mdi-book-open-variant Impressum mdi-help Hilfe / Anleitung mdi-printer Webseite ausdrucken mdi-bookmark Bookmark der Webseite speichern mdi-magnify Suche & Index Toxikologie mdi-sitemap Sitemap CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-home Startseite CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-email Beratungsdienst: Email / Post / Fax / Telefon

Brom und Bromverbindungen

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Brom ist eine braunrote Flüssigkeit, die an der Luft schnell verdampft. In der Natur kommt dieses Element nur in Form von verschiedenen Bromverbindungen vor. Methylbromid (Brommethan) ist ein bei Zimmertemperatur gasförmiger Stoff von ätherischem Geruch. Methylbromid ist farblos, nicht brennbar und schwerer als Luft, sammelt sich daher in den unteren Raumschichten an.
 

2. Quellen

Bromverbindungen werden umfangreich als Arzneimittel eingesetzt. Vergiftungen treten meist wegen bromhaltiger Industrieabfälle oder in Folge der Anwendung von Methylbromid als Insektizid, Nematizid, Fungizid oder Herbizid auf.
 

3. Kinetik

Hinsichtlich der Resorption, Verteilung und Elimination verhalten sich Bromionen wie die entsprechenden Chloridionen. Methylbromid wird über die Haut oder Lungen resorbiert. Bei der Metabolisierung von Methylbromid entsteht der Reihe nach Methylalkohol, Formalin und Ameisensäure. Das Verteilungsvolumen von Brom ist 0.35-0.48 Liter/kg Körpergewicht. Die Halbwertszeit von Brom beträgt beim Hund 37-46 Tage. Für den Menschen wird eine Halbwertszeit von 9-12 Tagen angegeben. Die Ausscheidung erfolgt hauptsächlich über die Nieren und die Milch.
 

4. Toxisches Prinzip

-Elementares Brom hat eine stark reizende Wirkung auf die Haut und Schleimhäute.
-Bei chronischer Bromvergiftung kann es durch die vermehrte Ausscheidung von Brom über die Hautdrüsen zur so genannten ,Bromakne" kommen.
-Bromate wirken toxikologisch wie Chlorate und führen zu Methämoglobinbildung und Hämolyse.
-Bromaceton, Bromacetophenon und Brombenzylcyanid sind Tränengase, allerdings sind sie wenig toxisch.
-Bromidionen ersetzen Chloridionen in verschiedenen Membrantransportsystemen, besonders im ZNS. Bis zu 30% der Chloridionen können durch Brom substituiert werden, wobei die Erregungsleitungsfunktion der neuronalen Membranen gehemmt wird.
-Methylbromid führt zu Lungenödem und Degenerationen im ZNS.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Die akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht) ist wie folgt:
-Bromacetat: 100 (Maus), 177 (Ratte).
-Kaliumbromat: 160-320 (Ratte).
-Sodiumbromid: 3`500 (Ratte).
 
Der MAK-Wert für Methylbromid ist 20 ppm.
 

II. Spezielle Toxikologie - Wiederkäuer

1. Toxizität bei Wiederkäuern

Brom ist ab einer Konzentration von 4650 ppm im Futter (bezogen auf das Trockengewicht) toxisch.
 

2. Latenz

Im Vordergrund stehen chronische Vergiftungen. Die Tiere erkranken Tage bis Wochen nach Beginn der Fütterung mit kontaminiertem Futter.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Apathie, Inkoordination, Ataxie, Lethargie, Sedation, Depression
  
3.2Nervensystem
Verzögerte Reflexe, Muskelschwäche
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Keine Symptome
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Tympanie, Obstipation
  
3.5Respirationstrakt
Bei Einatmen von Bromdämpfen oder Methylbromid: Husten, Dyspnoe
  
3.6Herz, Kreislauf
Keine Symptome
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Lakrimation durch gasförmige Bromverbindungen (Tränengase)
  
3.9Harntrakt
Keine Symptome
  
3.10Haut, Schleimhaut, Fell
Bromakne
  
3.11Blut, Blutbildung
Bromate führen zu Methämoglobinbildung und Hämolyse
  
3.132Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Sektionsbefund

Je nach Vergiftungsart: Lungenödem, Dermatitis, dunkles, schlecht geronnenes Blut.
 

5. Weiterführende Diagnostik

Toxische Wirkungen sind ab einer Bromkonzentration im Blut von 50 mg/100 ml (6.3 mmol/L) zu erwarten.
 

6. Differentialdiagnosen

Milzbrand, Chloratvergiftung, Kupfervergiftung, Kohl-, Zwiebel- und Rapsvergiftung, Harnwegserkrankungen, puerperale Hämoglobinurie, Leptospirose, Tränkehämoglobinurie, Babesiose, bazilläre Hämoglobinurie, bakterielle Pneumonie.
 

7. Therapie

7.1Notfalltherapie
-Kreislauf unterstützen.
 
7.2Dekontamination
-Aktivkohle, Glaubersalz
-Reinigung von Fell und Haut mit warmem Wasser.
 
7.3Weitere symptomatische Massnahmen
-Lungenödem: Glucocorticoide
 
7.4Forcierte Ausscheidung
-Kochsalzinfusionen (Verdrängung von Brom- durch Chloridionen).
 

8. Fallbeispiel

Es kam zu einer Bromvergiftung von Rindern, Pferden und Ziegen durch kontaminiertes Heu. Dieses stammte von einer Wiese, die im Herbst mit Methylbromid behandelt worden war. Das Heu beinhaltete 6`800-8`400 ppm Brom (bezogen auf das Trockengewicht). Die Tiere zeigten Ataxie, Lethargie, waren schwach und hatten Körpertemperaturen von bis zu 41C. Die meisten Tiere erholten sich nach absetzen der kontaminierten Futterquelle innert einiger Tagen, andere jedoch mussten euthanasiert werden (Knight et al, 1977; Knight & Reina-Guerra, 1977).
 

9. Literatur

Carney MW (1971) Five cases of bromism. Lancet 2, 523-524
 
Humphreys DJ (1988) Veterinary Toxicology, Baillières Tindall, London, p 26
 
Knight HD & Costner GC (1977) Bromide intoxication of horses, goats, and cattle. J Am Vet Med Ass 171, 446-448
 
Knight HD & Reina-Guerra M (1977) Intoxication of cattle with sodium bromide-contaminated feed. Am J Vet Res 38, 407-409
 
Radostits OM, Blood DC, Gay CC, Hinchcliff KW (1999) Bromide Poisoning. In: Veterinay Medicine (Radostits OM, Blood DC, Gay CC, Hinchcliff KW eds) Saunders Company, St.Louis, p 1609
 
Rothenberg DM, Berns AS, Barkin R & Glantz RN (1990) Bromide intoxication secondary to pyridostigmine bromide therapy. J Am Med Assoc 263, 1121-1122
 
Trepanier LA & Babish JG (1995) Pharmacokinetic properties of bromide in dogs after the intravenous and oral administration of single doses. Res Vet Sci 58, 248-251
© 2024 - Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie

Es kann keinerlei Haftung für Ansprüche übernommen werden, die aus dieser Webseite erwachsen könnten.