2. Quellen
Kontaminiertes Futter, besonders auf Erdnüssen, Gerste, Hafer, Mais oder Roggen. Für den Menschen stehen Kaffeebohnen, Bier und andere Lebensmittel als mögliche Expositionsquelle im Vordergrund. Ochratoxine werden von verschiedenen Schimmelpilzarten (
Penicillium und
Aspergillus) gebildet. Dabei handelt es sich um Lagerungspilze, die bei genügender Feuchtigkeit das Futter nach der Ernte befallen und sich auch in kälteren Regionen vermehren können (Mindesttemperatur für Toxinbildung: 12°C).
3. Kinetik
Die orale Bioverfügbarkeit von Ochratoxin A liegt bei 40-65%. Die Ausscheidung wird durch eine relativ starke Plasmaproteinbindung verlangsamt. Bei Hühnern beträgt die Eliminationshalbwertszeit 4 Stunden, beim Kaninchen 8 Stunden, beim nicht-ruminierenden Kalb 3-4 Tage, beim Schwein 3-7 Tage, bei Primaten 35 Tage. Die Ausscheidung von Ochratoxin und verschiedenen Metaboliten erfolgt über die Galle und den Harn, ein geringer Teil wird auch über die Milch ausgeschieden. Es entstehen Rückstände von Ochratoxin A in der Milch, in den Parenchymen und in beträchlichen Mengen auch in der Muskulatur. Der Verbraucher muss durch die Festlegung von Grenzwerten geschützt werden.
4. Toxisches Prinzip
- | Der Phenylalaninrest von Ochratoxin A bindet an die Phenylalanin-t-RNA-Synthetase. Dadurch wird die ribosomale Proteinsynthese blockiert. Von dieser Wirkung besonders betroffen sind die Nieren und die Leber. In den Nieren kommt es zur proximalen Tubulusdegeneration mit interstitieller Fibrose. |
- | Eine teratogene Wirkung durch Ochratoxin A liegt bei Maus, Ratte, Hamster und Hühnern vor. |
- | Ochratoxin A weist eine deutlich karzinogene Wirkung in Mäusen auf (Adenome der Leber und Nieren). In Ratten erzeugt die Substanz nur Nierentumore mit geringer Inzidenz. |
5. Toxizität bei Labortieren
Die akute orale LD
50 von Ochratoxin A ist wie folgt (in mg/kg Körpergewicht): Maus: 46, Ratte: 20, Huhn: 3.3, Meerschweinchen: 9, Enten: 0.3.
II. Spezielle Toxikologie - Wiederkäuer
1. Toxizität
Von den Haustieren sind besonders Schweine, Geflügel und Hunde empfindlich. Die Toxizität von Ochratoxin A bei Wiederkäuern wird in der Literatur wie folgt angegeben:
- | Rind: Minimal toxische Konzentration im Futter 20 ppm, minimal letale Dosis 13 mg/kg Körpergewicht. |
- | Nicht-ruminierendes Kalb: Minimal toxische Konzentration im Futter 1 ppm, minimal letale Dosis 4 mg/kg Körpergewicht. |
- | Schaf: Minimal toxische Konzentration im Futter 20 ppm. |
2. Latenz
Die Latenzzeit beträgt mindestens 5-6 Tage.
3. Symptome
3.1 | Allgemeinzustand,Verhalten |
| Anorexie, Wachstumsrückstand, Durst |
|
3.2 | Nervensystem |
| Keine Symptome |
|
3.3 | Oberer Gastrointestinaltrakt |
| Keine Symptome |
|
3.4 | Unterer Gastrointestinaltrakt |
| Durchfall |
|
3.5 | Respirationstrakt |
| Keine Symptome |
|
3.6 | Herz, Kreislauf |
| Keine Symptome |
|
3.7 | Bewegungsapparat |
| Keine Symptome |
|
3.8 | Augen, Augenlider |
| Keine Symptome |
|
3.9 | Harntrakt |
| Polyurie |
|
3.10 | Fell, Haut, Schleimhäute |
| Keine Symptome |
|
3.11 | Blut, Blutbildung |
| Keine Symptome |
|
3.12 | Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation |
| Herabgesetzte Milchleistung |
4. Sektionsbefunde
Degeneration der proximalen Nierentubuli, interstitielle Fibrose der Nierenrinde, Hyalinisierung der Glomeruli.
5. Weiterführende Diagnostik
5.1 | Allgemeines Vorgehen bei Verdacht auf Mykotoxinvergiftung |
- | Die Untersuchung gestorbener Tiere veranlassen: Sektion, Histologie, etc., damit andere Krankheits- oder Todesursachen ausgeschlossen werden können. |
- | Das verdächtige Futter absetzen und für den Nachweis von Mykotoxinen sicherstellen. |
- | Schimmelpilze und Mykotoxine sind oft ungleichmässig im Futter verteilt, deshalb mehrere Proben an verschiedenen Orten sammeln (zum Beispiel in der Mitte und der Peripherie eines Heuballens). |
- | Probenentnahme protokollieren: Zeitpunkt, Ort im Heuballen oder Silo, Beschaffenheit (feucht, trocken, klumpig), Farbe und Geruch der Proben. |
- | Proben trocknen und in Papier einwickeln. Plastiktüten oder -behälter eignen sich nur, wenn die Proben sofort eingefroren werden. |
- | Detaillierten Situationsbericht mitschicken; das Labor muss mit Hilfe ihrer Informationen entscheiden, nach welchen Mykotoxinen gesucht wird. |
5.2 | Nachweis der Ochratoxine im Futter mittels Chromatographie oder Immunoassay |
Bei einem Verdacht auf Mykotoxine sollte folgendes berücksichtigt werden:
- | Wegen der grossen Zahl von chemisch verschiedenen Verbindungen muss in der Regel nach mehreren Toxinen gesucht werden. |
- | Ein hoher Schimmelpilzbefall bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Proben tatsächlich mit Mykotoxinen kontaminiert sind. Es ist bekannt, dass nicht alle der vielen Schimmelpilzarten Toxine bilden, und auch die potentiellen Toxinbildner brauchen für die Produktion der toxischen Verbindungen bestimmte Umweltbedingungen (Nährstoffzusammensetzung). Auch wenn eine bestimmte Schimmelpilzart identifiziert wird, ist es deshalb nicht möglich, auf die Gegenwart des entsprechenden Mykotoxins zu schliessen. |
- | Andererseits ist es möglich, dass die Proben hohe Konzentrationen eines Mykotoxins enthalten, ohne dass die Zahl der Schimmelpilze erhöht ist. Dies könnte geschehen, wenn die Schimmelpilze während der Futterzubereitung zum Beispiel durch Erhitzung zerstört würden und nur die hitzestabilen Toxine erhalten blieben. |
5.3 | Nachweis der Ochratoxine im Nierengewebe, in der Muskulatur oder der Milch |
6. Differentialdiagnosen
Magendarmparasiten, Schwermetallvergiftungen
7. Therapie
Absetzen der kontaminierten Quelle, Heu füttern, reichliche Tränkewasserzufuhr gewährleisten.
8. Fallbeispiel
Chronische Vergiftungen gehen mit allgemeiner Leistungsverminderung einher. Dokumentierte Fälle von akuten Vergiftungen bei Wiederkäuern liegen den Autoren nicht vor.
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