Wirkungsmechanismus
Knochen
Einige Vitamin K-abhängige Proteine kommen im Knochengewebe vor. Dazu zählen unter anderem Osteocalcin, Periostin (
Coutu 2008a), Matrix-Gla-Protein (ein Inhibitor der Weichgewebekalzifikation)(
Viegas 2009a;
Lomashvili 2011a;
Spronk 2001a), Protein S und Gas6 (ein Protein, welches der Stimulation der Zellproliferierung dient) (
Hafizi 2006a;
Shearer 2008a). Menachinon kann den durch Östrogen oder Prednisolon induzierten Knochenverlust verringern (
Akiyama 1993a;
Hara 2002a).
In-vitro konnte gezeigt werden, dass Vitamin K
2 die Knochenresorption, sowie die osteoclastenähnliche multinukleäre Zellbildung hemmt und die Osteoblastenproduktion fördert (
Hara 1995a;
Atkins 2009a;
Morishita 2008a;
Yamaguchi 2011a).
Genexpression
Vitamin K hat einen direkten Effekt auf die Genexpression in osteoblastischen Zellen, indem es an den Steroid-xenobiotischen Rezeptor (SXR) bindet (
Ichikawa 2006a;
Tabb 2003a).
Gefässe
Vitamin K dient als Cofaktor für das Matrix-Gla-Protein, welches ein starker Inhibitor der vaskulären Kalzifikation ist (
Lomashvili 2011a;
Spronk 2001a). Es gibt Hinweise, dass hauptsächlich Menachinon das Risiko einer vaskulären Kalzifikation verringern kann, und somit einen positiven Einfluss auf die Verhinderung von kardiovaskulären Erkrankungen haben könnte (
Spronk 2003a;
Gast 2008a;
Geleijnse 2004a;
Beulens 2009a).
Gerinnung
Die normale Hämostase ist Vitamin K-abhängig, da das Vitamin an der Synthese der Gerinnungsfaktoren II (Prothrombin), VII (Proconvertin), IX (Christmas Faktor) und X (Stuart Faktor) beteiligt ist. Phyllochinon und Menachinon fördern die Bildung der Gerinnungsfaktoren II, VII, IX, sowie der antikoagulatorischen Proteine C, Z und S (
Weitz 2006a;
Almawi 2013a). Das Vitamin K selbst wird nicht in diese Moleküle eingebaut, sondern lediglich für die Carboxylierung der Glutaminsäuregruppe in die aktive Coenzym-Form überführt (
Fettman 2001c). Vitamin-K-abhängige Gla-Proteine ermöglichen Interaktionen von Gerinnungsfaktoren, Ca
2+, Membranphospholipiden und Modulatorproteine (
Weitz 2006a;
Almawi 2013a).
Gerinnungskaskade
Extrinsisches System:
Auslöser der plasmatischen Gerinnung ist eine Verletzung des Endothels. Normalerweise wird der im Gewebe lokalisierte Faktor III (Gewebsthromboplastin, Tissue Factor) durch das intakte Endothel von seinem im Blut gelösten Bindungspartner Faktor VIIa getrennt. Bei Verletzungen kommen diese zwei Faktoren miteinander in Kontakt und lösen so die Fibrinbildung aus. Ausserdem steigert die Bindung von Faktor VIIa an Faktor III die proteolytische Aktivität des Faktors VIIa. Dieser spaltet den Faktor X zu Faktor Xa und bewirkt so die Bildung eines weiteren Komplexes aus dem Faktor Xa und dem Cofaktor Va. Dieser Komplex (Prothrombinaktivator) bewirkt nun die Aktivierung von Prothrombin (Faktor II) zu Thrombin (Faktor IIa). Thrombin ist die wichtigste Protease in der Gerinnungskaskade und spaltet schliesslich aus dem Fibrinogenmolekül vier kleine Peptide ab, wodurch die Bindungsstellen für die Polymerisierung der Fibrinomere zu Firbrinfäden freigelegt werden. Gleichzeitig aktiviert Thrombin Faktor XIII, der die Quervernetzung der Fibrinfäden zu einem Fibrinnetz katalysiert. Faktor II komplexiert mit dem Faktor VIIa und aktiviert den Faktor IX. Dieser bildet mit dem Cofaktor VIIIa einen Enzymkomplex, der ebenfalls den Faktor X aktiviert. Der Vorgang wird dadurch erheblich verstärkt. Von grosser Wichtigkeit für die Membranassoziation, sind die Cofaktoren V und VIII und die Phospholipide der Zellmembranen. Die Cofaktoren V und VII werden durch Thrombin zu den Cofaktoren Va und VIIIa aktiviert und binden somit an die Membranphospolipide. Diese membrangebundenen Faktoren weisen eine Affinität zu den Faktoren Xa und IXa auf und vermitteln so deren Bindung an die Zellmembran. Diese Bindung erhöht die Proteaseaktivität von Xa und IXa um beinahe das 1000-fache. Ohne diese Bindung wären die Proteasen praktisch wirkungslos. Ebenfalls wichtig für das Gerinnungsgeschehen sind die Ca
2+-Ionen, da Phospholipidmemabranen und viele Gerinnungfaktoren stark negativ geladen sind, und sich gegenseitig abstossen, dient Ca
2+ als Bindeglied. Alle Proteine, die über Ca
2+ an die Membran gebunden werden, sind Proenzyme (
Kaspers 2009a).
