin D2)23.756  
Tacalcitol3.1-3.43.3  
 

II. Spezielle Toxikologie - Pferd

1. Toxizität

Es konnten in der Literatur keine genauen Angaben zur Toxizität beim Pferd gefunden werden.
 

2. Latenz

Die Latenzzeit zwischen der Aufnahme von Vitamin D und Ausbruch der ersten Symptome dauert mindestens 1-2 Tage.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Steifer Gang, Lethargie, Anorexie, Depression, Durst, Hyperthermie, eventuell Festliegen
  
3.2Nervensystem
Paresen der Gliedmassen
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Keine Symptome
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Keine Symptome
  
3.5Respirationstrakt
Tachypnoe
  
3.6Herz, Kreislauf
Tachykardie
  
3.7Bewegungsapparat
Lahmheit
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Polyurie
  
3.10Fell, Haut, Schleimhäute
Keine Symptome
  
3.11Blut, Blutbildung
Keine Symptome
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Sektionsbefunde

Bei der histologischen Untersuchung fällt die multiple Mineralisation der Weichgewebe auf. Es sind praktisch alle Organe betroffen: Magen-Darm-Trakt, Leber, Niere, Lungen, Herz und Blutgefässe. Bevorzugt lagert sich Calciumphosphat zwischen elastischen Fasern oder Kollagenfasern ab.
 

5. Weiterführende Diagnostik

Erhöhter Kalzium- und Phosphorgehalt im Serum; die Normalwerte sind wie folgt: Kalzium 10.4-13.4 mg/dl (2.6-3.3 mmol/L), Phosphor 2.3-5.4 mg/dl (0.7-1.7 mmol/L).
 

6. Differentialdiagnosen

Polyarthritis, Hufrehe; Vergiftung durch Arsen, Chrom oder Nitrophenole; Infektionskrankheiten; Hyperkalzämien verursacht durch Hyperparathyreoidismus oder Tumoren (Pseudohyperparathyreoidismus) müssen ebenfalls ausgeschlossen werden.
 

7. Therapie

7.1Infusionen
Behandlung mit Infusionen und Diuretika unter ständiger Überwachung der Calciumkonzentration im Serum
  
7.2Glucokorticoide
Glucocorticoide vermindern die enterale Resorption von Kalzium
  
7.3Analgetika
Langfristige Schmerztherapie mit nichtsteroidalen Antiphlogistika
 

8. Fallbeispiel

Ein vierjähriger 399 kg schwerer Araberhengst fiel durch steifen Gang auf. Bei der Untersuchung wurde ein erhöhter Puls (60 Schläge/Minute), eine erhöhte Körpertemperatur (38.6°C) und eine leicht erhöhte Atemfrequenz (16 Atemzüge/Minute) festgestellt. Dem wurde nicht viel Bedeutung beigemessen, da man es für die Folgen einer Laminitis aufgrund zu kurz ausgeschnittener Hufe hielt. In der folgenden Woche zeigte der Hengst Apathie und Anorexie. Eine Woche nach Einsetzen der Symptome wurde das Pferd festliegend im Stall gefunden. Die Atemfrequenz lag jetzt bei 20 Atemzügen/Minute, die Temperatur bei 38.9° C und der Puls bei 70 Schlägen/Minute. Die weitere Untersuchung ergab keine Hinweise auf Laminitis. Bei den labordiagnostischen Messungen fiel der erhöhte Phosphorgehalt im Serum auf (7,4 mg/dl). Darauf wurde eine Behandlung mit Phenylbutazon und Antibiotika eingeleitet. Eine Woche später wurde von einem Untersuchungsamt, das von dem Besitzer eines Pferdes mit ähnlichen Symptomen beauftragt worden war, mitgeteilt, dass das verwendete Kraftfutter statt 1'102 IU Cholecalciferol/kg 1'102'311 IU/kg enthielt. Das Kraftfutter wurde sofort abgesetzt. Die Antibiotika wurden abgesetzt, aber die Behandlung mit nichtsteroidalen Antiphlogistika wurde fortgesetzt. Der Hengst erholte sich nur sehr langsam, so dauerte es über zwei Monate bis die Herzfrequenz wieder im Normbereich lag. Erst nach sechs Monaten war er vollständig genesen (Harrington & Page, 1983).
 

9. Literatur

Dougherty SA, Center SA & Dzanis DA (1990) Salmon calcitonin as adjunct treatment for Vitamin D toxicosis in a dog. J Am Vet Med Ass 196, 1269-1272
 
Fan TM, Simpson KW, Trasti S, Birnbaum N, Center SA & Yeager A (1998) Calcipotriol toxicity in a dog. J Small Anim Pract 39, 581-586
 
Fooshee SK & Forrester SD (1990) Hypercalcemia secondary to cholecalciferol rodentizide toxicosis in two dogs. J Am Vet Med Ass 196, 1265-1268
 
Gangolli S (1999) The dictionary of substances and their effects, Second Edition. Royal Society of Chemistry, Cambridge
 
Gunter R, Felice LJ, Nelson RK & Franson AM (1988) Toxicitiy of a vitamin D3 rodenticide to dogs. J Am Vet Med Ass 193, 211-214
 
Harrington DD (1982) Acute vitamin D2 toxicosis in horses. J Am Vet Med Ass 180, 867-873
 
Harrington DD & Page EH (1983) Acute vitamin D3 toxicosis in horses. J Am Vet Med Ass 182, 1358-1369
 
Humphreys DJ (1988) Veterinary Toxikology, Bailliere Tindall, pp 126-127
 
Imaizumi T, Tsuruta M, Kitagaki T, Ono M, Shirakawa K, Nagata M & Konishi R (1996) Single dose toxicity studies of calcipotriol in rats and dogs. J Toxicol Sci 21 Suppl 2, 277-285
 
Lorgue, G., Lechenet, J., Rivière, A. (1987) Précis de Toxicologie Clinique Vétérinaire, Édition du Point Vétérinaire, Maisons-Alfort, pp 56-57
 
Moore FM, Kudisch M, Richter K & Faggella A (1988) Hypercalcemia associated with rodenticide poisoning in three cats. J Am Vet Med Ass 193, 1099-1100
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