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Dithiocarbamate

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Dithiocarbamate sind Ester und Salze der Dithiocarbaminsäure. Die Dithiocarbamate zeichnen sich durch eine geringe Löslichkeit in Wasser aus, dagegen sind sie gut löslich in organischen Lösungsmitteln.
 

2. Quellen

Die Stoffe werden als Fungizide, Herbizide und Insektizide - meist in Form von Spritzpulvern - eingesetzt. Thiram wird auch als Repellens gegen Kaninchen oder Wühlmäuse gebraucht. Ferner dienen Dithiocarbamate als Vulkanisationsbeschleuniger in der Gummiindustrie. In der Humanmedizin werden Dithiocarbamate (Disulfiram) zur Behandlung des Alkoholismus eingesetzt. Dithiocarb ist ein Chelator, der die Ausscheidung von Nickel beschleunigt.
 

3. Kinetik

Eine Resorption erfolgt sowohl über den Gastrointestinaltrakt wie auch über Haut oder Atemwege. In den Vormägen der Wiederkäuer entstehen Abbauprodukte, die selbst toxisch wirken (Schwefelkohlenstoff, Schwefelwasserstoff, Dialkylamin). Der weitere Metabolismus erfolgt in der Leber. Die höchsten Rückstandskonzentrationen sind in Schilddrüse, Pankreas, Hoden und Zwerchfell zu finden. Der grösste Teil der aufgenommenen Dithiocarbamate wird teils unverändert, teils als Metabolit innerhalb von 72 Stunden mit den Faeces und im Harn ausgeschieden. Die bedeutendsten Metaboliten sind Dialkylthiocarbamidsäure und Ethylenthioharnstoff.
 

4. Toxisches Prinzip

-Reizung der Schleimhäute im Verdauungs- und Respirationstrakt (in hohen Dosen): Vermutlich durch Denaturierung von Fe-, Zn-, Cu- und SH-Gruppen enthaltenden Proteinen.
-Neurologische Wirkung (ebenfalls in hohen Dosen): Paresen, Paralyse durch Demyelinisierung und Axondegeneration.
-Endokrine Aktivitäten: Hemmung der Thyroxinsynthese in der Schilddrüse, erhöhte Freisetzung von Thyreotropin, Vergrösserung der Schilddrüse, Störung der Eischalenbildung bei Vögeln, Hemmung der Ovulation und der Spermatogenese, Aborte und Missbildungen.
-Alkoholintoleranz: Disulfiram (Antabus), Metiram und Thiram bewirken zusammen mit Alkohol einen Anstieg des Acetaldehydblutspiegels durch Blockade der Aldehyddehydrogenase.
-Thiram ist ein gefürchtetes Kontaktallergen bei beruflich exponierten Personen.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Die akute orale LD50 ist wie folgt (in mg/kg Körpergewicht):
 
 MausRatteKaninchenHuhn
Carbaten 2`000  
Disulfiram1`9808`600  
Dithiocarb1`5001`500  
Ferbam3`4001`130  
Mancozeb 5`000-15`000  
Maneb2`600-4`5006`700-7`500  
Metam50820-1`700320 
Methyl-metiram 1`540  
Metiram> 5`400> 10`000  
Nabam580395  
Propineb> 5`0008`5002`500 
Thiram (TMTD)1`350640-1`900210 
Zineb7`6001`850-5`200  
Ziram 1`400100-300 
 
Weitere Angaben zur Toxizität der Dithiocarbamate:
-Metiram: No-Effect-Level für Hunde beim 90-Tage-Fütterungstest, 45 mg/kg/Tag.
-Thiram: 100-500 ppm in der Futterration über längere Zeit führt zu weichen Eierschalen, verminderter Legeleistung und Missbildungen beim Geflügel; minimal letale Dosis für Katzen, 230 mg/kg p.o.
-Ziram: 500 ppm im Futter über längere Zeit führt zur verminderten Legeleistung bei Vögeln.
 

6. Umwelttoxikologie

Es besteht eine mittlere Fischtoxizität. Die Gewässerschutzauflagen müssen beachtet werden.
 

II. Spezielle Toxikologie - Wiederkäuer

1. Toxizität

Erst die Aufnahme einer grösseren Menge dieser Fungizide über mehrere Tage kann beim Säugetier Erkrankungssymptome auslösen. In der Literatur sind folgende Angaben zu finden:
-Thiram: Die minimal letale Dosis beträgt für das Schaf 225 mg/kg Körpergewicht p.o., die tägliche orale Dosis von 1 g/Tier über längere Zeit führt bei Schafen zu Aborten. Beim Rind sollte die tägliche Dosis von 0.57 mg/kg p.o. nicht überschritten werden.
-Zineb: 40 mg/kg/Tag p.o. führen zur verminderten Gewichtszunahme bei Rindern. Rinder und Schafe vertragen eine einmalige Dosis von 500 mg/kg p.o. oder wiederholte Gaben von 250 mg/kg p.o. Letal für das Schaf sind 500 mg/kg/Tag p.o. während 15 Tagen.
-Ziram: Minimal toxische Konzentration im Futter für Rinder: 600 ppm (bezogen auf die Trockenmasse).
 

