mdi-book-open-variant Impressum mdi-help Hilfe / Anleitung mdi-printer Webseite ausdrucken mdi-bookmark Bookmark der Webseite speichern mdi-magnify Suche & Index Toxikologie mdi-sitemap Sitemap CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-home Startseite CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-email Beratungsdienst: Email / Post / Fax / Telefon

Magnesium und Magnesiumverbindungen

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Magnesium gehört zu den biologisch essentiellen Elementen. Metallisches Magnesium ist silberglänzend und leicht verformbar. Magnesiumsulfat erscheint in Form von weissen Kristallen. Das Heptahydrat von Magnesiumsulfat wird auch Bittersalz genannt.
 

2. Quellen

Magnesiumsulfat wird gegen Obstipationen eingesetzt, Magnesiumoxid zur Prophylaxe der Weidetetanie. Magnesiumsalze sind auch in verschiedenen Antazida enthalten. Magnesiumhydroxid wird als Flammenschutzmittel verwendet.
 

3. Kinetik

Die Resorption erfolgt beim Monogastrier überwiegend im Dünn- und teilweise im Dickdarm, beim Wiederkäuer dagegen vor allem aus den Vormägen. Die orale Bioverfügbarkeit beträgt 30-70%: Jungtiere, die nur mit Muttermilch ernährt werden, resorbieren Magnesium am besten, bei älteren Tieren sinkt die Bioverfügbarkeit. Magnesium wird vorwiegend intrazellulär zu 60% im Skelett und zu 40% im Weichteilgewebe gespeichert. Nur 1% des resorbierten Magnesiums ist in der Extrazellulärflüssigkeit enthalten. Die Ausscheidung erfolgt mit dem Harn. Säugende Tiere scheiden Magnesium auch über die Milch aus.
 

4. Toxisches Prinzip

Magnesium wirkt als Calciumantagonist an der neuromuskulären Endplatte und verhindert somit die Acetylcholinausschüttung, so dass es zu Lähmungen kommt. Ausserdem wirkt Magnesium vasodilatatorisch, am Herzen hat Magnesium die gleiche Wirkung wie Kalium (Verlängerung der Überleitungszeit) und kann in hohen Dosen zum Herzstillstand führen. Auf das ZNS wirkt Magnesium depressiv.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Akute, orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 MausRatteKaninchenHuhn
Magnesiumchlorat 5'250  
Magnesiumchlorid5'7008'100  
 

II. Spezielle Toxikologie - Wiederkäuer

1. Toxizität

1.1Der Magnesiumgehalt im Futter sollte höchstens 0.5% betragen (bezogen auf das Trockengewicht); 0.1% im Trinkwasser sind toxisch.
1.2Magnesiumsulfat (oder Bittersalz) wird von Rindern in Mengen bis zu 500 g und von Kälbern bis zu 50 g p.o. vertragen, sofern die Substanz als 6%ige Lösung verabreicht wird. Darmobstipationen, die die Magnesiumresorption erhöhen, oder Einschränkungen der Nierenfunktion, die die Magnesiumausscheidung vermindern, können eine Vergiftungen auslösen.
1.3Die minimal toxische Dosis von Magnesiumoxid beträgt beim Rind etwa 180 g/Tier p.o., 2.4% Magnesiumoxid im Futter (bezogen auf die Trockensubstanz) sind toxisch. Beim Schaf sind bereits 1.2% Magnesiumoxid im Futter (bezogen auf die Trockensubstanz) toxisch.
1.4Die Toxizität der intravenösen Verabreichung von Magnesiumchlorid wird durch die Kombination mit Calciumchlorid erniedrigt. Empfohlenes Mischverhältnis: 6-8 g CaCl2, 2-3 g MgCl2, 10 g Glukose, 100 ml H2O/100 kg Körpergewicht.
 

2. Latenz

Die Latenzzeit zwischen einer oralen Magnesiumsulfatverabreichung und dem Auftreten von Vergiftungssymptomen beträgt wenige Stunden; nach parenteraler Magnesiuminjektion treten die Symptome innerhalb von Minuten auf.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Inappetenz, Depression (narkoseähnlicher Zustand), Apathie, Festliegen (gebärpareseähnliches Krankheitsbild); bei Vergiftung durch kontaminiertes Wasser: Lecksucht
  
3.2Nervensystem
Verlust der Reflexe, Parese
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Keine Symptome
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Durchfall
  
3.5Respirationstrakt
Dyspnoe, Atmung langsam und vertieft, Atemlähmung
  
3.6Herz, Kreislauf
Arrhythmien, Blutdruckabfall
  
3.7Bewegungsapparat
Lähmungen der Gliedmassen
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Keine Symptome
  
3.10Fell, Haut, Schleimhäute
Keine Symptome
  
3.11Blut, Blutbildung
Keine Symptome
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Sektionsbefunde

Gastroenteritis nach oraler Aufnahme von Bittersalzen.
 

