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Triazine

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Triazine sind farblos, kristallin und in Wasser nur schlecht löslich. Auch die Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln ist begrenzt, weswegen diese Herbizide vor allem als Spritzpulver, Emulsions- oder Suspensionskonzentrat auf dem Markt erhältlich sind.
 

2. Quellen

Die Triazine werden als Herbizide, Fungizide und zur Algenbekämpfung eingesetzt.
 

3. Kinetik

In der Regel werden die Triazine im Säugerorganismus nach oraler Gabe rasch absorbiert. Der Abbau erfolgt über Hydrolyse, Desalkylierung, Desaminierung, die Abspaltung von Chlor und letztlich durch Öffnung des Triazinrings.
Innerhalb von 24 Stunden werden 50-90% der aufgenommenen Triazinmenge zum Teil in unveränderter Form wieder ausgeschieden, bevorzugt über die Nieren. Nur ein Bruchteil (< 5%) wird über die Milch ausgeschieden.
 

4. Toxisches Prinzip

Triazine verursachen eine Irritation der Haut und Schleimhäute; die Vergiftung äussert sich durch Anorexie, Pansenatonie bei Wiederkäuern, Kolik, Erbrechen und Durchfall.
Für Pflanzenfressser spielt die vermehrte Kontamination von Dürrfutter und Silage mit Giftpflanzen eine wichtige Rolle: Da einige Giftpflanzen resistent gegen Triazine sind, kann es zur Anreicherung dieser Pflanzen im Futter kommen.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Akute, orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 MausRatteKaninchenHuhn
Ametryn9651'110  
Aminotriazol14'70011'000  
Anilazin3'672-5'0002'710400 
Atraton9052'400  
Atrazin1'7502'500-3'0807502200
Aziprotryn 3'600-5'833  
Cyanazin380149-344141 
Cyprazin 1'200  
Desmetryn 1'390  
Dipropetryn 3'900  
Hexazinon 1'690  
Isomethiozin> 2'500> 10'000  
Metamitron1'4501'800-3'343  
Methoprotryn2'400> 5'000  
Metribuzin7002'200  
Prometon2'1602'980  
Prometryn2'5003'750  
Propazin> 5'000> 5'000  
Sebuthylazin 4'430  
Secbumeton 2'680700 
Simazin> 5'000> 5'000> 5'000> 5'000
Terbumeton2'343483-651  
Terbutryn5'0002'980 4'000
Terbutylazin 2'160  
Trietazin 2'830-4'000  
 

6. Umwelttoxikologie

Triazine verbleiben relativ lange in der Umwelt. Zum Beispiel wird Atrazin im Boden mit einer Halbwertszeit von 6-10 Wochen abgebaut. Die Gefährlichkeit der Triazinrückstände in der Umwelt ist umstritten, weil hohe Konzentrationen dieser Substanzen notwendig sind, um im Tierversuch karzinogene und endokrine Wirkungen auszulösen.
Atrazin führt allerdings schon in geringen Dosen zur Feminisierung von männlichen Fröschen (durch Induktion mit des Enzyms Aromatase) und wird deshalb mit dem fortschreitenden Verschwinden der Amphibienpopulationen in Zusammenhang gebracht.
 

II. Spezielle Toxikologie - Wiederkäuer

1. Toxizität

Ernsthafte Vergiftungen sind durch die Aufnahme von besprühtem Gras nicht möglich. Nur durch die direkte Aufnahme grösserer Mengen der Konzentrate oder Spritzlösungen kann es zu Vergiftungserscheinungen kommen. Einzelne Toxizitätsdaten sind wie folgt:
 
1.1Atrazin
Rind:Die minimale toxische Dosis beträgt 100 mg/kg Körpergewicht p.o. oder 25 mg/kg p.o. an 2 Tagen, die minimale letale Dosis beträgt 2mal 250 mg/kg p.o. oder 25 mg/kg p.o. während 28 Tagen.
Schaf:Die minimale toxische Dosis beträgt 100 mg/kg p.o. oder 5 mg/kg an 10 Tagen, 100 mg/kg/Tag p.o. führt nach 2 Wochen zum Tod, ebenso 250 mg/kg p.o. an 2 Tagen.
  
1.2Aminotriazol
Schaf:Die minimale letale Dosis beträgt 2 g/kg p.o.
  
1.3Propazin
Rind, Schaf:250 mg/kg/Tag p.o. während mehreren Tagen führen zu Vergiftungserscheinungen.
  
1.4Prometryn
Rind:Die minimale toxische Dosis beträgt 50 mg/kg an 2 Tagen, die minimale letale Dosis beträgt 100 mg/kg p.o.
Schaf:Die minimal letale Dosis beträgt 100 mg/kg p.o. an 6 Tagen.
  
1.5Simazin
Rind:Die minimale toxische Dosis beträgt 200-250 mg/kg p.o. oder 25 mg/kg/Tag p.o. an 3-10 Tagen, die minimale letale Dosis beträgt 50 mg/kg/Tag p.o. während mehreren Tagen.
Schaf:Die minimale toxische Dosis beträgt 200-250 mg/kg p.o., die minimale letale Dosis beträgt 500 mg/kg p.o., wiederholte Gaben von 50 mg/kg/Tag p.o. können nach 17 Tagen letal sein, 400 mg/kg an 6 Tagen sind letal, ebenso 100 mg/kg an 14 Tagen.
 