Intrinsiches System
Das intrinsische System beginnt mit der autokatalytischen Aktivierung des Faktors XII zu XIIa und führt über die Faktoren XI/XIa sowie IX/IXa zur Aktivierung des Faktor X (
Kaspers 2009a).
Hypovitaminose
Symptome
Ein Vitamin K-Mangel äussert sich klinisch mit einer erhöhten Blutungsneigung. Dies kann zu Ekchymosen, Epistaxis, Hämaturie, gastrointestinalen Blutungen und postoperativen Hämorrhagien führen. Selten kommt es zu intrakranialen Blutungen (
Marcus 2001a). Durch die erhöhte Blutungsneigung kann sich das Blut in den Körperhöhlen sammeln und dort die normalen physiologischen Vorgänge beeinträchtigen, wie zum Beispiel die Atmung, wenn sich das Blut im Thorax anstaut. Die normale Lokomotion kann zudem durch blutgefüllte Gelenke beeinträchtigt sein (
Fettman 2001c).
Ursachen
Ein Vitamin K-Mangel kann in folgenden Situationen auftreten:
- | wenn die enterische mikrobielle Vitamin K-Synthese gehemmt ist, zum Beispiel durch eine Behandlung mit oralen Antibiotika (Fettman 2001c) |
- | durch eine Aufnahme von metabolischen Antagonisten wie Warfarin oder Dicumarol (Osweiler 1978b; Mount 1982a) |
- | bei Probleme mit der Fettverdauung, zum Beispiel durch eine Gallenabflussstörung oder ein entzündliches Geschehen des Gastrointestinaltraktes (Fettman 2001c) |
- | wenn bei koprophagen Tieren der Zugang zu den Fäzes und somit die Aufnahme von mikrobiellem Menachinon verhindert wird (Fettman 2001c) |
- | wenn ungesättigte Fettsäuren durch Oxidation das Vitamin K zerstören. Ausserdem können Eisen, Zink und Kupfer als Katalysatoren von oxidativen chemischen Reaktionen die Stabilität des Vitamins beeinflussen und zu einem Mangel führen (Fettman 2001c). |
Vitamin-Status
Als Kriterien für die Evaluierung des Vitamin K-Status gelten die biologische Antwort auf eine Supplementierung (d.h. Verschwinden der Symptome einer Hypovitaminose). Ausserdem wird der Vitamin K-Satus über die Activated Clotting Time (ACT), der Partielle Thromboplastinzeit (PTT) und den Vitamin K-Gehalt des Blutes bestimmt (
Mount 1989a). Wenn die Koagulationszeit verlängert ist und keine Lebererkrankungen diagnostiziert werden können, sollte ein Vitamin K-Mangel als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden (
Fettman 2001c).
Bedarf
Die natürliche Aufnahme aus der Nahrung und die mikrobielle Synthese im Darm decken den Vitamin K-Bedarf. Tiere, die Vitamin K-Antagonisten aufgenommen , orale Antibiotika erhalten, oder eine verringerte gastrointestinale Absorption haben, können mit enteralen oder parenteralen Menadionpräparaten behandelt werden. Der Vitamin K-Bedarf ist zudem während der Trächtigkeit, der Laktation und dem Wachstum erhöht (
Fettman 2001c).