Erkrankungen der oberen Atemwege der Katze sind durch verschiedene klinische Symptome wie seröser oder mukopurulenter Augen- und Nasenausfluss, Niesen und selten Epistaxis charakterisiert. Die klinischen Symptome können akut (≤ 10 Tage Dauer) oder chronisch (> 10 Tage Dauer) sein.
Bei chronischen Erkrankungen der oberen Atemwege kommen nebst infektiösen Ursachen v.a. primär immun-mediierte und neoplastische Erkrankungen, Fremdkörper, nasopharyngeale Stenosen, oronasale Fisteln, nasopharyngeale Polypen und Traumata in Frage.
Bei Katzen mit chronischem Nasenausfluss sind idiopathische entzündliche Rhinitis/Rhinosinusitis und Neoplasien die häufigsten Ätiologien. Die Diagnose der idiopathisch entzündlichen Rhinitis/Rhinosinusitis basiert auf den Nachweis einer neutrophilen, lymphoplasmazellulären oder gemischtzelligen Entzündung in Biopsien der Nasenschleimhaut und dem Ausschluss anderer Erkrankungen. Die Ätiologie dieser Erkrankung ist unklar, es werden v.a. immunmediierte Faktoren und strukturelle Schädigungen zusammen mit sekundär bakteriellen Infektionen vermutet. Infektionen mit FHV-1, Bartonellen, Mykoplasmen oder Retroviren (FeLV/FIV) als auslösende Faktoren werden diskutiert.
Viren: Felines Herpesvirus-1 (FHV-1), Felines Calicivirus (FCV), Felines Leukämievirus (FeLV), Felines Immundefizienzvirus (FIV)
Bakterien: Chlamydia felis, Bordetella bronchiseptica, Streptococcus canis, Streptococcus equi subsp. zooepidemicus und Mycoplasma spp. Sekundär bakterielle Infektionen mit z.B. Staphylococcus spp., Streptococcus spp., Pasteurella multocida, Escherichia coli und anaeroben Organismen (kommensale Bakterien der oberen Atemwege).
Pilze: Aspergillus spp., Penicillium spp., Cryptococcus spp.
Die Antibiotikatherapie adressiert die sekundär bakterielle Infektion. Die Behebung der Grunderkrankung ist essenziell für den Therapieerfolg. Das Monitoring des Therapieansprechens basiert auf der klinischen Symptomatik.
Die Therapie von idiopathischer feliner Rhinitis/Rhinosinusitis ist langwierig und frustrierend. Die Behandlung zielt auf die Kontrolle der klinischen Symptome, soll das Fortschreiten der Erkrankung verhindern. Da häufig eine lymphoplasmazelluläre Rhinitis vorliegt, wird eine immun-mediierte Pathogenese vermutet, welche mit immun-suppressiven oder immun-modulatorischen Therapien adressiert wird. Glucocorticoide (parenteral oder Inhalation) oder NSAIDs werden häufig zur Kontrolle der Entzündung bzw. als Schmerzmedikamente eingesetzt (s. unterstützende Massnahmen). Die Therapie kann allenfalls auf ein Antibiogramm abgestützt werden (s. Abschnitt Diagnose).
Zur optimalen Dauer der Antibiotikatherapie liegen keine Daten vor. Die Antibiotikatherapie dient der initialen Stabilisierung des Patienten, von einer langfristigen Behandlung sollte abgesehen werden. Sollte nach 7 - 10 Tagen eine klinische Verbesserung auftreten, wird die Therapie bis zum Verschwinden oder bis zur Stabilisierung der Symptome fortgesetzt. Tritt nach Absetzen der Therapie ein Rückfall auf, sollte das vorher wirksame Antibiotikum für mindestens 7 - 10 Tage eingesetzt werden; ein Wechsel zu einem anderen Antibiotikum sollte in Betracht gezogen werden, wenn nach mind. 48 Stunden Therapie keine klinische Verbesserung auftritt (Wechsel evtl. gemäss Antibiogramm, s. Abschnitt Diagnose).
Chronische Erkrankungen der oberen Atemwege (> 10 Tage Dauer) | |||
Priorisierung/Antibiotika | Dosierung | Behandlungsdauer | Bemerkungen |
First line | |||
Doxycyclin | 5 mg/kg 2 × tgl. oder 10 mg/kg 1 × tgl. p.o. | Unklar. Wenn innert 7 - 10 Tagen eine Verbesserung auftritt, dann bis zum Verschwinden bzw. zur Stabilisierung der Symptome. Bei Rückfällen mindestens 7 - 10 Tage. | Wirksamkeit auch gegen C. felis, Mycoplasma spp. und die meisten B. bronchiseptica Isolate Keine parenterale Therapie möglich. |
Amoxicillin | 15 - 20 mg/kg 2 - 3 × tgl. p.o. oder i.v. | Keine Wirksamkeit gegen C. felis und Mycoplasma spp. Parenterale Verabreichung möglich. | |
Second line | |||
Amoxicillin/Clavulansäure | 12,5 - 20 mg/kg 2 - 3 × tgl. p.o. oder i.v. | s. oben |
Je nach Symptomatik Infusionstherapie, Inhalation, Schmerzmittel, Anbieten von püriertem, warmem Futter, Einsatz von Appetitstimulanzien oder Legen einer Fütterungssonde bei > 3 Tage andauernder Anorexie.
Eine regelmässige Inhalation mit physiologischer Kochsalzlösung (z.B. 15 Minuten 2 × tgl.) kann allenfalls zum Lösen von zähem Schleim beitragen. Auch periodische Spülungen der Nasenhöhlen mit 0,9% NaCl unter Narkose sind beschrieben und können evt. eine vorübergehende Erleichterung verschaffen. Glucocorticoide (parenteral oder Inhalation) oder NSAIDs zur Kontrolle der Entzündung bzw. als Schmerzmedikamente können eingesetzt werden, der langfristige therapeutische Nutzen ist aber unklar. Die intranasale Applikation von antiseptischen oder antimikrobiellen Wirkstoffen wird nicht empfohlen. Der therapeutische Nutzen von Mucolytica (z.B. Bromhexidin), intranasal verabreichten Vasokonstriktoren (z.B. Phenylephrin), von Immunmodulatoren (z.B. Interferon) und Antihistaminika ist nicht belegt.