2. Quellen
Chinoxaline wurden früher ausschliesslich als Leistungsförderer eingesetzt. Sie sind seit September 1999 in der CH (und in der EU) verboten.
3. Kinetik
Die Halbwertszeiten betragen 2-4 Tage.
4. Toxisches Prinzip
Sie besitzen nachweislich eine mutagene und karzinogene Wirkung. Durch Überdosierung erfolgt eine Schädigung der Nebennierenrinde, die einen Aldosteronmangel und somit Störungen des Elektrolythaushaltes (zum Beispiel Hyperkaliämie) bedingt.
5. Toxizität bei Labortieren
Nicht bekannt.
II. Spezielle Toxikologie - Schwein
1. Toxizität
Die Chinoxaline verursachen beim Schwein bereits bei einer Überschreitung der zugelassenen Höchstmengen um ein Dreifaches eine irreversible Schädigung der Nebennierenrinde. Bei mehrwöchiger Verabreichung von 50 ppm Carbadox im Futter ist mit histologisch feststellbaren Veränderungen und nur sporadisch mit Vergiftungsfällen zu rechnen. Die mehrtägige Verabreichung von Carbadox, in der Dosierung 75-100 ppm, führt hingegen zu Vergiftungserscheinungen.
Mit zunehmendem Alter abnehmende Empfindlichkeit und Erkrankungsintensität.
2. Latenz
Je nach Alter und Dosierung einige Tage bis Wochen.
3. Symptome
3.1 | Allgemeinzustand, Verhalten |
| Futterverweigerung, verminderte Gewichtszunahme bis Gewichtsverlust, eingefallene Flanken, abwechselnd Somnolenz und Uebererregbarkeit, Durst, Exsikkose, Schock, Kollaps, Jauchesaufen, Koprophagie, Kannibalismus, gegenseitiges Besaugen, intensives Belecken von Boden und Wänden, Lecksucht |
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3.2 | Nervensystem |
| Muskeltremor, Hinterhandschwäche übergehend in Parese, Leerkauen |
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3.3 | Oberer Gastrointestinaltrakt |
| Speicheln und Schaumbildung |
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3.4 | Unterer Gastrointestinaltrakt |
| Harte, gebällte, eingetrocknete Faeces |
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3.5 | Respirationstrakt |
| Keine Symptome |
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3.6 | Herz, Kreislauf |
| Terminal Tachykardie |
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3.7 | Bewegungsapparat |
| Keine Symptome |
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3.8 | Augen, Augenlider |
| Keine Symptome |
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3.9 | Harntrakt |
| Polyurie |
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3.10 | Haut, Schleimhäute |
| Blasses Aussehen, rauhes Borstenkleid, vermehrtes Borstenwachstum |
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3.11 | Blut, Blutbildung |
| Keine Symptome |
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3.12 | Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation |
| Agalaktie, Totgeburten, Geburt lebensschwacher Ferkel, mangelhafte Hodenentwicklung bei Jungebern |
4. Sektionsbefunde
Äusserlich fallen vor allem Abmagerung, blasses Aussehen, Exsikkose und vermehrte Borstenbildung auf. Im Abdomen findet man meist einen leeren Magen mit diversen Ulcerationen und leere Därme. Falls Darminhalt vorhanden ist, ist er eingetrocknet und schleimüberzogen.
Histopathologisch wertvoll sind die obliterierte Zona glomerulosa und die vergrösserte Zona fasciculata der Nebennieren. Daneben treten nekrotische und degenerative Veränderungen in Nierenmark und -rinde auf.
5. Weiterführende Untersuchungen
Vor allem in forensischen Fällen ist der Nachweis (mit Hochdruckflüssigkeitschromatografie) im Futter wichtig.
Bei Carbadoxintoxikation kann in der Leber Quinoxalin-2-Carboxylsäure nachgewiesen werden (FDA-Grenzwert 30 µg/kg).
