Der Wechsel von der Muttermilch auf stärke- und pflanzenprotein-haltiges Festfutter begünstigt infolge mangelhaft sezernierter Verdauungsenzyme das Auftreten von Durchfall. Die abrupte Futterumstellung führt zudem wegen mangelnder Sekretion von HCl im Magen zu einem Anstieg des pH-Werts, was die Vermehrung von E. coli begünstigt. Nach einer ersten Phase mit reduziertem oder fehlendem Futterverzehr direkt nach dem Absetzen überfressen sich Absetzferkel häufig. Die reduzierte Futteraufnahme beim Absetzen führt zudem zu einer Verkürzung der Darmzotten, wodurch die Resorption in der zweiten Phase nach dem Absetzen zusätzlich reduziert ist.
● | Zusammenstellen von neuen Gruppen beim Absetzen |
● | Futterumstellung ohne "Fresstraining" während der Säugezeit |
● | Kein Rein/Raus, Reinigung (Desinfektion), Abtrocknen lassen vor dem Einstallen der Absetzferkel |
● | Temperatur im Liegebereich < 25°C |
● | Zu wenig Fressplätze |
● | Fein vermahlenes Futter mit wenig Rohfaser und hohem Rohproteingehalt |
● | Weiterverfütterung des Starterfutters über das Absetzen hinaus (fehlende organische Säuren im Starterfutter) |
● | Suboptimale Wasserversorgung |
● | ETEC |
● | STEC/EDEC |
● | L. intracellularis: in der Schweiz findet die Infektion jedoch häufig erst im Alter von 6 - 12 Wochen statt (chronische Form der porzinen proliferativen Enteropathie (PPE)). |
● | Brachyspira (B.) hyodysenteriae |
● | B. pilosicoli |
Differentialdiagnostisch müssen vor allem Rotaviren, Coronaviren und PCV2-assoziierte Enteritis (PCV2-ED) ausgeschlossen werden. Seltener kommen Parasiten oder Salmonella typhimurium vor.
E. coli F4, F18 ac/ad: Inappetenz, Apathie, wässriger Durchfall
E. coli F18 ab: Ödeme an Augenlidern, Nasenrücken, Kehlgang und in der Magen-Darm-Wand, Gallenblasenwand, zentralnervöse Störungen, sowie Dys- und Aphonie.
L. intracellularis: Die klinischen Symptome sind je nach Zeitpunkt der Infektion und Erregermenge unterschiedlich. Hauptsymptome bei der chronischen Form sind breiiger Durchfall, schlechte Futterverwertung und Auseinanderwachsen. Bei der akuten Form ist das akute Auftreten von blutigem Durchfall, Blässe und Todesfälle vor allem bei Mastschweinen und Jungsauen typisch.
B. hyodysenteriae: Durchfall mit Blut- und Schleimhautbeimengungen, Auseinanderwachsen, schlechte Futterverwertung, reduzierter täglicher Zuwachs, Apathie, Appetitlosigkeit, i. d. R. kein Fieber.
B. pilosicoli: Symptome wie bei B. hyodysenteriae, aber milderer Verlauf ohne blutigen Durchfall
B. hampsonii: Symptome wie bei B. hyodysenteriae; kann Typhlocolitis verursachen
Für eine gezielte Therapie sowie die Erstellung und Etablierung eines bestandsspezifischen Impfkonzepts sind labordiagnostische Massnahmen unentbehrlich. Da für das Überleben der Tiere häufig sofortige Therapien erforderlich sind, können makroskopische Befunde und Lokalisation von Veränderungen bei Hofsektionen bereits wichtige ätiologische Hinweise liefern.
Diagnostische Untersuchungen siehe im Abschnitt "Durchfallerkrankungen beim Schwein".
Tritt bei Absetzferkeln und/oder Mastschweinen eines Bestandes oder zweier Bestände mit fester Lieferbeziehung wiederkehrend Diarrhoe auf, die durch eine hohe Konzentration von L. intracellularis im Kot bzw. der Schleimhaut des Ileums gekennzeichnet ist, sollte eine Impfung gegen den Erreger in Erwägung gezogen werden.
Zurzeit sind in Europa drei Impfstoffe gegen L. intracellularis erhältlich (Tabelle 7). Da es sich bei einem der drei Impfstoffe um eine oral zu verabreichende, bakterielle Lebendvakzine handelt, dürfen die Schweine 3 Tage vor und 3 Tage nach der Impfung mit diesem Impfstoff nicht mit Antibiotika behandelt werden (Tabelle 8), weil andernfalls der Impfstamm abgetötet und jeglicher Impferfolg verhindert wird. Diese Einschränkung sollte in der Praxis wenig Probleme bereiten, da die Impffähigkeit der Schweine grundsätzlich in Frage zu stellen ist, wenn zeitgleich / zeitnah zum Impfzeitpunkt eine Antibiose erfolgt.
