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Durchfall bei Kälbern

Wichtige Hinweise Durchfallerkrankungen gehören bei Kälbern innerhalb der ersten vier Lebenswochen zu den häufigsten und verlustreichsten Bestandesproblemen. Neben den Durchfallerregern (Viren, Bakterien, Parasiten) sind vor allem Haltungsmängel und Managementfehler für die Erkrankung verantwortlich.
 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Ursachen, Risikofaktoren und Schlüsselstellen

Kolostrumversorgung: Eine gute Kolostrumversorgung ist die Voraussetzung für einen effizienten Schutz gegen infektiöse Durchfallerreger bei jungen Kälbern. In Betrieben mit Kälberdurchfall als Bestandesproblem wiesen 90.5 % der Kälber mit Durchfall eine deutliche Hypogammaglobulinämie (< 8 g/L Gammaglobuline) auf, nur 2.8 % aller untersuchten Kälber hatten einen zufriedenstellenden Wert von 10 g/L Gammaglobuline oder mehr. Auch bei gesunden Kälbern (ohne Durchfall) wurden Gammaglobulinwerte < 8 g/L bei 32.0 % und < 10 g/L bei 42.9 % der Tiere festgestellt. Diese Resultate zeigen, dass ein grosses Verbesserungspotenzial in der Kolostrumversorgung der Kälber in der Schweiz besteht.
 
Diätetische Faktoren: Diätetische Durchfälle sind bei jungen Kälbern sehr häufig, aufgrund von Fehlern im Tränkemanagement und/oder im Fall von Pansentrinkern. Studien haben gezeigt, dass die Aufzuchtkälber in nur 23.1 % der Milchviehbetriebe mit einem Nuggi getränkt werden.
 
Mangelhafte Hygiene und Management: Ungenügende Hygiene und Managementfehler (z.B. Exposition der Kälber zu Kot von älteren Tieren - das heisst von potentiellen gesunden Trägern) erhöhen den Infektionsdruck und somit das Krankheitsrisiko für die Kälber.
 

Erreger

Prävalenz der 4 klassischen Erreger von neonatalem Durchfall als Bestandesproblem in Betrieben in der Schweiz:
-Rotaviren 52.1 %
-Kryptosporidien 41.7 %
-Coronaviren 2.1 %
-Enterotoxische E. coli (ETEC) 2.1 %
 
Infektionen mit anderen Typen von E. coli (z.B. Shigatoxin produzierende E. coli) sind selten.
 
Die schwere, durch Clostridium perfringens Typ C bei jungen Kälbern hervorgerufene hämorrhagisch-nekrotisierende Enteritis kommt in der Schweiz nur selten vor.
 
Bei älteren Kälbern wird eine Infektion mit Campylobacter jejuni als Ursache von chronischem Durchfall diskutiert, deren Bedeutung aber nicht erwiesen ist. In Österreich wurde kein Unterschied in der Prävalenz der Isolation von C. jejuni aus Kotproben von Kälbern zwischen Herden mit und ohne Durchfallproblemen festgestellt.
 

Symptome

Dehydratation, Durchfall, Apathie, Inappetenz, meist kein Fieber, evtl. Untertemperatur
 
Diagnose / Tests Die klinischen Symptome alleine sind nicht aussagekräftig; ohne Laboruntersuchung sollte keine Diagnose gestellt werden.
 
Für die 4 klassischen Erreger von Kälberdurchfall (Rota- und Coronaviren, Kryptosporidien und ETEC) stehen kommerzielle Schnelltests zu Verfügung, welche eine sofortige ätiologische Diagnose erlauben. So lässt sich der unnötige Einsatz von Antibiotika häufig vermeiden.
 
Therapieleitlinien

Grundsätzliches

Für die meisten Fälle von unkompliziertem Durchfall bei Kälbern (durch Viren, Kryptosporidien oder diätetisch bedingt) ist eine Antibiose nicht angezeigt.
 
Weil Durchfallkälber häufig wegen Hypogammaglobulinämie ein erhöhtes Risiko von Sepsis aufweisen, muss beim Vorliegen schwerer Symptome (starke Apathie bis Festliegen, welche sich nach Korrektur der Azidose mit einer Bikarbonat-Infusion nicht bessert, Fieber, injizierte Skleren, Sepsis-Blutbild) eine antibiotische Behandlung mit bakteriziden Wirkstoffen eingeleitet werden.
 
Bei ETEC Erkrankungen handelt es sich um eine reine sekretorische Diarrhoe; die klinischen Symptome entstehen aufgrund der Elektrolyt- und Flüssigkeitsverluste, eine Schädigung der Darmwand liegt aber nicht vor. Dementsprechend steht bei der Therapie die Korrektur der Dehydratation (mittels oralen Rehydratationslösungen und bei Bedarf mit Infusionen) sowie der metabolischen Azidose im Vordergrund.
 
