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Verwendete Pflanzen (Botanik)

Orthosiphon aristatus (Blume) Miq.
 
Verwendete Pflanzenteile

Definition

Nach Ph. Eur. 10: Die ganzen oder zerkleinerten, getrockneten Laubblätter und Stängelspitzen von Orthosiphon aristatus (Blume) Miq. var. aristatus (Syn. Orthosiphon stamineus Benth.)
 
Gehalt:
-Mindestens 0.3% Rosmarinsäure (C18H16O8; Mr 360.3), bezogen auf die getrocknete Droge (Ph. Eur. 10, 2020).
-Gehaltsbestimmung: Flüssigchromatographie (Ph. Eur. 10, 2020).
 
Reinheit:
-Fremde Bestandteile: höchstens 5% Stängelanteile mit einem Durchmesser von mehr als 1 mm und höchstens 2% andere fremde Bestandteile (Ph. Eur. 10, 2020).
-Trocknungsverlust: höchstens 11.0%, mit 1.000 g pulverisierter Droge durch 2 Stunden langes Trocknen im Trockenschrank bei 105°C bestimmt (Ph. Eur. 10, 2020).
-Asche: höchstens 12.5.0% (Ph. Eur. 10, 2020).
 
Extraktionsverfahren:
-Wasser (Infus, Trockenextrakt; Brendieck-Worm & Melzig, 2021; EMA, 2021; Wichtl, 2009)
-Wasser und säurehaltiges Medium (Mazerat; Feed Materials Register, 2020)
-Ethanol 25% m/m (Flüssigextrakt; EMA, 2021)
-Ethanol 30% V/V (Trockenextrakt; EMA, 2021)
-Ethanol 60% V/V (Trockenextrakt; EMA, 2021)
-Ethanol 70% V/V (Trockenextrakt EMA, 2021)
 
Verfälschungen: Werden gelegentlich beobachtet, meist mit Blättern anderer Orthosiphon-Arten. Diese sind praktisch geruchlos und sie lassen sich mittels Dünnschichtchromatographie unterscheiden (Wichtl, 2009).
 

Übliche Zubereitungen

Zerkleinerte und pulverisierte Droge, Flüssig- und Trockenextrakt, Infus und Kapseln (Brendieck-Worm & Melzig, 2021; EMA, 2021; Hagers Enzyklopädie, 2009; Pharmavista, 2022; Teuscher et al., 2012; Wichtl, 2009).
 

Pharmakognosie

Organoleptische Angaben

Aussehen

Nach Ph. Eur. 10:
-Die Blätter sind brüchig, ganz oder zerkleinert; vollständig vorliegende Blätter sind durchschnittlich 7.5 cm lang und 2.5 cm breit. Der Blattstiel ist kurz, die Blattspreite eiförmig oder lanzettlich, oben zugespitzt und an der Basis keilförmig. Die Blattunterseite ist hellgraugrün, die Oberseite grün oder dunkelgrün. Die Nervatur ist fiederförmig und zeigt nur wenige Seitennerven. Unter der Lupe (10x) ist zu erkennen, dass die Seitennerven, nachdem sie zunächst parallel zum Mittelnerv verlaufen, in spitzem Winkel von ihm abzweigen. Der Blattrand ist unregelmässig grob gezähnt, bisweilen gekerbt und leicht zur Blattunterseite hin gekrümmt. Die Blattstiele sind dünn, 4-kantig, 4-8 mm lang und wie die Hauptnerven gewöhnlich violett gefärbt. Gelegentlich finden sich traubige Blütenstände mit bläulich weissen oder violetten, noch nicht geöffneten Blüten.
-Das Pulver ist grün oder dunkelgrün (Ph. Eur. 10, 2020).
 

Geruch

Schwach aromatisch (Reichling et al., 2016); sehr schwach aromatisch (Wichtl, 2009).
 

Geschmack

Etwas salzig, schwach bitter und adstringierend (Reichling et al., 2016; Wichtl, 2009).
 
Inhaltsstoffe

Leitsubstanzen

Mineralstoffe (bis 12%) mit einem hohen Anteil an Kalium (bis zu 3%), Saponine (bis 4.5%), Flavonoide (0.5-0.7%), ätherisches Öl (bis 0.7 %), Phenolsäuren (0.5-1 %), Phytosterole, Inositol, Diterpene (bis 0.2%), Triterpene und Chromene, z.T. Aflatoxine (unter 1 µg/kg).
-Flavonoide: v.a. lipophile Flavone (0.2%), wie Sinensetin, Scutellareintetramethylether, Eupatorin und Salvigenin.
-Phenolsäuren: u.a. Rosmarinsäure, Dicafeylweinsäure und Lithospermsäure.
-Phytosterole: u.a. β-Sitosterol.
-Ätherisches Öl: u.a. mit den Sesquiterpenen α-Caryophyllen (Humulen), β-Caryophyllen, Caryophyllenoxid.
-Diterpene: hochhydroxylierte Diterpenester vom Isoprimaran-Typ, u.a. Orthosiphol A-E (0.2%), Stamina-Typ, u.a. Staminolactone A und B, und Norstamonan-Typ., u.a. Norstaminol A.
-Chromene: u.a. Methylripariochromen A.
(Brendieck-Worm & Melzig, 2021; EMA, 2014; ESCOP, 2003; Hänsel & Sticher, 2010; Hagers Enzyklopädie, 2009; Hiller & Melzig, 2010; Kuck, 2021; Mayer, 2009; Teuscher et al., 2012; WHO, 2002; Wichtl, 2009; Wynn & Fougère, 2007)
 
