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Trizyklische Antidepressiva

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Trizyklische Antidepressiva (TZAs) sind eine Wirkstoffgruppe aus der Reihe der Antidepressiva und weisen gemeinsame chemische Merkmale auf. Sie bestehen aus einem zentralständigen, siebengliedrigen Ring, der beidseits mit zwei weiteren Benzolringen substituiert ist. Zu den trizyklischen Antidepressiva zählen zum Beispiel Amoxapin, Amitryptilin (stärker sedierende und dämpfende Wirkung), Clomipramin (stimmungsaufhellend), Desipramin (antriebssteigernd, stimulierend), Doxepin (schlafauslösend), Imipramin (eher antriebssteigernd), Desimipramin, Maprotilin, Nortriptylin (antriebssteigernd), Opipramol (dämpfend), Protriptylin, Trimipramin (schlafauslösend).
 

2. Quellen

Psychopharmaka aus der Humanmedizin, die zunehmend auch bei Tieren gegen Verhaltensstörungen und Angstzustände eingesetzt werden.
 

3. Kinetik

Die orale Resorptionsquote der trizyklischen Antidepressiva ist gut, kann aber durch die anticholinerge Wirkung dieser Substanzen verzögert sein. Die höchsten Plasmakonzentrationen lassen sich 2-12 Stunden nach oraler Aufnahme nachweisen.
Im Plasma liegen die Stoffe an Proteine gebunden vor. Die Substanzen müssen teilweise (wie zum Beispiel Imipramin) erst metabolisch aktiviert werden.
Die Halbwertszeit beträgt 9-84 Stunden, wobei die Ausscheidung überwiegend renal erfolgt. Die aufgenommene Menge wird teilweise auch über die Galle und die Milch ausgeschieden. Ein enterohepatischer Kreislauf wird ebenfalls beobachtet.
 

4. Toxisches Prinzip

Die trizyklischen Antidepressiva verstärken die Wirkung von Noradrenalin, Adrenalin, Dopamin und Serotonin, indem sie die neuronale Rückaufnahme dieser Neurotransmitter hemmen. Daneben werden anticholinerge, atropinähnliche Effekte (Hyperaktivität, Krämpfe, verminderte Darmmotorik) durch Blockierung der muskarinischen Acetylcholinrezeptoren erzeugt. Am Herzen bewirken die trizyklischen Antidepressiva aufgrund ihrer membranstabilisierenden Eigenschaften (Hemmung der Natriumkanäle) Reizleitungsstörungen, sowie eine Abnahme der Kontraktilität.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Die akuten oralen LD50-Werte der verschiedenen Vertreter dieser Wirkstoffgruppe liegen im Bereich von 50-500 mg/kg Körpergewicht.
 

II. Spezielle Toxikologie - Kleintier

1. Toxizität

Toxische Wirkungen treten bei Imipramin ab einer Dosierung von 100 mg/kg Körpergewicht p.o. bei Hund und Katze auf.
 

2. Latenz

Die minimale Latenzzeit beträgt 1 Stunde. Sofern nicht behandelt wird, können Todesfälle schon 1-2 Stunden nach Aufnahme eintreten.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Ausgeprägte Lethargie, Koma, kardiogener Schock. Die Vergiftung kann sich zunächst in Form von Inkoordination, Angst und aggressives Verhalten äussern.
  
3.2Nervensystem
Tremor, Krämpfe
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Erbrechen
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Obstipation
  
3.5Respirationstrakt
Keine Symptome
  
3.6Herz, Kreislauf
Bradyarrhythmie oder Tachyarrhythmie, Hypotonie
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Anurie
  
3.10Fell, Haut, Schleimhäute
Keine Symptome
  
3.11Blut und Blutbildung
Anämie bei chronischer Vergiftung, wie sie bei Überdosierung im Fall einer medikamentösen Therapie mit Antidepressiva auftreten kann.
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Sektionsbefunde

Es gibt keine Befunde, die spezifisch auf trizyklische Antidepressiva hinweisen könnten.
 

