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Phenylbutazon

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Phenylbutazon gehört zu den nicht steroidalen Antiphlogistika und ist ein Pyrazolonderivat. Es hat analgetische, antiphlogistische und antipyretische Wirkung.
 

2. Quellen

Phenylbutazon ist in verschiedenen galenischen Formen zur oralen, intramuskulären oder intravenösen Verabreichung im Handel. Phenylbutazon ist auch als Salbe oder perkutaner Lösung erhältlich. Dieser Wirkstoff wird in der Klein- und Grosstierpraxis häufig eingesetzt, in der Europäischen Union ist allerdings die Verwendung von Phenylbutazon bei lebensmittelliefernden Tieren verboten.
 

3. Kinetik

Phenylbutazon wird im Magen-Darm-Trakt fast zu 100 % resorbiert. Die Aufnahme erfolgt im Dünndarm, durch vorübergehende Bindung an Futterbestandteile kann die Resorption auch ins Cäcum oder Colon verlagert werden. Maximale Blutspiegel werden nach oraler Gabe in 1-2 Stunden erreicht. Im Blut kommt es zu einer starken (> 95%) Proteinbindung. Verteilungsvolumen: 0.2 Liter/kg Körpergewicht. Die Metabolisierung erfolgt in der Leber, wobei unter anderem ein wirksamer Metabolit (Oxyphenbutazon) entsteht. Die Ausscheidung erfolgt renal. Die Plasmahalbwertzeit beträgt beim Pferd 3.5-10 Stunden, beim Hund 2-6 Stunden, beim Rind 32-78 Stunden und beim Schwein 2-6 Stunden. Nach Überdosierung können diese Halbwertszeiten jedoch stark verlängert sein.
 

4. Toxisches Prinzip

4.1Schädigung der Magen-Darm-Schleimhaut: Phenylbutazon führt zur Hemmung der Cyclooxygenasen (COX 1 und 2) und blockiert damit die Prostaglandinsynthese. Durch Verlust der cytoprotektiven Wirkung der Prostaglandine kommt es zu Ulcera im gesamten Magen-Darm-Trakt.
  
4.2Zum Teil irreversible Hypoalbuminämie unbekannter Ursache: Bevorzugt bei Ponies führt Phenylbutazon zu einem starken Plasmaproteinverlust.
  
4.3Knochenmarkdepression: Nach Phenylbutazonbehandlung treten Thrombocytopenie, Agranulocytose, Leukopenie (bei Mensch und Hund auch Anämie) auf.
  
4.4Nephrotoxizität: Eine Verringerung der glomerulären Filtration verbunden mit Natrium- und Chloridretention führt zu Ödemen. Daneben entstehen Nierennekrosen im Papillenbereich. Diese nephrotoxische Effekte werden durch ungenügende Trinkwasserversorgung begünstigt.
  
4.5Ausserdem kann Phenylbutazon anaphylaktische Reaktionen mit Bronchokonstriktion auslösen.
  
4.6Nach intramuskulärer oder subkutaner Applikation von Phenylbutazonpräparaten entstehen Gewebsnekrosen, Nervenschädigungen oder Abszesse.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Akute, orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 MausRatteKaninchenHuhn
Phenylbutazon 647-1'311781-1'260 
 

II. Spezielle Toxikologie - Pferd

1. Toxizität

Dosen von 8-10 mg Phenylbutazon/kg Körpergewicht/Tag über längeren Zeitraum sind vor allem für Fohlen und Ponies toxisch. Diese Dosis liegt nah bei der normalerweise empfohlenen Erhaltungsdosis für Phenylbutazon (maximal 8.8 mg/kg täglich). Wegen der starken lokalen Reizwirkung sind intramuskuläre und subkutane Applikationen abzulehnen.
 