 
Pharmakologie

Wirkung

-Diuretische (aquaretische) und schwach spasmolytische Wirkung (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
-Hypourikämische, entzündungshemmende, antibakterielle, antihypertensive, hypoglykämische, antimykotische, zytotoxische, fiebersenkende und antioxidative Wirkung, Hemmung der Lipoxygenase im Arachidonsäurestoffwechsel und Wachstumshemmung von Kalziumoxalatkristallen (EMA, 2021).
-Antimikrobielle (in vitro, u.a. gegen Streptococcus mutans, Candida albicans, Fusarium oxysporum) und diuretische (bzw. aquaretische) Wirkung (Reichling et al., 2016).
-Diuretische Wirkung (Teuscher et al., 2012).
-Diuretische, saluretische, bakteriostatische und fungistatische Wirkung (Wichtl, 2009).
 
Monographien

Monographien

-Ph. Eur. 10/2020: 10.0/1229
-ESCOP: Monographie vorhanden (2003)
-WHO: keine Monographie vorhanden (15.8.2022)
-HMPC (EMA): Monographie vorhanden (Doc.Ref.: EMA/HMPC/486551/2020 vom 22.9.2021)
-Kommission E: Monographie vorhanden, ATC-Code: C03FA (BAnz. Nr. 50 vom 13.3.1986)
 

Medizinische Anwendungen

Veterinärmedizin

Anwendungen

Anerkannte tiermedizinische Anwendung

-An trächtigen und nicht-trächtigen Ratten mit Streptozotocin-induziertem Diabetes konnte gezeigt werden, dass ein Orthosiphon stamineus-Extrakt (0.1 g/100 g Körpergewicht, p.o., während 10 bzw. 14 Tagen) den Blutzuckerspiegel im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant senkte und die glukosebedingte Insulinsekretion stimulierte. Für die Reduktion des Bluglukosespiegels dürften die Peptide GLP-1 und Ghrelin eine Rolle spielen. Während der gesamten Studie gab keine Anzeichen einer Toxizität sowohl bei den Muttertieren als auch beim Fötus und es traten keine Todesfälle auf (Lokman et al., 2019).
 

Traditionelle Anwendung

-Innerlich zur Durchspülung bei Blasen- und Nierenkatarrh, Reizblase, Zystitis sowie zur Vorbeugung gegen Nierengriess (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
-Innerlich zur Durchspülungstherapie bei bakteriellen und entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege und bei Nierengriess (Reichling et al., 2016).
 

Dosierung

Innerliche Anwendung
-Dosierung analog der Hauhechelwurzel (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
 
 Orthosiphonblätter
(Droge/Tag)
Kalb1.0-2.0 g
(Reichling et al., 2016)
 

Zubereitung

Innerliche Anwendung
-Infus: 2-3 Teelöffel der fein geschnittenen Droge mit 150 ml kochendem Wasser übergiessen, zugedeckt 5-20 Minuten ziehen lassen (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
-Infus (1:10): 1-2 g Blattdroge mit 200 ml heissem Wasser übergiessen, 5 Minuten ziehen lassen, dann Ansatz durch ein Teesieb geben; vom Aufguss jeweils 100 ml 2-mal pro Tag dem Tier verabreichen (Reichling et al., 2016).
 
Kombinationen
Rezepturen zur Anregung der Diurese:
-Species diureticae PH - harntreibender Tee II zur Durchspülungstherapie bei Harnwegsinfektionen (alle Tierarten ausser Katze): Anis, zerstossen 10 g, Birkenblätter 10 g, Schachtelhalmkraut 25 g, Wacholderbeeren, zerstossen 25 g, Liebstöckelwurzel 10 g und Orthosiphonblätter 20 g mischen; 2 Teelöffel mit 250 ml kochendem Wasser übergiessen, 10 Minuten zugedeckt ziehen lassen; grossen Tieren tassenweise, Kleintieren teelöffelweise eingeben (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
Ergänzungsfuttermittel mit Katzenbart:
-Es stehen Ergänzungsfuttermittel für mehrere Tierarten zur Verfügung, in denen Katzenbart u.a. mit Bärentraubenblättern, Buschklee und Mariendistel kombiniert ist (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
 

Hinweise

-Katzenbart ist für Katzen eingeschränkt geeignet, wiederholte Anwendung nur nach strenger Indikation (niedrig dosieren, Wiederholung maximal jeden 2. Tag) (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
-Gegenanzeigen: bei Neigung zu Ödemen infolge einer Herz- oder Niereninsuffizienz ist die Anwendung von Katzenbartzubereitungen kontraindiziert, ebenso wenn der Verdacht besteht, dass Steine die Harnwege verlegen (vergeblicher Harndrang, Koliksymptome) (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
-Es muss eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr gewährleistet sein (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
-Mögliche Wechselwirkungen mit Diuretika (Wynn & Fougère, 2007).
 