5. Weiterführende Diagnostik

5.1Direkter Nachweis
-Bestimmung des Serumspiegels während der Behandlung mit Antidepressiva oder bei akutem Vergiftungsverdacht ist möglich.
 
5.2Elektrokardiogramm
-Arrhythmien
-Verlängertes PR-Intervall
-Verlängertes QT-Intervall
-Verlängerter QRS-Komplex
-Kammerflimmern
 

6. Differentialdiagnosen

-Atropinüberdosierung
-Vergiftung mit α-Chloralose, Amitraz, Ivermectin
-Herz- Kreislauferkrankungen
-Amphetamine, Kokain, Methylxanthine
 

7. Therapie

Absetzen des Antidepressivums, intensive Bewachung des Patienten
 
7.1Notfallmassnahmen
-Kreislauf stabilisieren
-Atmung stabilisieren
-Krämpfe kontrollieren: Diazepam, Barbiturate oder Propofol
-Erhaltung der Nierenfunktion mittels Diurese
 
7.2Dekontamination und Elimination
-Emesis ist kontraindiziert wegen der Gefahr, dass der Schluckreflex sistiert und Krämpfe auftreten
-Sofern guter Schluckreflex: wiederholte Verabreichung von Aktivkohle mit einem Laxans, z.B. Carbodote, Trinklösung (24 g Carbo activatus/100 ml) oder Carbovit® (15 g Carbo activatus/100 ml)
-Magenspülung: da die Entleerung von Magen und Darm aufgrund der anticholinergen Wirkung der Medikamente stark verlangsamt ist, sollte eine Magenspülung auch 3-4 Stunden nach oraler Aufnahme des Giftstoffs noch durchgeführt werden
 
7.3Weitere symptomatische Massnahmen
-Aufhebung der Azidose: Ringerlaktatinfusion oder Bikarbonatzusatz
-Behandlung von Arrhythmien oder Tachykardie mit Lidocain oder β-Blockern
-Regulierung der Körpertemperatur
 
7.4Kontraindiziert
-Folgende Arzneimittel sollten nicht eingesetzt werden: Atropin, Katecholamine, Procainamid, Quinidinsulfat, Disopyramid
 

8. Fallbeispiele

8.1Ein Rüde (3 Jahre, 18 kg) hat eine unbekannte Menge von Tabletten gefressen, die Citalopram enthielten.
Symptome 2 Stunden später: Schläfrigkeit, Apathie
Therapie: Emesis
Verlauf: Innerhalb von 8 Stunden ist der Hund wieder normal
(Tox Info Suisse).
 

9. Literatur

Ellenhorn MJ (1997) Medical Toxicology, 2nd edition, Williams & Wilkins, Baltimore, pp 615-639
 
Gfeller RW & Messonnier SP (2004) Handbook of small animal toxicology and poisonings. Mosby, St. Louis, pp 312-316
 
Humphreys DJ (1988) Veterinary Toxicology, Baillere Tindall, London, p 109
 
Johnson LR (1990) Tricyclic antidepressants toxicosis. Vet Clin North Am Small Anim Pract 20, 393
 
Lhereux P, Vranckx M, Leduc D & Askenasi R (1992) Risks of flumezanil in mixed benzodiazepine-tricyclic antidepressant overdose: report of preliminary study in the dog. J Toxicl Clin Exp 12, 45-53
 
Lüllmann H, Mohr K & Ziegler A (1994) Taschenatlas der Pharmakologie, Thieme, pp 224-229
 
Wellhöner HH, (1994) Klinische Toxikologie akuter Vergiftungen. In: Lehrbuch der Toxikologie (Marquardt M & Schäfer SG, eds), BI Wissenschaftsverlag, Mannheim, p 787
 
Windholz M (1983) The Merck Index. Merck & Co, Rahway, New Jersey
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