2. Latenz

Ausser beim anaphylaktischen Schock ist durch Anwendung der üblichen Dosierung erst nach mehreren Behandlungstagen mit toxischen Reaktionen zu rechnen.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Depression, Anorexie, anaphylaktischer Schock
  
3.2Nervensystem
Keine Symptome
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Ulcera der Maulschleimhaut
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Durchfall, Obstipationen, Magenulcera, Meläna
  
3.5Respirationstrakt
Allergiebedingte Bronchokonstriktion
  
3.6Herz, Kreislauf
Keine Symptome
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Keine Symptome
  
3.10Fell, Haut, Schleimhäute
Ulcera der gastrointestinalen Schleimhäute, Ödeme
  
3.11Blut, Blutbildung
Keine Symptome (siehe Weiterführende Diagnostik)
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Sektionsbefunde

Petechiale Blutungen der Magen- und Darmschleimhaut bis hin zu schweren Ulcera mit Perforationsgefahr, Colitis, Nekrosen des Nierentubulusepithels im Papillenbereich.
 

5. Weiterführende Diagnostik

5.1Nachweis von Phenylbutazon im Serum oder Harn: Im Harn des Pferdes ist Phenylbutazon in der Regel länger als eine Woche nach Verabreichung nachweisbar.
  
5.2Nachweis der Blutbildveränderungen wie Trombozytopenie, Leukopenie, Hypoalbuminämie.
 

6. Differentialdiagnosen

Parasitenbefall, Salmonellose, durch Campylobacter pylori verusachte Magenulcera.
 

7. Therapie

7.1Behandlungsstopp
Absetzen der Phenylbutazonbehandlung.
  
7.2Magensäureproduktion
Omeprazol 1 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 24 Stunden (hemmt die Protonenpumpe in den Parietalzellen und damit die Magensäuresekretion).
  
7.3Magen- und Darmschleimhaut
Schleimhautschutz mittels Sucralfat (Aluminiumsalz von sulfatierter Saccharose), 2-4 g/450 kg p.o. alle 6-12 Stunden.
 

8. Fallbeispiele

8.1Ein 4 jähriger Clydesdale Wallach litt mehrere Wochen unter Durchfall und Gewichtsverlust. Er war zuvor wegen einer Uveitis drei Wochen lang mit Phenylbutazon (in einer Dosierung von 6 mg/kg Körpergewicht 2mal täglich) behandelt worden. Es traten immer wieder Kolikerscheinungen auf. Schliesslich entwickelten sich Unterbauchödeme im Zusammenhang mit Hypoalbuminämie, Hyperfibrinogenämie und einer Neutropenie. Da rektale Untersuchung, Urinanalysen und die Zytologie des Bauchpunktats unauffällig blieben, vermutete man eine Phenylbutazonvergiftung. Der Besitzer entschloss sich zur Euthanasie. Bei der Sektion fand man eine auf Unterarmlänge ulzerierte und verdickte Kolonwand, die das Darmlumen sehr stark einengte (Hough et al., 1999).
  
8.2Zehn Ponies wurde 14 Tage lang, einmal täglich jeweils 10 mg Phenylbutazon/kg Körpergewicht verabreicht. Die Ponies zeigten folgende Symptome: Depression, Anorexie, Ulcera in der Maulhöhle und Durchfall. Das Plasmaprotein war stark reduziert. Sechs Pferde starben zwischen dem siebten und dem zwanzigsten Tag, eines wurde mit Koliksymptomatik euthanasiert und drei überlebten die Studie. Bei der Sektion wurden Ulcera im Gastrointestinaltrakt und Nekrosen des Nierentubulusepithels festgestellt (McAllister, 1983).
 

9. Literatur

Gunson DE & Soma LR (1983) Renal papillary necrosis in horses after phenylbutazone and water deprivation. Vet Pathol 20, 603-610
 
Hough ME, Steel CM, Bolton JR & Yovich JV (1999) Ulceration and stricture of the right dorsal colon after phenylbutazone administration in four horses. Aust Vet J 77, 785-788
 
MacAllister CG (1983) Effects of toxic doses of phenylbutazon in ponys. Am J Vet. Res 44, 2277-2279
 
Plumb DC (1991) Veterinary Drug Handbook. PharmaVet Publishing, White Bear Lake, pp 40-43
 
Snow DH, Douglas TA, Tompson H, Parkins JJ & Holmes PH (1981) Phenylbutazone toxicosis in equidae: a biochemical and pathophysiological study. Am J Vet Res 42, 1754-1759
 
Traub JL, Gallina A, Grant BD, Reed SM, Gavin PM & Paulsen LM (1983) Phenylbutazone toxicosis in the foal. Am J Vet Res 44, 1410-1418
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