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Anwendungssicherheit

Das toxikologische Profil des Moxidectins ist mit dem der anderen Avermectine zu vergleichen (siehe auch Toxizität Ivermectin und Doramectin). Die Anwendung im Tier ist sicher, rassebedingte Unterschiede ausgenommen.
 

Akute Toxizität

Hunde

Bei nicht empfindlichen Hunden zeigt Moxidectin eine hohe Sicherheitsbreite. Die orale Gabe von 1120 µg/kg (300-fache der therapeutischen Dosis) hatte keine unerwünschten Effekte (Plumb 1999a) und auch die einmalige orale Gabe von 200 mg/kg führte zu keinen neurologsichen Intoxikationssymptomen (Plumb 2011a).
 
Die wöchentliche Verabreichung der fünfachen therapeutischen Dosis als spot on an erwachsene Hunde über 17 Wochen verursacht keine klinischen Intoxikationssymptome (Fourie 2009a).
 
Hunde mit MDR1-Gendefekt
Bei Ivermectin-empfindlichen Hunden zeigt Moxidectin eine bessere Verträglichkeit und höhere Sicherheitsbreite als Ivermectin.
 
Collies, welche nach Applikation von 120 µg/kg Ivermectin (20-fache der therapeutischen Dosis zur Herzwurmprophylaxe) typische Intoxikationssymptome zeigten, blieben nach der oralen Gabe von 30, 60 bzw. 90 µg/kg Moxidectin (10-, 20- bzw. 30-fache der therapeutischen Dosis zur Herzwurmprophylaxe) frei von Nebenwirkungen (Paul 2000a).
 
Hunde mit einem MDR1-Gendefekt zeigten bei einer Dosierung von 90 μg/kg neurologische Symptome (Plumb 2011a).
 
Welpen
In einer Studie mit 10 Wochen alten Hundewelpen wurde die Applikation eines Moxidectin-Depotpräparates zur Herzwurmprophylaxe auch in 3-facher Überdosierung symptomlos toleriert. Bei 5-facher Überdosierung wurden ebenfalls keine klinischen Symptome beobachtet, aber es kam zu einer milden Suppression der Erythropoiese (Reduktion von Hämoglobin, Erythrozyten- und Retikulozytenzahl und Hämatokrit) (Heaney 2005a).
 

Symptome

Die Applikation von höheren Dosierungen kann bei empfindlichen Hunden jedoch zur Intoxikation führen (Beal 1999a). Die klinischen Symptome sind initial Salivation, Erbrechen, Bradykardie, Hypo- oder Hyperthermie, Desorientiertheit, Ataxie, Tremor und Krämpfe. Im weiterem Verlauf kommt es zu Schwäche, Festliegen in Seitenlage, Nicht-Ansprechbarkeit, Stupor, Koma und Atemdepression (Snowden 2006a; Paul 1987b; Gallagher 2008a; Crandell 2009a).
 

Therapie

Die Therapie von Moxidectinintoxikationen beim Hund besteht in supportiven Massnahmen, der oralen Verabreichung von Aktivkohle und einer antikonvulsiven Medikation. Da Moxidectin über eine Steigerung der Wirkung des Neurotransmitters GABA im ZNS Intoxikationssymptome hervorruft, sollten bei der antikonvulsiven Therapie GABA-Agonisten vermieden werden. Benzodiazepine und Barbiturate fördern die GABA-vermittelten, inhibitorischen Wirkungen an den Rezeptoren, indem sie entweder die Frequenz der Öffnung (Benzodiazepine) bzw. die Dauer der Öffnung (Barbiturate) der GABA-abhängigen Chloridkanäle steigern. Ist eine Therapie der neurologischen Symptome (Muskeltremor, Anfälle, Hyperästhesie) nötig, sollte ein Anästhetikum gewählt werden, welches nicht primär über die GABA-Rezeporen wirkt. Die ist z.B. Propofol. Die Dosierung beträgt initial 1 mg/kg i.v., als Bolusinjektionen bis zum Effekt, danach als konstante intravenöse Infusion der niedrigsten, effektiven Dosierung (0,1 - 0,25 mg/kg/min) (Snowden 2006a).
 
