2. Quellen
Glyphosat wird als Herbizid eingesetzt. Das gebräuchlichste Handelspräparat ("Roundup") enthält das Isopropylaminsalz von Glyphosat und besteht aus einem flüssigen, gelblich-braunen Konzentrat mit einem Glyphosatgehalt von 360-680 g/L. Als Lösungsvermittler ist dem Präparat 15% Polyoxyethylenamin beigemischt. Dieses Lösungsmittel ist etwa 3-mal toxischer als Glyphosat (LD
50 von Polyoxytethylenamin für die Ratte: 1-2 g/kg Körpergewicht).
3. Kinetik
Die orale Bioverfügbarkeit von Glyphosat liegt zwischen 15% und 35%. Über die Haut wird der Wirkstoff kaum resorbiert. Das Verteilungsvolumen ist relativ gering und beträgt beim Hund 0.28 L/kg. Glyphosat wird rasch mit dem Urin ausgeschieden, teils als Metabolit (AMPA) und teils im unmetabolisierten Zustand.
4. Toxisches Prinzip
Glyphosat zeichnet sich durch eine sehr geringe Toxizität beim Säugetier aus. Trotzdem wurde diese Substanz von Menschen für Selbstmordversuche missbraucht. Die orale Aufnahme grosser Mengen von Glyphosat führt zu folgenden Wirkungen: Gastrointestinale Irritationen (Erbrechen und Durchfall), Blutdruckabfall, metabolische Azidose, Atemschwierigkeiten, Niereninsuffizienz und Schock. Ein Teil dieser Symptome wird durch das Lösungsmittel verursacht.
5. Toxizität bei Labortieren
Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):
| Maus | Ratte | Kaninchen | Huhn |
Glyphosat | 1'568 | 5'600 | | |
II. Spezielle Toxikologie - Wiederkäuer
1. Toxizität
Die minimale toxische Dosis beträgt für das Rind 200 mg/kg Körpergewicht pro Tag p.o. Bei vorschriftsgemässer Anwendung des Heribizids sind keine Zwischenfälle zu befürchten.
2. Latenz
Die Symptome einer akuten Vergiftung treten innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme von Glyphosat in Erscheinung.
3. Symptome
3.1 | Allgemeinzustand, Verhalten |
| Anorexie, Schwäche, Kollaps |
|
3.2 | Nervensystem |
| Keine Symptome |
|
3.3 | Oberer Gastrointestinaltrakt |
| Salivation, Maulschleimhautläsionen |
|
3.4 | Unterer Gastrointestinaltrakt |
| Durchfall, KoliK |
|
3.5 | Respirationstrakt |
| Keine Symptome |
|
3.6 | Herz, Kreislauf |
| Keine Symptome |
|
3.7 | Bewegungsapparat |
| Keine Symptome |
|
3.8 | Augen, Augenlider |
| Keine Symptome |
|
3.9 | Harntrakt |
| Keine Symptome |
|
3.10 | Fell, Haut, Schleimhäute |
| Keine Symptome |
|
3.11 | Blut, Blutbildung |
| Keine Symptome |
|
3.12 | Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation |
| Keine Symptome |
4. Sektionsbefunde
Schleimhauterosionen und -ulcera, Laryngitis, Gastroenteritis.
5. Weiterführende Diagnostik
Es ist möglich, Glyphosat im Blut, Harn oder Mageninhalt mittels Gas- oder Flüssigchromatographie nachzuweisen. Es ist allerdings kein Vergiftungsfall bei Tieren bekannt, bei dem eine Analyse durchgeführt wurde.
6. Differentialdiagnosen
Gastroenteritiden und Koliken anderer Genese, andere Herbizidvergiftungen, Pflanzenvergiftungen, Magen-Darm-Wurmbefall.
7. Therapie
- | Gastrointestinaltrakt: Aktivkohle, Glaubersalz |
- | Forcierte Ausscheidung: Diurese fördern mit Glukose- oder Mannitolinfusionen. |
- | Falls die Augen betroffen sind, diese mit warmen Wasser auswaschen. |
7.3 | Weitere symptomatische Massnahmen |
- | Analgetika und Kolikbehandlung: Bei starken Schmerzen Analgetika wie Metamizol oder Flunixin verabreichen. |
- | Bei grösseren Läsionen der Schleimhäute ist ein antibiotische Versorgung angebracht. |
8. Fallbeispiele
8.1 | Vier junge Ziegen (drei Monate) hatten Gras gefressen, das zwei Wochen zuvor mit Glyphosat (Roundup) behandelt worden war. Zwei Tiere starben, zwei zeigten nur Durchfall und eine leichte Dehydradation. Behandelt wurden sie mit Metamizol, Atropin und einer Mischinfusion. Sie erholten sich zwar, blieben aber Kümmerer (Tox Info Suisse). |
|
8.2 | Eine Kuh (5 Jahre, 500 kg) hat eine unbekannte Menge Glyphosat aufgenommen. Sie zeigte eine halbe Stunde später Koliksymptome, Durchfall und Pansenatonie. Die Behandlung erfolgte mit einem Spasmolytikum. Am folgenden Tag war die Kuh klinisch unauffällig (Tox Info Suisse). |
9. Literatur
Burgat V, Keck D, Guerre P, Bigorre V & Pineau X (1998) Glyphosate toxicosis in domestic animals: A survey from the data of the Centre National d`Informations Toxicologiques Veterinaires (CNITV). Vet Hum Toxicol 40, 363-367
Hammond BG, Vicini JL, Hartnell GF, Naylor MW, Knight CD, Robinson EH, Fuchs RL & Padgette SR (1996) The feeding value of soybeans fed to rats, chickens, catfish and dairy cattle is not altered by genetic incorporation of glyphosate tolerance. J of Nutr 126, 717-727
Hung DZ, Deng JF & Wu TC (1997) Laryngeal survey in glyphosate intoxication: A pathophysiological investigation. Vet Hum Tox 16, 596-599
Kisseberth WWC, Buck WB, Mansfield ME & Manuel RK (1986) Preferential grazing by cattle on glyphosate-treated fescue pastures. Am J Vet Res 47, 696-698
Lorgue G, Lechenet J & Rivière A (1996) Glyphosphate. In: Clinical Veterinary Toxicology (Chapman MJ ed) Blackwell Science Ltd, London, pp 109-110
Rowe LD (1993) Organic Herbicides. In: Current Veterinary Therapy Food Animal
Practice, Saunders Company, Philadelphia, pp 386-393
Smith EA & Oehme FW (1992) The Biological Activity of Glyphosate to Plants and Animals: A Literature Review. Vet Human Toxicol 34, 531-541
Talbot AR, Shiaw MH, Huang JS, Yang SF, Goo TS, Wang SH, Chen CL & Sanford TR (1991) Acute poisoning with a glycophosphate-surfactant herbicide ("Roundup"): A review of 93 cases. Hum & Experimental Toxicology 10, 1-8