Hyperkaliämie, Hyponaträmie, erhöhte Leberenzymwerte (Alkalische Phosphatase/AP, Aspartat-Aminotransferase/AST, Glutamatdehydrogenase/GLDH und Bilirubin) und Hyperalbuminämie.
6. Differentialdiagnosen
6.1 | Neurologische Symptomatik mit gestörtem Allgemeinbefinden |
Meningitis, Sepsis, Infektionskrankheiten wie Oedemkrankheit, Glässer'sche Krankheit, Schweinepest, Aujeszky'sche Krankheit, Tollwut, Listeriose, andere Intoxikationen (Organische Arsenverbindungen, Avermectine, Blei, Botulismus, chlorierte Kohlenwasserstoffe, Cyanamid, Dipyridinium-Herbizide, Ethylenglykol, Ionophore, Kochsalz/Trinkwassermangel, Metaldehyd, Nitrofurane, Organophosphate und Carbamate, Phenoxycarbonsäure-Herbizide, Pyrethroide, Quecksilber, Schwefelwasserstoffe, Strychnin).
Zystitiden, Hyperparathyreoidismus, Nephritiden, andere Intoxikationen (Amitraz, Cholecalciferol, Eisenverbindungen, Fusarientoxine, Kochsalz/Trinkwassermangel, Harnstoff, Nitrat/Nitrit, Ochratoxine).
Schleimhautreizende Stoffe, Infektionskrankheiten wie Vesikulärkrankheit, Aujeszky'sche Krankheit, Tollwut, Maul- und Klauenseuche, andere Intoxikationen (Amitraz, Blei, Botulismus, chlorierte Kohlenwasserstoffe, Dipyridinium-Herbizide, Fumonisin, Kochsalz/Trinkwassermangel, Metaldehyd, Nitrat/Nitrit, Organophosphate und Carbamate, Phenoxycarbonsäure-Herbizide, Pyrethroide, Quecksilber, Selen, Schwefelwasserstoff).
6.4 | Agalaktie und Milchmangel |
Unzureichende Trinkwasserversorgung der säugenden Sau, Mastitis-Metritis-Agalaktie, postoperative Komplikationen, Mastitis, Zitzen- oder Gesäugeerkrankungen, Intoxikation mit Mutterkornalkaloiden. Leiden die Saugferkel während den ersten Lebenstagen gehäuft an Durchfall, Polyarthritis und/oder Hypoglykämie und Hypothermie, sollte Milchmangel als Ursache ausgeschlossen werden.
6.5 | Abort, Totgeburten und Geburt lebensschwacher Ferkel |
Virale, bakterielle und parasitäre Aborterreger, Uterusinfektionen, mehrtägige Hyperthermie, Stress, saisonale Aborte, Früh- und Schwergeburten, induzierte Geburten (gehäuft Todesfälle, wenn Induktion vor dem 110. Trächtigkeitstag erfolgte), andere Intoxikationen (Aflatoxine, Blei, Botulismus, chlorierte Kohlenwasserstoffe, Fusarientoxine, Fumonisin, Kohlenmonoxid, Kumarinderivate, Mutterkornalkaloide, Organophosphate und Carbamate, Selen, Stachybotryotoxin, Zearalenon).
7. Therapie
7.1 | Futterwechsel auf ein unbedenkliches Futter |
Wegen der irreversiblen Nebennierenschädigung erholen sich die Tiere kaum. Die Gewichtszunahme bleibt gering und die meisten Tiere kümmern.