Eine neue Therapiemöglichkeit für Intoxikationen durch Moxidectin und andere fettlöslichen Toxine stellt die intravenöse Verabreichung von Lipiden dar (Crandell 2009a; Pritchard 2010a). Lipidemulsionen werden in der Humanmedizin zur parenteralen Ernährung genutzt. Es wurde jedoch festgestellt, dass intravenös verabreichte Lipide die kardialen Nebenwirkungen von Bupivacain-Infusionen verringern und die Überlebensrate nach einer Bolusinfusion einer toxischen Bupivacaindosis stark erhöhen. Der Wirkmechanismus der Lipide ist noch nicht vollständig geklärt. Bupivacain inhibiert die Carnitinacetylcarnitintranslokase, ein Schlüsselenzym des mitochondralen Fettsäuremetabolismus. Es wird vermutet, dass intravenös verabreichte Lipide den intrazellulären Fettsäuregehalt so erhöhen, dass die Hemmung des Enzyms überwunden wird. Eine andere Hypothese ist, dass über einen Lipid"spül"-mechanismus der schädigende Wirkstoff aus dem betroffenen Gewebe in eine durch die Lipidinfusion entstandene Plasmalipidphase abgetrennt wird. Dies würde die Wirksamkeit bei Stoffen mit einem anderen Wirkmechanismus als Bupivacain erklären (Crandell 2009a).
 
Zur Therapie von Moxidectinvergiftungen bei Tieren mit intravenöser Lipidinfusion (z.B. Intralipid® 20%, Lipovenös 20%) ist noch nicht viel bekannt. Die Dosierungsangaben orientieren sich an der in der Humanmedizin verwendeten Dosis bei der Bupivacainintoxikation: initial 1,5 ml/kg als Bolus, gefolgt von einer kontinuierlichen Infusion von 0,25 ml/kg/min für 30 - 60 Minuten (Crandell 2009a).
 
Klinischer Fall 1:
Ein 5 Monate alter Collie nahm eine unbekannte Menge einer Moxidectin-haltigen Pferdeentwurmungspaste oral auf. 2 Stunden später wurde der Hund lethargisch, entwickelte schnell eine Ataxie aller 4 Gliedmassen und zeigte generalisierte Krämpfe. Die Gabe von Diazepam beendete die Krampfaktivität. Wenig später fiel der Hund ins Koma. Alle Reflexe, einschliesslich myotaktischer (Patellarreflex, Cranial Tibialreflex, Extensor carpi radialis, Bizeps, Trizeps usw.) Reflexe fehlten. Einzig ein schwacher Pupillarreflex war noch feststellbar. Eine spontane Atmung war nicht vorhanden.
Therapie:
kontrollierte Beatmung, intravenöse Flüssigkeitszufuhr, Aktivkohle über Nasenschlundsonde, Metoclopramid-Infusion (2 mg/kg) zur Magenentleerung, alle 4 Stunden Umlagern, Maulpflege, Physiotherapie, Fütterung über Nasenschlundsonde, Cimetidin (10 mg/kg alle 8 h, i.v.) zur Verhinderung einer Reflux-Oesophagitis, Antibiotika zur Bekämpfung einer bakteriellen Pneumonie.
Nach 10 Tagen intensiver symptomatischer und supportiver Therapie konnte der Hund gesund entlassen werden (Beal 1999a).
  
Klinischer Fall 2:
Eine 5-jährige, kastrierte Labradorhündin nahm eine unbekannte Menge Moxidectin in Form von mit Pferdefutter gemischtem Pferdeentwurmungsmittel auf. 24 Stunden später wurde sie leicht ataktisch, nach 30 Stunden zeigte die Hündin milde, partielle Anfälle und Muskeltremor. Zwischen den Anfällen war der Hund neurologisch normal, jedoch nahm die Intensität und Frequenz der Anfälle zu. Die intravenöse Applikation von Diazepam hatte keinen Effekt.
Therapie:
Intravenöse Flüssigkeitszufuhr (Ringerlaktat, 4 ml/kg/h), Aktivkohle. Der Muskeltremor und die partiellen Anfälle wurden mit Propofol (initial 1 mg/kg i.v., dann nach Bedarf) behandelt. 5 Tage später zeigte sich der Hund neurologisch normal (Snowden 2006a).
  