Bei viral bedingten Durchfallerkrankungen und Kryptosporidiose handelt es sich um eine osmotische Diarrhoe: Aufgrund einer Zottenatrophie entwickeln sich Maldigestion und Malabsorption. Auch bei dieser Ätiologie sind die Rehydratation und die Bekämpfung der Azidose wichtigste Grundsätze bei der Therapie.
 
Eine Antibiose hat bei neonatalem Kälberdurchfall (verursacht durch die 4 klassischen Erreger: Rotaviren, Coronaviren, Enterotoxische E. coli (ETEC), Kryptosporidien) in der Regel nur einen begrenzten Einfluss auf den Krankheitsverlauf.
 
Aufgrund der schweren Schädigung der Darmwand (hämorrhagisch-nekrotisierende Enteritis) ist die Prognose bei Clostridiose auch bei intensiver Antibiose und Unterstützungstherapie mit Infusionen und Entzündungshemmern vorsichtig bis schlecht.
 
Bei nachgewiesenem ETEC Durchfall steht die Rehydratation der Patienten im Vordergrund (sekretorische Diarrhoe). Durch perorale antibiotische Behandlungen können hohe Wirkstoffspiegel im Darm erreicht werden. Aminoglykoside können oral eingesetzt werden, hingegen sind sie für eine parenterale Behandlung keine gute Wahl, weil sie v. a. über die Nieren und nicht über den Darm ausgeschieden werden.
 

Antibiotika

Enterotoxische E. coli
PriorisierungAntibiotikaBemerkung
 Oral 
First LineAmoxicillin 
Second LineSulfonamid & Trimethoprim 
Third LineNeomycin
Amoxicillin & Clavulansäure
 
Stark eingeschränkter Einsatz,
nur nach Erregernachweis
und Antibiogramm
FluorchinoloneKritische Antibiotika: diese sollen grundsätzlich nur wenn keine Alternative mit nicht kritischen Wirkstoffen existiert und nur nach Erregernachweis und Antibiogramm eingesetzt werden.
 ColistinFür Kälber sind keine oralen Colistin-Präparate gegen Coli-Durchfall zugelassen.
 Parenteral 
First LineAmoxicillin 
Second LineSulfonamid & Trimethoprim 
Stark eingeschränkter Einsatz,
nur nach Erregernachweis
und Antibiogramm
FluorchinoloneKritische Antibiotika: diese sollen grundsätzlich nur wenn keine Alternative mit nicht kritischen Wirkstoffen existiert und nur nach Erregernachweis und Antibiogramm eingesetzt werden.
No goCephalosporine (alle Generationen)Sind aufgrund der Pharmakokinetik (tiefe Konzentrationen im Darm) nicht geeignet.
 
Clostridien-Enteritis (Clostridium perfringens Typ C)
PriorisierungAntibiotikaBemerkung
 Oral 
First LineAmoxicillin 
 Parenteral 
First LineBenzylpenicillin 
No goFluorchinoloneUngenügende Wirkung gegen Anaerobier.
 Cephalosporine (alle Generationen)Sind aufgrund der Pharmakokinetik (tiefe Konzentrationen im Darm) nicht geeignet.
 Sulfonamide mit oder ohne TrimethoprimUngenügende Wirkung gegen Anaerobier.
 
Campylobacter-Infektion
PriorisierungAntibiotikaBemerkung
 Keine fundierten therapeutischen Empfehlungen mangels etablierter Indikation.Falls C. jejuni als Hauptursache eines (chronischen) Durchfallproblems angesehen wird, ist die Antibiose auf Resultate eines Antibiogramms abzustützen.
 
Prudent use: Beim Antibiotika-Einsatz bei Kälbern mit Durchfall besteht grosses Verbesserungspotenzial in der Schweiz: Laut einer Studie werden in Mastbetrieben über 75 % der Kälber mit Durchfall mit Antibiotika behandelt, davon fast die Hälfte mit Fluorchinolonen; bei Aufzuchtkälbern in Milchviehbetrieben werden fast 50% der Kälber mit Durchfall einer Behandlung mit Fluorchinolonen unterzogen.
 

Resistenzlage

Infolge der tiefen Prävalenz von ETEC-Durchfällen in der Schweiz liegen keine Resistenzdaten vor. Es liegen auch keine Daten bezüglich Campylobacter in Zusammenhang mit Kälberdurchfall vor. Resistenzen von Clostridien gegen Benzylpenicillin sind nicht bekannt.
 

Prävention

Zentrale präventive Massnahmen bestehen in ausreichender Kolostrumversorgung, korrektem Tränkemanagement, Verbesserung der Hygiene und Reduzierung weiterer Managementfehler.
 
Zusätzlich bei ETEC und/oder bei viralen Durchfallerregern stellt die Mutterkuhimpfung die beste Kontrollstrategie dar.
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