Tabelle 7: In der Schweiz zugelassene Impfstoffe gegen L. intracellularis
Produkt | Zulassungsinhaber | Leb./inakt. | Indikation |
Porcilis® Lawsonia | MSD Animal Health GmbH | inaktiviert | Lawsonia intracellularis-Infektion |
Porcilis® Lawsonia ID | MSD Animal Health GmbH | inaktiviert | Lawsonia intracellularis-Infektion |
Enterisol® Ileitis | Boehringer Ingelheim GmbH | lebend attenuiert | Lawsonia intracellularis-Infektion |
Der optimale Impfzeitpunkt kann vor der Erstellung des bestandsspezifischen Impfkonzepts anhand einer serologischen Querschnittsuntersuchung determiniert werden. Es ist allerdings bekannt, dass in endemisch infizierten Beständen der Infektionszeitpunkt zwischen den einzelnen Produktionsgruppen stark variieren kann und eine solche Querschnittsuntersuchung somit lediglich den Status quo feststellt. In der Praxis hat sich daher eine Impfung der Saugferkel bewährt, weil damit frühestmöglich ein Impfschutz aufgebaut wird; unabhängig davon, wann sich die Schweine tatsächlich infizieren.
Tabelle 8: Impfschema zur Bekämpfung L. intracellularis bedingter Diarrhoe bei Absetzferkeln und Mastschweinen
Impfstoff |
Frühest möglicher Impfzeitpunkt | Grundimmunisierung | Wiederholung | Bemerkung |
Enterisol® Ileitis | ab einem Lebensalter von 3 Wochen (oral) | Einmalige Impfung ausreichend | Keine | Da es sich um einen Lebendimpfstoff handelt, dürfen Chemotherapeutika, die gegen den Erreger wirksam sind, drei Tage vor und nach der Impfung nicht eingesetzt werden. |
Porcilis® Lawsonia & Porcilis® Lawsonia ID | ab einem Lebensalter von 3 Wochen (i.m. bzw. i.d.) | Einmalige Impfung ausreichend | Keine | Ab der 3. Lebenswoche |
In Beständen, in denen nicht mit reinerbig F18-resistenten Sauen und Ebern gezüchtet wird, kann nach dem Absetzen die Ödemkrankheit auftreten. Sofern sich das Problem nicht durch Umsetzung anderer Präventionsmassnahmen kontrollieren lässt, ist anstatt einer metaphylaktischen Behandlung der Absetzferkel mit Colistin im Futter die Impfung der Saugferkel zu bevorzugen.
Aktuell sind zwei Impfstoffe gegen die Ödemkrankheit zugelassen (Tabelle 9), der Saugferkeln ab dem 4. Lebenstag verabreicht werden kann (Tabelle 10). Aufgrund der kurzen Zeit des Risikos - die ersten 21 Tage nach dem Absetzen - ist eine Wiederholungsimpfung nicht notwendig.
Tabelle 9: In der Schweiz zugelassene Impfstoffe gegen Shigatoxin-bildende E. coli
Produkt | Zulassungsinhaber | Leb./inakt. | Indikation |
Ecoporc Shiga | Biokema SA | Toxoid | Escherichia coli-Infektion, Enterotoxämie (Ödemkrankheit) |
Vepured | Dr. E. Graeub AG | Toxoid | Escherichia coli-Infektion, Enterotoxämie (Ödemkrankheit) |
Tabelle 10: Impfschema zur Bekämpfung E. coli bedingter Ödemkrankheit bei Absetzferkeln
Frühest möglicher Impfzeitpunkt | Grundimmunisierung | Wiederholung | Bemerkung |
ab einem Lebensalter von 2 resp. 4 Tagen | Eine Impfung | Keine | Damit der Impfschutz gegeben ist, müssen die Tiere mindestens drei Wochen vor dem Absetzen immunisiert werden. |
Impfstoffe gegen Brachyspira spp. sind zurzeit nicht erhältlich. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass auch die Anwendung stallspezifischer Impfstoffe keine Protektion vermittelt und somit nicht indiziert ist.
● | Kranke Tiere wenn möglich separieren |
● | Frische Elektrolyttränke in Schalen anbieten, Wasserangebot und -qualität optimieren |
● | Verabreichung von Ferkelwühlerde z. B. mit Essig durchmischt (ansäurende Wirkung) |
● | Kurzfristige Futterreduktion |
● | Prä-starterfutter ab der 2. Lebenswoche (Fresstraining) |
● | Säurehaltiges Diätfutter (Ca, P und RP-Gehalte abgesenkt); Rohfaseranteil optimieren |
● | Infektionsketten unterbrechen (Rein / Raus; Reinigung / Desinfektion, Heizen des Stalls) |
● | E. coli Durchfall: Züchtung auf F4-Resistenz |
● | Ödemkrankheit: Züchtung auf F18-Resistenz |
● | Stallbauliche Massnahmen, sofern starke Haltungs- und Klimamängel |
● | Temperatur im Liegebereich optimieren |