Klinischer Fall 3:
Ein 2-jähriger, kastrierter Weimaraner-Rüde entwickelte ca. 6 Stunden nach der Aufnahme von einer unbekannten Menge Moxidection in Form von Pferdeentwurmungspaste generalisierten Tremor, Hyperaesthesie und Ataxie. Diazepam und Pentobarbital zeigten keinen Effekt auf Ataxie und Tremor.
Therapie:
Ringerlaktat (2 ml/kg/h), Aktivkohle. Der Hund erholte sich innerhalb von 2 Tagen (Snowden 2006a).
  
Klinischer Fall 4:
Ein 16 Wochen alter, weiblicher Jack Russel Terrier zeigte 45 Minuten nach der oralen Aufnahme einer unbestimmten Menge eines Moxidectin-haltigen Entwurmungspräparates für Pferde Erbrechen, Ataxie und Tremor, kurze Zeit später tonisch-klonische Krämpfe. Die Krampfaktivität wurde mit Diazepam gestoppt; der Hund wurde komatös, bradykard und reagierte nicht auf äussere Stimuli. Die Pupillen waren mittelgross und reagierten auf Licht, der palpebrale Reflex war vorhanden. Die initiale Therapie bestand in der Verabreichung von 0,9%iger NaCl-Lösung i.v., Glycopyrrolat 0,01 mg/kg, i.v., Atropin 0,04 mg/kg,i.v., Medizinalkohle p.o. und einer kontrollierten Beatmung mit 100%igem Sauerstoff. Ca. 10 Stunden nach der Aufnahme des Moxidectins wurde dem Welpen eine Lipidemulsion i.v. verabreicht (20%iges Sojabohnenöl in Wasser), initial als Bolus von 6,5 ml, gefolgt von einer Infusion von 12 ml/Stunde über 4 Stunden. Innerhalb von 2 Stunden begann der Welpe wieder selbstständig zu atmen, blieb aber bewusstlos. 11 Stunden später konnten Schluckbewegungen beobachtet werden, das Tier wurde extubiert, erhielt aber weiterhin Sauerstoff über eine Nasensonde. 16 Stunden nach Beginn der Lipidtherapie wurde ein zweiter Bolus einer Lipidemulsion verabreicht (48 ml i.v. über 30 Minuten). Gleichzeitig wurde Diazepam als Dauerinfusion (0,3 mg/kg/h) appliziert, um eine mögliche Krampfaktivität zu verhindern. 30 Minuten später war der Welpe gehfähig, jedoch ataktisch. Über die nächsten 3 - 4 Stunden normalisierte sich das Verhalten, nach 6 Stunden konnte das Tier normal fressen. Zwei Tage später wurde der Welpe nach Hause entlassen (Crandell 2009a).
  
Klinischer Fall 5:
Ein 10 Monate alter, weiblicher Border Collie zeigte nach der Aufnahme einer unbekannten Menge einer Moxidectin-haltigen Entwurmungspaste für Pferde schwere neurologische Symptome in Form von Ataxie, Krämpfen, Koma und Atemdepression. Die Behandlung war symptomatisch-supportiv: intravenöse Flüssigkeitstherapie, Verabreichung von Aktivkohle und kontrollierte Beatmung. Nach 34 Stunden atmete der Hund wieder spontan und reagierte auf äussere Reize. 42 Stunden nach der Aufnahme des Moxidectins konnte der Hund wieder selbständig fressen, trinken und laufen, und wurde 58 Stunden nach der Intoxikation aus dem Spital entlassen (Gallagher 2008a).
 

Rinder

Die tägliche pour-on Applikation des 5-fachen der empfohlenen Dosis an 5 aufeinanderfolgenden Tagen, des 10-fachen der empfohlenen Dosis an 2 aufeinanderfolgenden Tagen bzw. des 25-fachen der empfohlenen Dosis an einem Tag hatte keine klinischen Nebenwirkungen und keine pathologischen Effekte zur Folge (Plumb 1999a).
 