2. Latenz

Es können sowohl akute wie chronische Vergiftungen auftreten.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Schwäche, Anorexie, Ataxie, Hyperthermie, Festliegen, Tod
  
3.2Nervensystem
Tetanie der Nachhand, Muskelschwäche
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Speicheln
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Durchfall, Kolik
  
3.5Respirationstrakt
Husten, Dyspnoe
  
3.6Herz, Kreislauf
Keine Symptome
  
3.7Bewegungsapparat
Steifer Gang
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Keine Symptome
  
3.10Fell, Haut, Schleimhäute
Keine Symptome
  
3.11Blut, Blutbildung
Keine Symptome
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Sektionsbefund

Die Triazinvergiftung hinterlässt nur unspezifische Veränderungen: Gastroenteritis, Hämorrhagien an Herz, Leber und Nieren möglich, eventuell Kongestion von Lunge und Magen-Darm-Trakt, Vergrösserung und Degeneration der Leber, myokardiale Degeneration.
 

5. Weiterführende Diagnostik

Triazine sind in Urin, Magen-Darm-Inhalt, Leber und Fettgewebe mittels Gaschromatographie nachweisbar.
 

6. Differentialdiagnosen

Es müssen folgende Differentialdiagnosen in Erwägung gezogen werden: Kolik anderer Ursache, Vergiftung mit anderen Herbiziden, Weidetetanie, Weaver-Syndrom, Swayback, Erkrankung des Respirationstraktes, Giftpflanzen.
 

7. Therapie

7.1Notfalltherapie
-Kreislauf: Flüssigkeit- und Elektrolytersatz
 
7.2Dekontamination
-Dekontamination des Gastrointestinaltraktes: Aktivkohle
-Bei dermaler Exposition Reinigung von Fell und Haut durch Abwaschen mit Wasser und mildem Detergens.
-Forcierte Ausscheidung: Diurese fördern.
 
7.3Weitere symptomatische Massnahmen
-Analgetika und Kolikbehandlung: Metamizol oder Flunixin
-Regulation der Körpertemperatur: Mit Wasser kühlen.
 

8. Fallbeispiele

8.1Eine grössere Menge von Simazin war versehentlich auf einer Weide deponiert worden, so dass die Schafe während 2 Wochen Zugang dazu hatten. Die betroffenen Tiere zeigten Ataxie und eine progressive Tetanie der Nachhand. Bei der Sektion fielen myokardiale Degeneration, Kongestion der Leber und vergrösserte retropharyngeale Lymphknoten auf. Die Diagnose konnte mit dem Nachweis von Simazin in Leber (0.2-1.9 ppm), Fett von (0.2-2.5 ppm), Hirn (um 0.4 ppm) und Rumeninhalt (um 165 ppm) bestätigt werden (Allender & Glastonbury, 1992).
  
8.2In einem Versuch wurde Atrazin an 6 Rindern verabreicht (400 mg/Tier p.o., also eine letale Dosis). Drei Rinder wurden behandelt, indem sie nach 4, 24, 48 und 72 Stunden jeweils 454 g Aktivkohle p.o erhielten. Die anderen 3 Tiere dienten als Kontrollgruppe. Alle 6 Rinder zeigten nach 12 Stunden Salivation, Ataxie, steifes Gehen, leicht erhöhte Körpertemperatur, leicht erhöhte Atemfrequenz sowie einen leicht erhöhten Puls. Die nicht behandelten Tiere verendeten innert 72 h, während sich die anderen 3 Tiere innert 8 Tagen erholten. In dieser Zeit war ihre Futteraufnahme deutlich reduziert (Kobel & Campbell, 1985).
 

9. Literatur

Allender WJ & Glastonbury JW (1992) Simazine Toxicosis in Sheep. Vet Hum Toxicol 34, 422-423
 
Bakke JE, Robbins JD & Feil VJ (1971) Metabolism of 2-methoxy-4-ethylamino-6-sec-butylamino-s-triazine by dairy cow and goat. J Agr Food Chem 19, 462-466
 
Buck WB (1978) Clinical toxicosis induced by pesticides in livestock. Vet Med 73, 810-819
 
Humphreys DJ (1988) Veterinary Toxicology, Baillières Tindall, London, pp 139-140
 
Johnson AE, Van Kampen KR & Binnis W (1972) Effects on cattle and sheep of eating hay treated with the triazine herbicides, atrazine and prometone. Am J Vet Res 33, 1433-1438
 
Kobel W & Campbell JB (1985) Protective effect of activated charcoal in cattle poisoned with atrazine. Vet Hum Toxicol 27, 185-188
 
Lorgue G, Lechenet J & Rivière A (1996) Clinical Veterinary Toxicology, Blackwell Science, London, p 184
 
Plumlee HK (1996) Herbicides. In: Large Animal Internal Medicine (Smith BP ed) Mosby-Year Book, St. Louis, p 1911
 
Radostits OM, Blood DC, Gay CC & Hinchcliff KW (1999) Herbicides. In: Veterinay Medicine (Radostits OM, Blood DC, Gay CC & Hinchcliff KW, eds) Saunders Company London, pp 1618-1619
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