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alpha-Chloralose

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

α-Chloralose ist ein Kondensationsprodukt von Glukose und dem Hypnotikum Chloralhydrat. Der reine Wirkstoff liegt in Form weisser Kristallen vor und weist optische Ähnlichkeit mit Milchpulver auf. α-Chloralose besitzt eine gute Löslichkeit in Wasser, Alkohol, Äther oder Eisessig. Chloralhydrat löst sich ebenfalls in Wasser und verschiedenen organischen Lösungsmitteln.
 

2. Quellen

Der Wirkstoff wird in Köderform (mit Mehl oder Getreide vermischt) als Rodentizid und Avizid verwendet. Die Köder werden vor allem während der kalten Jahreszeiten ausgelegt, weil α-Chloralose bei Kleintieren zu einer starken Erniedrigung der Körpertemperatur führt.
 

3. Kinetik

Die Pharmakokinetik der α-Cloralose ist umstritten. In neueren Untersuchungen wurde gezeigt, dass Trichlorethanol im Blut und Urin des Menschen nach α-Cloralose-Exposition nicht nachweisbar war, obwohl in denselben Proben α-Cloralose entdeckt wurde. Dies lässt vermuten, dass zumindest beim Menschen Trichlorethanol im Metabolismus und Wirkung der α-Cloralose keine Rolle spielt (Kintz et al 1996). Beim Tier wird die α-Cloralose im Organismus zum grössten Teil zu Trichlorethanol metabolisiert (Segev et al 2005). Nur ein kleiner Teil der α-Cloralose wird nach oraler Aufnahme nicht metabolisiert und unverstoffwechselt, in freier Form mit dem Urin ausgeschieden (Kintz et al 1996). Aus Trichlorethanol entsteht in einem weiteren Umwandlungsprozess Trichloressigsäure, die in der Leber glucuronidiert und als inaktive Urochloralsäure über den Urin ausgeschieden wird (Segev et al 2005). Von der aufgenommenen Gesamtmenge werden etwa 50% innerhalb der ersten 24 Stunden umgewandelt und ausgeschieden, der gesamte Giftstoff wird innerhalb weniger Tagen vollständig eliminiert.
 

4. Toxisches Prinzip

α-Chloralose und Trichlorethanol haben eine depressive Wirkung auf das Zentralnervensystem (vor allem in der Formatio reticularis), α-Chloralose wirkt gleichzeitig stimulierend auf die spinalen Reflexe (Hyperreflexie). Dadurch können schon kleinste taktile oder akustische Reize zu Krämpfen und Konvulsionen führen. Daneben kann eine bronchiale Hypersekretion auftreten, die die Atmung behindert. Infolge Beeinträchtigung der Temperaturregulation wird die Körpertemperatur in einem für Kleintiere tödlichen Ausmass gesenkt.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 MausRatteKaninchenHuhn
α-Chloralose300400 100
Chloralhydrat640479  
 
Für Enten und Tauben betragen die akuten oralen LD50-Werte der α-Chloralose 42 und 178 mg/kg Körpergewicht.
 

II. Spezielle Toxikologie - Wiederkäuer

1. Toxizität

Die akute orale LD50 von α-Chloralose beträgt für Wiederkäuer 200-500 mg/kg Körpergewicht.
 

2. Latenz

Die Latenzzeit zwischen Giftaufnahme und Beginn der Symptome kann 30 Minuten bis drei Stunden betragen.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Ataxie, Hypothermie, Bewusstlosigkeit, Koma
  
3.2Nervensystem
Hyperästhesie, Tremor, Krämpfe
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Salivation
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Keine Symptome
  
3.5Respirationstrakt
Keine Symptome
  
3.6Herz, Kreislauf
Keine Symptome
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Keine Symptome
  
3.10Fell, Haut, Schleimhäute
Keine Symptome
  
3.11Blut, Blutbildung
Keine Symptome
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Sektionsbefunde

Die Sektion ergibt keine spezifischen Befunde.
 

5. Weiterführende Diagnostik

Nachweis der α-Chloralose in Serum, Urin, Mageninhalt oder Futter mittels Gaschromatographie.
 

6. Differentialdiagnosen

Es muss vor allem die Möglichkeit einer nervösen Azetonämie berücksichtigt werden.
 

7. Therapie

7.1Notfalltherapie
Krämpfe: Xylazin oder Diazepam
  
7.2Dekontamination
Dekontamination des Gastrointestinaltraktes: Aktivkohle und Glaubersalz
Forcierte Ausscheidung: Glukose oder Mannitol oder Furosemid
  
7.3Weitere symptomatische Massnahmen
Sedation: Ruhige Umgebung, Xylazin
Korrektur einer metabolischen Azidose: Na-Bikarbonatinfusionen
 

8. Fallbeispiel

Mehrere Ziegen (½-2 jährig, alle weiblich) hatten eine unbekannte Menge von α-Chloralose aufgenommen, zeigten jedoch keine Symptomatik. Sie wurden mit Aktivkohle behandelt (Tox Info Suisse).
 

9. Literatur

Balis GU & Monroe RR (1964) The pharmacology of chloralose: a review. Psychopharmacol 6, 1-30
 
Buck WB (1978) Clinical toxicosis induced by pesticides in livestock. Vet Med 73, 810-819
 
Gosset S, Carjuzaa A, Seguin P, Guigui J & Lambrescak P (1989) Intoxication grave par le chloralose. Cahiers d'Anesthesiologie 37, 293-294
 
Gras G, Pellissier C & Fauran F (1975) Toxicologie analytique du chloralose. Application dans 3 cas d'intoxication aiguë. Europ J Toxicol 8, 371-377
 
Hapke HJ (1975) Aldehyde. In: Toxikologie für Veterinärmediziner (Hapke HJ, ed) Ferdinand Enke Verlag Stuttgart, pp 203-205
 
Humphreys DJ (1988) Veterinary Toxicology, Baillières Tindall, London, pp 174-175
 
Kintz P, Jamey C, Mangin P (1996) Trichloroethanol is not a metabolite of alpha chloralose. Int Legal Med 108, 191-193
 
Kühnert M (1991) Schadvogelbekämpfung. In: Veterinärmedizinische Toxikologie (Kühnert M, ed) Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, pp 180-182
 
Lees P & Pharm B (1972) Pharmacology and toxicology of alphachloralose: a review. Vet Rec 91, 330-333
 
Lorgue G, Lechenet J & Rivière A (1996) Alphachloralose. In: Clinical Veterinary Toxicology (Chapman MJ ed) Blackwell Science Ltd, London, pp 38-39
 
Segev G, Yas-Natan E, Shlosberg A, Aroch I (2006) Alpha-chloralose poisoning in dogs and cats: A retrospective sudy of 33 canine and 13 feline confirmed cases. The Veterinary Journal 172, 109-113
 
Thomas HM, Simpson D & Prescott LF (1988) The toxic effects of alpha-chloralose. Human Toxicol 7, 285-287
 
Windholz M (1983) The Merck Index. Merck & Co, Rahway, New Jersey
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