Toxizität

-Akute Toxizität: Die orale LD50 von wässrigen, 50% wässrig-ethanolischen und ethanolischen Extrakten aus Orthosiphon-Blättern liegt bei Ratten über 5000 mg/kg (EMA, 2021).
-Chronische Toxizität: Der NOAEL wurde auf 5 g/kg/Tag und der NOEL auf 0.5 g/kg/Tag festgelegt (EMA, 2021).
 

Verfügbarkeit

Siehe unter Fertigpräparate und -produkte Schweiz und Deutschland; Fertigprodukte sind in Arzneibuchqualität im Fachhandel erhältlich (Pharmavista, 2022).
 

Gesetzliche Vorschriften, Doping

Rückstandsregelungen

-TAMV: Orthosiphon aristatus ist nicht auf der Liste 2/Anhang 2 aufgeführt und darf deshalb bei Nutztieren nicht als Wirkstoff eingesetzt werden.
-European Feed Materials Register (momentan für die Schweiz nicht gültig): Orthosiphon stamineus (Blätter, getrocknet, geschnitten, pulverisiert, durch Mazeration gewonnene Flüssigkeit, Fermetat) ist in der EU als Einzelfuttermittel registriert unter 008852-EN, 008852-FR, 008852-NL (2020-03-09); 005368-EN, 005368-IT (2015-03-09); 001398-EN, 001398-FR (2011-02-14).
 

Doping

Orthosiphon aristatus ist keine dopingverdächtige Substanz.
Die Dopingrelevanz von Pflanzen ändert sich kontinuierlich. Die aktuellen Daten zum Pferdesport (FEI) sind ersichtlich unter der Liste der verbotenen Substanzen.
 
Literatur
-Brendieck-Worm C. & Melzig M.F. (2021) Phytotherapie in der Tiermedizin. 2. Auflage. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, pp. 277, 291-292, 297, 524 & 537
-ESCOP monographs. The scientific foundation for herbal medicinal products, 2nd edition, completely revised and expanded (2003) Ed. F.H. Kemper, Thieme Verlag, Stuttgart, pp. 354-358
-European Medicines Agency (EMA) (2021) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): Assessment report on Orthosiphon aristatus (Blume) Miq. var. aristatus, folium, final. Doc. Ref.: EMA/HMPC/486549/2020, 22 September 2021, http://www.ema.europa.eu (1995-2022)
-European Medicines Agency (EMA) (2021) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): European Union herbal monograph on Orthosiphon aristatus (Blume) Miq. var. aristatus, folium, final. Doc. Ref.: EMA/HMPC/486551/2020, 22 September 2021, http://www.ema.europa.eu (1995-2022)
-Hänsel R. & Sticher O. (2010) Pharmakognosie - Phytopharmazie. 9. Auflage. Springer Verlag, Berlin, p. 211
-Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen (2009) Hrsg.: Blaschek W., Ebel S., Hilgenfeldt U., Holzgrabe U. & Reichling J., http://www.drugbase.de
-Hiller K. & Melzig (2010) Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, pp. 419-420
-Kommission E (1990) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft, 50445 Köln
-Lokman E.F., Saparuddin F., Muhammad H., Omar M.H. & Zulkapli A. (2019) Orthosiphon stamineus as a potential antidiabetic drug in maternal hyperglycemia in streptozotocin-induced diabetic rats. Integr Med Res. 8(3), 173-179
-Ph. Eur. 10: Pharmacopoea Europaea (2020), Grundwerk, 10. Ausgabe, pp. 2346-2348
-Pharmavista (2021) www.pharmavista.net, Produkte Schweiz
-PubChem (2021) pubchem.ncbi.nlm.nih.gov
-Reichling J., Frater-Schröder M., Saller R., Fitzi-Rathgen J. & Gachnian-Mirtscheva R. (2016) Heilpflanzenkunde für die Veterinärpraxis. 3. Auflage. Springer Verlag, Berlin, pp. 283-284
-Teuscher E., Melzig M.F. & Lindequist U. (2012) Biogene Arzneimittel: Lehrbuch der Pharmazeutischen Biologie. 7. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, p. 315
-Wichtl M. (2009) Teedrogen und Phytopharmaka: Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. 5. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, pp. 478-481
-Wynn S.G. & Fougère B.J. (2007) Veterinary herbal medicine. Mosby Elsevier, St. Louis, Missouri, p. 201
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