2. Latenz

Es gibt sowohl akute wie auch chronische Vergiftungen.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Anorexie, Ataxie, Apathie, Lethargie, Tod durch Herzstillstand; Wachstumsrückstand bei chronischer Exposition
  
3.2Nervensystem
Paresen, Paralyse
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Hypersalivation
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Durchfall, Tympanie; bei Vergiftung mit Zineb: Gelber Kot
  
3.5Respirationstrakt
Dyspnoe
  
3.6Herz, Kreislauf
Herzstillstand
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Keine Symptome
  
3.10Fell, Haut, Schleimhäute
Alopezie möglich
  
3.11Blut, Blutbildung
Keine Symptome
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Brunstlosigkeit, Aborte (beim Schaf), Unfruchtbarkeit der männlichen Tiere
 

4. Sektionsbefunde

Gastroenteritis, multiple Hämorrhagien, Nieren- und Leberdegeneration, Glykogenose der Leberzellen, Pneumonie; bei chronischer Vergiftung: vergrösserte Schilddrüsen.
 

5. Weiterführende Diagnostik

Nachweis der Fungizidrückstände im Futter; Nachweis der verminderten Schilddrüsenfunktion.
 

6. Differentialdiagnosen

Magen-Darm-Parasiten, Schimmelpilztoxine, Herbizidvergiftung.
 

7. Therapie

7.1Notfalltherapie
-Kreislauf: Substitution von Flüssigkeit.
 
7.2Dekontamination
-Dekontamination des Gastrointestinaltraktes: Aktivkohle, Glaubersalz.
-Im Fall einer dermalen Exposition: Reinigung von Fell und Haut mit Detergens.
 

8. Fallbeispiel

Zineb wurde zum Futter von schwarzbunten Kälbern in der Menge von 0.4-40 mg/kg Körpergewicht/Tag beigefügt und während 270 Tagen verabreicht. Es wurden dosisabhängige thyreotrope Wirkungen festgestellt, die in Grössenzunahme und Funktionsverminderung der Schilddrüsen bestanden. Die Testikel zeigten Gewichtsverminderung und Keimzellverarmung. Diese Resultate zeigen, dass eine chronische Zineb-Aufnahme - selbst in so geringen Mengen wie 4 mg/kg Körpergewicht/Tag - unerwünschte endokrine Wirkungen auslösen kann (Soffietti et al., 1988).
 

9. Literatur

Buck WB (1978) Clinical toxicosis induced by pesticides in livestock. Vet Med 73, 810-819
 
Lorgue G, Lechenet J & Rivière A (1996) Clinical Veterinary Toxicology (Chapman MJ ed) Blackwell Science, London, pp 66-67
 
Nebbia C, Dacasto M, Topi B, Burdino E & Ugazio G (1997) Zinc ethylen-bis-dithiocarbamate (Zineb) mediated inhibition of monooxygenases and lipid peroxidation in bovine liver microsomes. Vet Hum Toxicol 39, 272-275
 
Nebbia C, Dacasto M, Valenza F, Burdino E, Ugazio G & Fink-Gremmels J (1995) Effects of subchronic administration of zinc-ethylene-bis-dithiocarbamate (Zineb) to rabbits. Vet Hum Toxicol 37, 137-140
 
Nebbia C, Ferrero E, Valenza, F, Castagnaro M, Re G & Soffietti MG (1991) Pathologic changes, tissue distribution, and extent of conversion to ethylenethiourea after subacute administration of zinc ethylen-bis-dithiocarbamate (zineb) to calves with immature rumen function. Am J Vet Res 52, 1717-1722
 
Radostits OM, Blood DC, Gay CC & Hinchcliff KW (1999) Fungicides. In: Veterinary Medicine (Radostits OM, Blood DC, Gay CC & Hinchcliff KW, eds) Saunders Company London, p 1619
 
Soffietti GM, Nebbia C, Biolatti B, Re G, Castagnaro M, Cottino F & Guarda F (1988) Toxicology of fungicides: effects of 270 days administration of zinc ethylen-bis-dithiocarbamate in Friesian cattle. Schw Arch Tierhlk 130, 657-672
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