Bei Jungrindern werden jedoch schon bei dreifacher therapeutischer Dosis die charakteristischen Überdosierungserscheinungen wie Salivation, Ataxie, Depression, Muskeltremor und Festliegen beobachtet. Die Symptome sind transient und verschwinden in der Regel nach 24 - 48 Stunden (Ungemach 1994b).
 

Pferde

Auch bei Fohlen wurden Intoxikationen bei Überdosierung beobachtet. Bereits 2 - 12 Stunden post applicationem kommt es zu Schwäche, Inkoordination und Koma. Besonders bei sehr jungen Tieren (Neugeborene) sind aufgrund der noch unterentwickelten Blut-Hirn-Schranke Todesfälle möglich (Johnson 1999a; Müller 2005a). In der Literatur wird über die Anwendung von Sarmazenil als Antidot berichtet (Müller 2005a):
 
Klinischer Fall:
Ein 13 Tage altes Fohlen wurde mit 2 mg/kg Moxidectin (empfohlene Dosis: 0,4 mg/kg) behandelt und war 12 Stunden später in Seitenlage festliegend, 6 Stunden darauf bewusstlos und reagierte nicht auf Stimulation. Die Herzfrequenz betrug 40 Schläge pro Minute, die Atemfrequenz 28 pro Minute, die kapillare Rückfüllzeit 3 Sekunden. Die rektale Temperatur lag unter 32°C. Die Behandlung bestand initial in der Applikation von 4 ml/kg/h warmer 10%iger Glucoselösung und 4 ml/kg/ml Ringerlaktat. Über eine Nasenschlundsonde wurde Stutenmilch verabreicht und mittels Wärmelampe und Heizdecke die Körpertemperatur erhöht. Zusätzlich wurden 750 ml Frischplasma, Sauerstoff, Ranitidin und Ceftiofur verabreicht. Nach 15 Stunden war der Kreislauf stabilisiert und die Körpertemperatur normalisiert. Das Fohlen war jedoch immer noch bewusstlos. 14 Stunden nach Therapiebeginn wurde mit der Applikation von Sarmazenil in einer Dosierung von 0,04 mg/kg alle 2 Stunden i.v. begonnen. Daraufhin verbesserte sich der Zustand des Fohlen schnell. Nach der 3. Injektion begann es den Kopf zu heben, 3 Stunden nach der 5. Injektion erfolgte der erste Aufstehversuch, nach weiteren 4 Stunden konnte das Fohlen wieder selbstständig stehen. Nach 48 Stunden hatten sich die klinischen Symptome vollständig normalisiert (Müller 2005a).
 

P-Glykoprotein-defiziente Mäuse

Eine Studie mit P-Glykoprotein-defizienten CF-1 Mäusen zeigte, dass Moxidectin ein niedrigeres neurotoxisches Potential besitzt als Ivermectin, die Blut-Hirn-Schranke jedoch von beiden makrozyklischen Laktonen in vergleichbarem Mass penetriert wird. Nach der oralen Applikation von jeweils 0,2 mg/kg Ivermectin respektive Moxidectin (entspricht 0,23 μmol/kg Ivermectin bzw. 0,31 μmol/kg Moxidectin) wurden im Gehirn Wirkstoffkonzentrationen von 100,8 pmol/g, bzw. 140,2 pmol/g gemessen. Die Neurotoxizität von Moxidectin war in diesem Versuch 2,7-mal geringer als diejenige von Ivermectin. Um vergleichbare neurotoxische Symptome herbeizuführen, musste Moxidectin in einer höheren Dosierung von 1,09 μmol/kg (entspricht 0,7 mg/kg) verabreicht werden als Ivermectin mit 0,4 μmol/kg (entspricht 0,35 mg/kg). Dies lässt sich mit einer geringeren Bindungsaffinität oder einer niedrigeren intrinisichen Aktivität von Moxidectin an den zuständigen Rezeptoren im ZNS erklären (Janko 2013a).
 

Reproduktion

Die subkutane Applikation von Moxidectin in dreifacher Überdosierung (0,6 mg/kg KGW) an Kühe zu verschiedenen Zeitpunkten des Sexualzyklus (vor, während und nach der Ovulation) hat keinen negativen Einfluss auf die Anbildung von Follikeln, die Ovulation oder die frühe Emryonalphase (Rae 1994a).
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