8. Fallbeispiele
8.1 | Eine Mühle mischt fälschlicherweise 1250 ppm Olaquindox ins Ferkelaufzuchtfutter. Auf den belieferten Betrieben erhielten zwischen 8 und 16 Wochen alte Ferkel die betreffende Futtercharge. Ein bis zwei Wochen nach Lieferung sahen die Besitzer verminderte Fresslust bis Futterverweigerung, starke reduzierte Lebendmasseentwicklung, abwechselnd Somnolenz und Uebererregbarkeit, Kannibalismus, Hautmuskeltremor, hochgradige Exsikkose und Absetzen trockener, harter Kotbällchen. Etwa 10 Prozent der erkrankten Tiere verendeten und der Rest kümmerte trotz Futterwechsel und wiedergewonnenem Appetit (Köfer et al., 1989). |
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8.2 | Aufgrund eines Mischfehlers enthielt ein Ferkelaufzuchtfutter zwischen 331 und 363 ppm Carbadox. Die betroffenen Absetzferkel verloren innerhalb einer Woche an Gewicht und weigerten sich trotz offensichtlichem Appetit das angebotene Futter zu verzehren. Auffallend waren eine blasse Haut, längere und dickere Borsten; in fortgeschritteneren Fällen Hinterhandschwäche, schwankender Gang und terminales Festliegen aufgrund einer Hinterhandparese. Obwohl sich die festliegenden Tiere zeitweise zu erholen schienen, starben alle innerhalb von einem bis fünf Tagen nach Beginn des Festliegens bzw. sieben bis neun Tage nach dem ersten Auftreten der klinischen Symptome. Tiere, die auf eine Grasweide verbracht wurden, frassen gierig Gras. Die Sektionsbefunde waren blasse Haut, übermässiger Borstenbesatz, eingefallene Flanken, Dehydratation, milde Gastritis und diverse kleinere Ulcerationen und fast leere Därme mit harten, schleimüberzogenen Fäces als Inhalt. Histopathologisch wurde eine Obliteration der Zona glomerulosa festgestellt. Saugferkel, die Zugang zur gleichen Ration hatten, wurden blass, apathisch, blieben in der Gewichtsentwicklung zurück und es gab einzelne Todesfälle. Mutterschweine, die die Ration verzehrten, zeigten Zyanose der Extremitäten, Agalaktie und gebaren tote oder lebensschwache Ferkel (Power et al., 1989). |
9. Literaturverzeichnis
Eich KO & Schmidt U (1998) Handbuch der Schweinekrankheiten. VerlagsUnion Agrar, Münster, p 242
Köfer J, Höcher H & Hinterdorfer F (1990) Olaquindoxvergiftung bei Ferkeln. Wien Tierärzt Mschr 77, 135-137
Kühnert M (1991) Ergotropika. In: Veterinärmedizinische Toxikologie, Gustav Fischer Verlag Jena, pp 586-588
Newsholme SJ, Walton JR & Elliot G (1986) Poor growth, episodic paralysis and adrenocortical injury in swine after accidental olaquindox overdosage. Vet Rec 119, 554-555
Power SB, Donnelly WJC, McLaughlin JG, Walsh MC & Dromey MF (1989) Accidental carbadox overdosage in pigs in an irish weaner-producing herd. Vet Rec 124, 367-370
Richter A & Löscher W (2002) Zusatzstoffe mit pharmakologischer Wirkung. In: Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie für die Veterinärmedizin (Frey HH & Löscher W, hrsg.) 2. Auflage, Enke Verlag, Stuttgart, pp 592-597
Van der Molen EJ, Nabuurs MJA & Jager LP (1985) Pathological and clinical changes related to toxicity of carbadox in weaned pigs. Zbl Vet Med Assoc 32, 540-550
Van der Molen EJ, De Graaf GJ, Baars AJ & Schopman W (1986) Carbadox induced changes in aldosterone, sodium and potassium levels in the blood of weaned pigs. J Vet Med Assoc 33, 617-623
Van der Molen EJ (1988) Pathological effects of carbadox in pigs with special emphasis on the adrenal. J Comp Path 98, 55-67
Waldmann KH, Kikovic D & Stockhofe N (1989) Klinische und hämatologische Veränderungen nach Olaquindoxvergiftung bei Mastschweinen. J Vet Med Assoc 36, 676-686