5. Weiterführende Diagnostik

Magnesiumgehalt im Blut: Die normalwerte für Rinder betragen 1.8-2.3 mg/dl (0.7-0.9 mmol/L), für Schafe 2.2-2.8 mg/dl (0.9-1.1 mmol/L) und für Ziegen 2.8-3.6 mg/dl (1.1-1.5 mmol/L).
 

6. Differentialdiagnosen

Fütterungsfehler, Gastroenteritiden anderer Genese, Giftpflanzen, Botulismus.
 

7. Therapie

7.1Entzug des kontaminierten Futters
  
7.2Kreislauf
-Flüssigkeits- und Elektrolytersatz
 
7.3Antidottherapie
-Infusion von Calciumgluconat, 0.5 ml/kg Körpergewicht einer 24%-igen Calciumboroglukonat-Lösung, verdünnt in Infusionsflüssigkeit langsam i.v. Bei Bedarf kann diese Therapie vorsichtig wiederholt werden.
 
7.4Diurese
-Verabreichung von Furosemid
 
7.5Aktivkohle ist bei Überdosierungen von Magnesium nicht wirksam
 

8. Fallbeispiele

8.1Eine dreijährige Kuh mit einem Körpergewicht von 430 kg wurde wegen Inappetenz und Durchfall untersucht. Es wurde die Verdachtsdiagnose eines Labmagenulkus gestellt. Die Kuh wurde daraufhin mit Antazida behandelt, die unter anderem Magnesiumhydroxid enthielten. Das Magnesiumhydroxid wurde in der vorgeschriebenen Dosis verabreicht (545 g Pulver in 3.8 Liter Wasser p.o.). Die Kuh erhielt zudem frisches Wasser mit 0,9%iger NaCl ad libitum angeboten. Diese Therapie wurde während 3 Tagen weitergeführt. Am 4. Tag verschlechterte sich der Allgemeinzustand der Kuh deutlich, sie erschien matt, zitterte, und hatte eine Nachhandschwäche. Labordiagnostisch wurde eine Hypermagnesiämie sowie eine Alkalose festgestellt. Am folgenden Tag war die Kuh festliegend. Sie erhielt eine 0,9%ige NaCl-Lösung mit Calcium angereichert i.v., aber einige Stunden später verendete sie trotzdem (Kasari et al., 1990).
  
8.2In einem Versuch wurde die Futterration für Bullen mit Magnesium (in Form von Magnesiumoxid) angereichert. Die 24 Jungbullen (Durchschnittsgewicht 363 kg) erhielten während 130 Tagen Futter mit einem Mg-Gehalt von 0.3, 1.4, 2.5 oder 4.7% (bezogen auf das Trockengewicht). Die Tiere, die das Futter mit 2.5% und 4.7% Magnesium erhielten, zeigten eine deutliche Inappetenz. Ferner bekamen diese Tiere schweren Durchfall und wurden apathisch. Der erhöhte Magnesiumgehalt des Futters führte zu einer progressiven Degeneration des Epithels im Pansen (Chester-Jones et al., 1990).
 

9. Literatur

Chester-Jones H, Fontenot JP & Veit HP (1990) Physiological and pathological effects of feeding high levels of magnesium to steers. J Anim Sci 68, 4400-4413
 
Chester-Jones H, Fontenot JP, Veit HP & Webb KE jr (1989) Physiological effects of feeding high levels of magnesium to sheep. J Anim Sci 67, 1070-1081
 
Hunt E (1996) Disorders Magnesium Metabolism. In: Large Animal Internal Medicine (Smith BP ed) Mosby-Year Book St.Louis, pp 1474-1479
 
Kasari TR, Woodbury AH & Morcom-Kasari E (1990) Adverse effect of orally administered magnesium hydroxide on serum magnesium concentration and systemic acid-base balance in adult cattle. J Am Vet Med Ass 196, 735-741
 
Kerk vd P (1973) Metabolic disorders in sheep and cattle, caused by the presence of magnesium oxide in concentrates. Tijd v Dirgeneesk 98, 1166-1168
 
Mulei CM & Daniel RC (1988) The effect of induced hyopmagnesaemia and hypermagnesaemia on the erythrocyte magnesium concentration in cattle. Vet Res
Comm 12, 289-290
 
O`Kelley RE & Fontenot JP (1969) Effects of feeding different magnesium levels to drylot-fed lactating beef cows. J Animal Sci 29, 959-965
 
Olgivie TH, Butler DG; Gartley CJ & Dohoo IR (1983) Magnesium oxide induced metabolic alkalosis in cattle. Can J Vet Res 47, 108-11
 
Smilkstein MJ, Steedle D, Kulig KW et al (1988) Magnesium levels after magnesium-containing cathartics. Clin Toxicol 26, 51-56
 
Somjen GG & Baskerville EN (1968) Effect of excess magnesium on vagal inhibition and acetylcholin sensitivity of the mammalian heart. Nature 217, 679-680
© 2024 - Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie

Es kann keinerlei Haftung für Ansprüche übernommen werden, die aus dieser Webseite erwachsen könnten.