2. Quellen
Psychopharmaka aus der Humanmedizin, die zunehmend auch bei Tieren gegen Verhaltensstörungen und Angstzustände eingesetzt werden.
3. Kinetik
Die orale Resorptionsquote der trizyklischen Antidepressiva ist gut, kann aber durch die anticholinerge Wirkung dieser Substanzen verzögert sein. Die höchsten Plasmakonzentrationen lassen sich 2-12 Stunden nach oraler Aufnahme nachweisen.
Im Plasma liegen die Stoffe an Proteine gebunden vor. Die Substanzen müssen teilweise (wie zum Beispiel Imipramin) erst metabolisch aktiviert werden.
Die Halbwertszeit beträgt 9-84 Stunden, wobei die Ausscheidung überwiegend renal erfolgt. Die aufgenommene Menge wird teilweise auch über die Galle und die Milch ausgeschieden. Ein enterohepatischer Kreislauf wird ebenfalls beobachtet.
4. Toxisches Prinzip
Die trizyklischen Antidepressiva verstärken die Wirkung von Noradrenalin, Adrenalin, Dopamin und Serotonin, indem sie die neuronale Rückaufnahme dieser Neurotransmitter hemmen. Daneben werden anticholinerge, atropinähnliche Effekte (Hyperaktivität, Krämpfe, verminderte Darmmotorik) durch Blockierung der muskarinischen Acetylcholinrezeptoren erzeugt. Am Herzen bewirken die trizyklischen Antidepressiva aufgrund ihrer membranstabilisierenden Eigenschaften (Hemmung der Natriumkanäle) Reizleitungsstörungen, sowie eine Abnahme der Kontraktilität.
5. Toxizität bei Labortieren
Die akuten oralen LD
50-Werte der verschiedenen Vertreter dieser Wirkstoffgruppe liegen im Bereich von 50-500 mg/kg Körpergewicht.
II. Spezielle Toxikologie - Kleintier
1. Toxizität
Toxische Wirkungen treten bei Imipramin ab einer Dosierung von 100 mg/kg Körpergewicht p.o. bei Hund und Katze auf.
2. Latenz
Die minimale Latenzzeit beträgt 1 Stunde. Sofern nicht behandelt wird, können Todesfälle schon 1-2 Stunden nach Aufnahme eintreten.
3. Symptome
3.1 | Allgemeinzustand, Verhalten |
| Ausgeprägte Lethargie, Koma, kardiogener Schock. Die Vergiftung kann sich zunächst in Form von Inkoordination, Angst und aggressives Verhalten äussern. |
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3.2 | Nervensystem |
| Tremor, Krämpfe |
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3.3 | Oberer Gastrointestinaltrakt |
| Erbrechen |
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3.4 | Unterer Gastrointestinaltrakt |
| Obstipation |
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3.5 | Respirationstrakt |
| Keine Symptome |
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3.6 | Herz, Kreislauf |
| Bradyarrhythmie oder Tachyarrhythmie, Hypotonie |
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3.7 | Bewegungsapparat |
| Keine Symptome |
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3.8 | Augen, Augenlider |
| Keine Symptome |
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3.9 | Harntrakt |
| Anurie |
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3.10 | Fell, Haut, Schleimhäute |
| Keine Symptome |
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3.11 | Blut und Blutbildung |
| Anämie bei chronischer Vergiftung, wie sie bei Überdosierung im Fall einer medikamentösen Therapie mit Antidepressiva auftreten kann. |
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3.12 | Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation |
| Keine Symptome |
4. Sektionsbefunde
Es gibt keine Befunde, die spezifisch auf trizyklische Antidepressiva hinweisen könnten.
5. Weiterführende Diagnostik
- | Bestimmung des Serumspiegels während der Behandlung mit Antidepressiva oder bei akutem Vergiftungsverdacht ist möglich. |
- | Arrhythmien |
- | Verlängertes PR-Intervall |
- | Verlängertes QT-Intervall |
- | Verlängerter QRS-Komplex |
- | Kammerflimmern |
6. Differentialdiagnosen
- | Atropinüberdosierung |
- | Vergiftung mit α-Chloralose, Amitraz, Ivermectin |
- | Herz- Kreislauferkrankungen |
- | Amphetamine, Kokain, Methylxanthine |
7. Therapie
Absetzen des Antidepressivums, intensive Bewachung des Patienten
- | Kreislauf stabilisieren |
- | Atmung stabilisieren |
- | Krämpfe kontrollieren: Diazepam, Barbiturate oder Propofol |
- | Erhaltung der Nierenfunktion mittels Diurese |
7.2 | Dekontamination und Elimination |
- | Emesis ist kontraindiziert wegen der Gefahr, dass der Schluckreflex sistiert und Krämpfe auftreten |
- | Sofern guter Schluckreflex: wiederholte Verabreichung von Aktivkohle mit einem Laxans, z.B. Carbodote, Trinklösung (24 g Carbo activatus/100 ml) oder Carbovit® (15 g Carbo activatus/100 ml) |
- | Magenspülung: da die Entleerung von Magen und Darm aufgrund der anticholinergen Wirkung der Medikamente stark verlangsamt ist, sollte eine Magenspülung auch 3-4 Stunden nach oraler Aufnahme des Giftstoffs noch durchgeführt werden |
7.3 | Weitere symptomatische Massnahmen |
- | Folgende Arzneimittel sollten nicht eingesetzt werden: Atropin, Katecholamine, Procainamid, Quinidinsulfat, Disopyramid |
8. Fallbeispiele
8.1 | Ein Rüde (3 Jahre, 18 kg) hat eine unbekannte Menge von Tabletten gefressen, die Citalopram enthielten. |
| Symptome 2 Stunden später: Schläfrigkeit, Apathie |
| Therapie: Emesis |
| Verlauf: Innerhalb von 8 Stunden ist der Hund wieder normal |
| (Tox Info Suisse). |
9. Literatur
Ellenhorn MJ (1997) Medical Toxicology, 2nd edition, Williams & Wilkins, Baltimore, pp 615-639
Gfeller RW & Messonnier SP (2004) Handbook of small animal toxicology and poisonings. Mosby, St. Louis, pp 312-316
Humphreys DJ (1988) Veterinary Toxicology, Baillere Tindall, London, p 109
Johnson LR (1990) Tricyclic antidepressants toxicosis. Vet Clin North Am Small Anim Pract 20, 393
Lhereux P, Vranckx M, Leduc D & Askenasi R (1992) Risks of flumezanil in mixed benzodiazepine-tricyclic antidepressant overdose: report of preliminary study in the dog. J Toxicl Clin Exp 12, 45-53
Lüllmann H, Mohr K & Ziegler A (1994) Taschenatlas der Pharmakologie, Thieme, pp 224-229
Wellhöner HH, (1994) Klinische Toxikologie akuter Vergiftungen. In: Lehrbuch der Toxikologie (Marquardt M & Schäfer SG, eds), BI Wissenschaftsverlag, Mannheim, p 787
Windholz M (1983) The Merck Index. Merck & Co, Rahway, New Jersey